Mission E-Flotte: Eine Großbäckerei in Aufbruchstimmung
Große Flotte, feste Tagestouren: Die Großbäckerei Harry-Brot geht die Umstellung ihres Fuhrparks auf Elektromobilität an. Einzig der Mangel an E-Lkw bremst das Unternehmen derzeit noch aus. Um die Ladeinfrastruktur kümmert sich Harry-Brot aber bereits, wie aus folgendem Gastbeitrag des Dienstleisters The Mobility House hervorgeht.
„Durchaus sehr, sehr interessant“, sagt Diplom-Ingenieur Kai-Uwe Simon, Leiter Fuhrpark und Werkstätten bei Harry-Brot, über die Neuigkeit, dass der Bund ab dem Jahr 2021 die Anschaffung von Elektro-Lkw fördern will. Bis zu 80 Prozent der Mehrkosten, die ein Batterie-Lkw im Vergleich zu seinem Diesel-Pendant verursacht, soll die Maßnahme des Bundes abdecken. Für ein Unternehmen wie Harry-Brot, das an die 1.000 Lastwagen in der Flotte und somit einen der größten Lkw-Fuhrparks Deutschlands aufweist, ist das eine Ankündigung mit Signalwirkung. Zumal es die ersten Berührungspunkte mit der Elektromobilität bei Harry-Brot schon vor einigen Jahren gab und das Unternehmen der Technologie grundsätzlich sehr offen gegenübersteht.
Als erstes Elektroauto stieß im Jahr 2017 ein VW e-Golf zur Harry-Brot-Flotte. Damit einher ging auch der Aufbau erster Ladesäulen, um das Elektroauto, das für Fahrten zwischen zunächst drei Standorten genutzt wird, zwischendurch wieder aufladen zu können. Von Anfang an setzte Harry-Brot dabei auch darauf, für künftige Ausbaustufen gerüstet zu sein – etwa indem bereits Leerrohre für weitere Ladestationen verlegt wurden.
„Wir denken schon jetzt an die Zukunft“, sagt Fuhrparkleiter Simon. Themen, die ihn bewegen, sind etwa das intelligente Laden mehrerer Pool- und Mitarbeiter-Fahrzeuge an einem Standort und die korrekte Abrechnung und Verbuchung der Ladevorgänge sowie innovative Technologien wie Vehicle-to-Grid (V2G), über die künftig die in Elektroauto-Akkus gespeicherte Energie netzdienlich wieder ans Stromnetz abgegeben werden kann. „Wir haben uns für intelligente Wallboxen entschieden, damit wir uns für künftige Ausbaustufen nichts verbauen“, erklärt Simon. Das kommt zunächst zwar etwas teurer, als rein auf den aktuellen Bedarf hin angepasste Ladestationen aufzubauen, vermeidet dafür aber Mehrkosten bei weiteren Installationen und der späteren Integration innovativer Funktionen und neuer Features, wie z.B. Plug&Charge.
„Wir wollen im Verteilverkehr hin zu Elektro-Lkw“
„Der eGolf wurde von den Mitarbeitern sehr gut angenommen“, sagt Simon über den ersten Stromer bei Harry-Brot. Nach den positiven Erfahrungen mit dem Elektro-Pkw stieg Harry-Brot vor wenigen Wochen auf einen VW ID.3 der First Edition um, ein weiteres ID.3-Modell wird Anfang 2021 angeliefert. Bis auf fünf Hybrid-Lkw im Rahmen eines Pilotprogramms steht die Elektrifizierung bei den Lastwagen von Harry-Brot jedoch noch aus. Die Großbäckerei, die täglich auf 845 exakt geplanten Touren gut 11.500 Geschäfte beliefert, steht – wie viele andere eigentlich an Elektro-Lkw interessierte Unternehmen ebenfalls – vor einem ganz grundsätzlichen Problem: Es gibt schlicht noch keine passenden Fahrzeuge, welche die Anforderungen für die täglichen Touren erfüllen könnten.
Dennoch sagt Simon, dass Batterie-Lkw der richtige Weg wären, um nachhaltig unterwegs zu sein. „Da wollen wir im Verteilverkehr hin“, so der Fuhrparkleiter. Die Elektro-Pkw waren „der Einstieg, um in kleinem Rahmen Erfahrungen mit der E-Mobilität zu sammeln“. Aber die E-Flotte soll sukzessive ausgebaut werden. „Wir haben eine Vision, wo wir in ein paar Jahren stehen wollen“, sagt Simon. Daher möchte er schon jetzt eine „hohe Investitionssicherheit“, erklärt der Fuhrparkleiter von Harry-Brot.
Dass der Aufbau von Ladeinfrastruktur für mittlere und schwere Lkw mit ihren vergleichsweise großen Akkus ganz andere Überlegungen und Planungen erfordert als jener für E-Pkw, ist Simon bewusst: „Ich möchte nicht an einer Vertriebsstelle, wo 20 E-Lkw geladen werden, einen Blackout im Stadtteil riskieren, nur weil wir so viel Strom aus dem Netz ziehen.“ Eine Befürchtung, die ihm ein intelligentes, schnittstellenoffenes Lade- und Energiemanagementsystem nehmen konnte. Dieses verteilt die Leistung der Ladestationen entsprechend der maximal zur Verfügung stehenden Gesamtleistung des Netzanschlusses. Ein Blackout ist somit ausgeschlossen.
Bei Lkw arbeitet Harry-Brot generell mit den deutschen Herstellern Daimler und MAN zusammen. „Wir sind mit beiden Herstellern im Gespräch und beobachten die Entwicklung, folgen ihr mit Augenmaß, und wenn es sich ausgeht nehmen wir auch gerne an Pilotprojekten teil“, signalisiert Simon schon jetzt Bereitschaft für erste Schritte beim Umstieg auf E-Lkw. Eine große Rolle bei allen Überlegungen spielt allerdings auch die Wirtschaftlichkeit. Und hier bietet die Elektromobilität voraussichtlich enorme Kostenvorteile, da Elektrofahrzeuge im Betrieb sowie bei Wartung und Reparaturen deutlich günstiger sind als Benziner und Diesel.
Und da nun ein staatliches Förderprogramm auch noch die zunächst höheren Anschaffungskosten eines E-Lkw ausgleicht, sollte einer wirtschaftlich tragbaren Umstellung auf Elektromobilität nicht mehr viel im Wege stehen. Außer das geringe Angebot an passenden Fahrzeugen. Aber auch hier darf in den kommenden Jahren – wie es aktuell bei Elektro-Pkw der Fall ist – mit einer deutlich gesteigerten Modellvielfalt gerechnet werden. Kunden wie Harry-Brot wären jedenfalls schon startbereit.
Bei der Planung und Installation der intelligenten Ladelösung arbeitete Harry-Brot mit The Mobility House zusammen. , Der Spezialist für Lade- und Energielösungen übernahm die Beratung, Konzepterstellung sowie gemeinsam mit Partnern den Aufbau der passenden Ladeinfrastruktur und implementierte das eigene herstellerneutrale Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot.
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