eMobility-Vorstand Ulbrich verlässt VW 2021
Während die vorzeitige Vertragsverlängerung von VW-Konzernchef Herbert Diess immer noch nicht geklärt ist, gibt es bei einer anderen Volkswagen-Spitzenpersonalie einen Paukenschlag: eMobility-Vorstand Thomas Ulbrich verlässt den Konzern im kommenden Jahr. Über die Gründe gibt es unterschiedliche Angaben.
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Wie ein VW-Sprecher der „Automobilwoche“ bestätigte, wird eMobility-Vorstand Thomas Ulbrich im kommenden Jahr den Konzern verlassen. „Herr Ulbrich verlässt das Unternehmen aus rein privaten Gründen nach einer extrem intensiven Arbeitsphase“, so der Sprecher der Automobilwoche. Der konkrete Termin stehe noch nicht fest. „Thomas Ulbrich hat sich in beispielloser Weise für das Unternehmen eingesetzt.“
Zugleich wies der Sprecher Berichte zurück, Ulbrich verlasse den Konzern im Streit mit Konzernchef Herbert Diess. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ über den möglichen Abgang Ulbrichs berichtet. Das eMobility-Ressort im Markenvorstand steht offenbar zur Disposition – wenn Elektroautos der Normalfall werden, braucht der Autobauer kein eigenes Ressort hierfür und kann es in die gewohnte Produktions-Organisation integrieren.
Seit einigen Tagen kursierte das Gerücht, Ulbrich könne zu dem China-Joint-Venture mit JAC wechseln, und dort den Elektro-Kleinwagen für den Konzern entwickeln – Ulbrich war bereits mehrere Jahre in China bei dem Joint Venture mit SAIC. Aber: Ulbrich soll das JAC-Angebot ausgeschlagen haben. Stattdessen werde der 54-Jährige wohl den Konzern in naher Zukunft verlassen und vorzeitig den intern zur Disposition stehenden Posten des Vorstands für das Ressort E-Mobilität der Kernmarke VW räumen, heißt es in dem „Handelsblatt“-Bericht unter Berufung auf Konzernkreise.
Die Verantwortung für das JAC-Projekt soll Ulbrich mit der Begründung abgelehnt haben, der Posten sei ein Rückschritt in der Konzernhierarchie. Heute ist Ulbrich Mitglied des VW-Markenvorstandes. Von dem JAC-Posten aus hätte Ulbrich an VW-China-Chef Stefan Wöllenstein berichten müssen – derzeit sind Wöllenstein und Ulbrich auf derselben Hierarchiestufe. Da es offenbar kein anderes internes Angebot für Ulbrich gab, zieht dieser den Rückzug aus dem Konzern offenbar vor – Ulbrich ist seit 1992 bei Volkswagen.
In seiner Funktion als eMobility-Vorstand ist Ulbrich vor allem für die Produktion der MEB-Modelle verantwortlich. Intern ist die Bewertung von Ulbrichs Tätigkeit offenbar gespalten: Einige monieren die Probleme und Verzögerungen beim ID.3 – andere geben an, dass es ohne Ulbrichs Arbeit viel schlimmer gekommen wäre und sehen ihn als „Retter des ID.3“. Ein Topmanager gab gegenüber dem Handelsblatt an: „Wir verlieren einen unserer besten Leute.“ Das Unternehmen hätte Ulbrich einen deutlich besser dotierten Posten anbieten müssen – als Anerkennung für die geleistete Arbeit in Zwickau.
An der Konzernspitze hingegen ist die Machtfrage noch nicht geklärt, Herbert Diess bleibt zunächst Vorstandsvorsitzender des Volkswagen-Konzerns. Das Präsidium des Aufsichtsrates hat am Dienstagabend noch keine Entscheidung über eine mögliche vorzeitige Vertragsverlängerung getroffen. Damit ist Diess vorerst weder das gewünschte Vertrauen ausgesprochen noch das Vertrauen in seinen Kurs entzogen. Das Präsidium besteht aber nicht aus allen Mitgliedern des Aufsichtsrats, dort werden bei VW aber in der Regel die richtungsweisenden Entscheidungen getroffen – die restlichen Aufsichtsratsmitglieder folgen in der Regel der Position des jeweiligen Präsidiumsmitglieds ihrer Fraktion.
Im Vorfeld der Präsidiumssitzung am Dienstagabend, bei der auch Diess persönlich seine Sicht der aktuellen Lage vorgetragen haben soll, wurde in Konzernkreisen offenbar auch ein Rücktritt von Diess vor möglich gehalten, sofern er sich nicht durchsetzen könne – auch bei den von ihm gewünschten Personalien für das Finanz- und Einkaufsressort. Aber es hieß auch, dass sich alle wichtigen Gruppen im Aufsichtsrat eine weitere Zusammenarbeit mit Diess vorstellen könnten.
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, soll der gesamte Aufsichtsrat in der kommenden Woche tagen. Aber auch dabei könnte es noch keinen Beschluss zur Causa Diess geben. Auch die offenen Vorstandsposten sollen dann wohl noch nicht besetzt werden. Das „Handelsblatt“ zitiert Unternehmenskreise, laut denen dafür noch „bis zum Frühjahr Zeit“ sei.
Update 19.01.2021: Volkswagen hat den Vorstand der Pkw-Kernmarke umgebaut. Der Entwicklungsvorstand Frank Welsch wechselt von der Marke zum Konzern und übernimmt die Leitung des neuen Ressorts Konzern-Qualitätsmanagement und -strategie. Vorstand für die Technische Entwicklung der Marke VW Pkw wird Thomas Ulbrich, der das Unternehmen eigentlich verlassen wollte.
handelsblatt.com, automobilwoche.de (beide Ulbrich), handelsblatt.com, automobilwoche.de (beide Diess), volkswagen-newsroom.com , volkswagen-newsroom.com (beide Update)
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