BMW-Stammwerk München erhält neue Elektro-Fertigung – zulasten der Motoren-Montage

Bild: BMW

BMW hat angekündigt, 400 Millionen Euro in eine neue Fahrzeugmontage für das Stammwerk München zu investieren. Dort sollen künftig auch Elektroautos gefertigt werden – auf der Fläche des heutigen Motorenbaus.

Die zukünftige Fahrzeugmontage und ihre Fertigungsprozesse werden ausgelegt für die neue Cluster-Architektur, die auf elektrische Antriebe ausgerichtet ist. Für die neue Montagelinie im Stammwerk muss der dortige Motorenbau weichen, was auch das Aus der Produktion von BMW-Verbrennungsmotoren in Deutschland bedeutet – die Benziner und Diesel werden künftig ausschließlich an den Standorten im österreichischen Steyr und im britischen Hams Hall produziert.

Nachdem BMW Anfang dieses Monats angekündigt hatte, künftig in allen vier deutschen Automobilwerken rein elektrische Fahrzeuge zu produzieren, nennt der Autobauer nun weitere konkrete Modelle: 2022 startet im Werk Regensburg die Produktion des neuen BMW X1, der sowohl als Verbrenner als auch mit vollelektrischem Antrieb angeboten wird. Zudem wird ab 2023 im BMW-Werk Leipzig, in dem seit 2013 bereits der elektrische i3 gefertigt wird, der Nachfolger des Mini Countryman produziert, der auch eine rein elektrische Variante erhalten wird.

Die Strategie, auf einer Linie Modelle mit verschiedenen Antriebsarten fertigen zu können, hat sich laut Produktionsvorstand Milan Nedeljković im Krisenjahr 2020 ausgezahlt. „In der Covid-19-Krise haben wir bewiesen, dass wir selbst auf hochvolatile Marktentwicklungen schnell und effektiv reagieren und gleichzeitig unsere Kostenstruktur nachhaltig verbessern können“, betont der Produktionsvorstand: „Mit den bereits dieses Jahr erzielten Fortschritten werden wir bis Ende kommenden Jahres unsere Fixkosten um rund eine halbe Milliarde Euro reduzieren.“

Die 400-Millionen-Euro-Investition bis 2026 in das Stammwerk wird auch vom Betriebsrat begrüßt. Für Manfred Schoch, stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden und Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, ist die Entscheidung „ein Vorbild für eine gelungen gestaltete Transformation in der deutschen Industrie“. Wenn man die Transformation „strategisch und mutig“ angehe, könne man auch inmitten einer Großstadt Industriearbeitsplätze sichern und ausbauen.

Die Cluster-Architektur hatte der BMW-Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse Anfang November bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das dritte Quartal angekündigt. Für die Phase des Markthochlaufs sehen die Münchner bis 2025 mit der flexiblen Produktionsstrategie „genau richtig und robust positioniert“. „Unsere neue Cluster-Architektur ist auf elektrische Antriebe ausgerichtet“, so Zipse damals. „Dieser Bereich berichtet direkt an mich. Er ist mit allen Ressorts organisatorisch vernetzt – Märkte, Finanzen, Beschaffung, Entwicklung, Produktion und Vertrieb.“

Neue Plattform zunächst in Ungarn, dann in München

Zipse hatte auch angekündigt, dass die neue „BEV-zentrierte Architektur“ Mitte des Jahrzehnts in Ungarn anlaufen solle. Diesen Zeitplan bestätigte jetzt Produktionsvorstand Nedeljković und fügte hinzu, dass die „Schritt für Schritt im weltweiten Produktionsnetzwerk ausgerollt“ werde – mit München als nächsten Schritt.

Bei dem Abzug der Motorenmontage aus München – dort werden Verbrennungsmotoren mit vier, sechs, acht und zwölf Zylindern gefertigt – spricht Nedeljković von einer strategischen Entscheidung mit Weitblick. Damit will der Autobauer die Effizienz erhöhen und die Kapazitäten auslasten. Bei drei Motoren-Werken sah der Produktionsvorstand das offenbar gefährdet. Bis spätestens 2024 soll die Motorenproduktion in München auslaufen, damit die Arbeiten für die Fahrzeugmontage beginnen können.

Die betroffenen Mitarbeiter sollen in anderen Bereichen in München oder an anderen bayerischen Standorten eingesetzt werden – auch im Motorenbau. Im Kompetenzzentrum E-Antriebsproduktion in Dingolfing erweitert BMW derzeit die Mannschaft von 1.000 auf 2.000 Mitarbeiter.

Ab dem kommenden Jahr wird in München der i4 und in Dingolfing der iX gefertigt. In Dingolfing werden künftig auch die vollelektrischen Varianten des 5ers und 7ers gebaut.

In Leipzig verfügt BMW sowohl über Erfahrungen mit Elektroantrieben (i3 und i8), sondern auch mit der Fertigung des 2er und 1er über Knowhow im Umgang mit der Frontantriebs-Architektur des Konzerns. „Wir haben in den letzten Jahren kontinuierlich daran gearbeitet, unser Werk in eine erfolgreiche Zukunft zu führen“, sagt der Leipziger Werksleiter Peter Kemser. „Nun können wir mit dem Auftrag zur Fertigung des Nachfolgers des Mini Countryman einen weiteren großen Meilenstein anstreben.“ Leipzig wird dabei zu einem Mehr-Marken-Werk. Erst im September hatte BMW angekündigt, ab 2021 in Leipzig Batteriemodule in Großserie zu montieren.
bmwgroup.com (München), bmwgroup.com (Leipzig)

1 Kommentar

zu „BMW-Stammwerk München erhält neue Elektro-Fertigung – zulasten der Motoren-Montage“
Martin
20.11.2020 um 07:57
BMW verschiebt also hochgefährdete Arbeitsplätze ins Ausland. Für den Stammsitz wohl die beste Entscheidung. Nur wird BMW die Planung schon bald um 2 Jahre vorziehen müssen.

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