VW: Diess erhält „uneingeschränkte Unterstützung“ für Konzernumbau

volkswagen-iaa-2019-herbert-diess-min

Der Machtpoker bei Volkswagen ist beendet: Herbert Diess bleibt Konzernchef, erhält aber keine vorzeitige Vertragsverlängerung über April 2023 hinaus. Die Weichenstellung geht mit mehreren Entscheidungen einher, die aus Elektromobilitäts-Sicht interessant sind.

Zum einen hat sich der Aufsichtsrat geschlossen hinter die Strategie Together 2025+ gestellt – insbesondere hinter die Ausrichtung des Unternehmens auf Elektromobilität und Digitalisierung. Die Rede ist von „uneingeschränkter Unterstützung“ für die Roadmap. Zum anderen wurden einige Personalentscheidungen im Sinne von Herbert Diess getroffen. So wird unter anderem Thomas Schmall, Vorstandschef der Volkswagen Group Components ab dem Jahreswechsel das neu geschaffene Konzernvorstandsressort „Technik“ übernehmen und so mitunter die Entwicklung und Herstellung von Batteriezellen, die dazugehörige Beschaffung, die Vermarktung der Volkswagen-Baukästen an Dritte sowie die Themen Laden und Ladesysteme und die entsprechenden Joint-Ventures weltweit verantworten. Schmall erhält einen Dreijahresvertrag.

Der Aufsichtsrat gab nach seiner außerordentlichen Zusammenkunft zudem bekannt, dass das Stammwerk in Wolfsburg mittelfristig zur Modellfabrik für die hochautomatisierte Fertigung von Elektrofahrzeugen der Marke VW werden soll. Hierzu werde – ähnlich dem Vorhaben „Artemis“ bei Audi – ein Projekt aufgesetzt, das von der Entwicklung des Fahrzeugs bis zu Produktion alle Aktivitäten bündeln solle, heißt es in einer begleitenden Pressemitteilung. Eine Absage erteilte der Aufsichtsrat dagegen Überlegungen, Lamborghini und Ducati zu verkaufen. Beide Marken sollen Bestandteil des Konzerns bleiben. Bentley wird jedoch zum 1. März in die Verantwortung von Audi übergehen, um im Zuge der Elektrifizierungsstrategie Synergien zu heben.

Um die enormen Investitionen stemmen zu können, wollen sich Konzern-Vorstand und -Betriebsrat bis Ende des ersten Quartals auf einen Plan verständigen, um die Fixkosten um fünf Prozent zu reduzieren. Die Materialkosten sollen in den kommenden zwei Jahren zusätzlich um sieben Prozent gesenkt werden.

Und zum Schluss noch mal zum Konzernchef: Herbert Diess erhält die von ihm eingeforderte Rückendeckung. Der Aufsichtsrat veröffentlicht folgendes Statement: „Herbert Diess prägt Volkswagen seit 2015 maßgeblich. Ohne seinen Einsatz wäre die Transformation des Unternehmens nicht so konsequent und erfolgreich verlaufen.“ Dabei schätze man die Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit, mit der Herbert Diess den technologischen Wandel, den Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, aber auch die wirtschaftlichen Ergebnisse des Unternehmens vorantreibt. Und: „In den kommenden Jahren wird der Vorstand der Volkswagen AG die Strategie mit Herbert Diess an der Spitze umsetzen. Der Vorstandsvorsitzende und sein neues Vorstandsteam haben die volle Unterstützung des Aufsichtsrats, wenn es um die Neuausrichtung auf Elektromobilität, Digitalisierung, aber auch um die Steigerung von Effizienz und Profitabilität in allen Marken und Konzernteilen geht.“ Dabei bleibe es gemeinsamer Anspruch, die Transformation mit einem hohen Maß an Qualifizierung und Zukunftschancen für die Beschäftigten des Konzerns zu verbinden und notwendigen Personalabbau – unter Berücksichtigung bestehender Programme – über die bewährten Personalinstrumente, insbesondere auch den demographischen Wandel, zu gestalten.

Während aus letzterem Teil des Statements bereits die Interessen der Arbeitnehmer-Vertreter durchkommen, äußert Konzernbetriebsratsvorsitzender Bernd Osterloh zu der Entscheidung separat noch Folgendes: „Zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Belegschaftsvertretern herrscht absolute Einigkeit über die konsequente Ausrichtung des Konzerns auf unsere strategischen Ziele der Transformation.“ Heißt übersetzt: Klarer Punktsieg für Herbert Diess.
automobilwoche.de, spiegel.de, wiwo.de, volkswagen-newsroom.com

5 Kommentare

zu „VW: Diess erhält „uneingeschränkte Unterstützung“ für Konzernumbau“
Peter Weber
15.12.2020 um 12:33
Das ist ein wichtiger und richtiger Schritt für VW und die E-Mobilität. Auch wenn ich kein VW-Anhänger mehr bin, so hat VW doch eine wichtige Vorreiterrolle bei den deutschen Autobauern eingenommen. Es wird mit Mythen zum Wasserstoff und E-Fuels richtig kommuniziert. Mit dem Weggang von Herrn Diess und einem Rumgeeier zur Neuausrichtung hätte man nicht nur VW geschadet. Das klare Bekenntnis zur E-Mobilität hat Signalwirkung....
H. Ebel
20.12.2020 um 13:01
Diesen Erfolg hätte BMW schon viel eher haben können, wenn Sie konsequenter die E-Mobilität vorangetrieben hätten und Diess noch bei BMW wäre. Statt dessen wurde jahrelang herumgeeiert und die Technologieoffenheit immer noch gepredigt, deren Jahre inzwischen - was die Verbrenner betrifft - gezählt sein dürfte. Auch Plug-in-Hybride sind nur eine Zwischentechnologie, die m.M. nach eine Elektroförderung nicht verdient haben und Wasserstoffantriebe f. PkWs - na ja. Schade für BMW.
Peter Panz
16.12.2020 um 07:20
Ich seh’s auch positiv. Interessanterweise wird’s aber in weiten Teilen der Presse eher negativ gedeutet á la „Diess konnte sich nicht durchsetzen“, „Diess Forderung nach vorzeitiger Vertragsverlängerung nicht erfüllt“ etc. Aber mag der alten Journalistenweisheit geschuldet sein „Only bad news are good news“. Dass nun wirklich Ruhe ins Verhältnis mit dem Betriebsrat einkehrt, glaube ich freilich auch nicht. Die nächsten Crashes Diess versus Osterloh werden kommen, da darf also auch die kritische Presse weiter „guter Hoffnung“ sein ;)
Nobby
17.12.2020 um 10:35
Manchmal stellt man auch Forderungen die Höhere Ziele beinhalten um dann einen Verhandlungspielraum zu haben. Der Japaner würde sagen, beide Seiten haben Ihr Gesicht gewahrt.
Gerd
16.12.2020 um 10:24
da werden einige Gestrige schwitzen. Streicht einfach mal die 3000,-EUR täglicher "Erfolgsprämie" an Winterkorn, da kann man gute Leute einstellen!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lesen Sie auch