Fuhrparkmanagement in Zeiten des Technologiewandels
Der Bundesverband Fuhrparkmanagement rät dringend davon ab, das Thema Elektromobilität zu ignorieren. Er ist durch den engen Draht zu seinen Mitgliedern nah dran an den Vorbehalten, aber auch an den Vorzeigebeispielen der Branche. Bei uns legt Geschäftsführer Axel Schäfer die Empfehlungen und Positionen des Fachverbands dar.
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Kurz vorneweg: Der 2010 gegründete Bundesverband Fuhrparkmanagement (BVF) ist ein branchenübergreifender Zusammenschluss von rund 500 Unternehmen mit fünf bis 30.000 Fahrzeugen in ihren Fuhrparks. Er vertritt die Interessen der Fuhrparkverantwortlichen, unterhält eine Geschäftsstelle in Mannheim und eine Repräsentanz in Berlin. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Axel Springer Services & Immobilien und KPMG in Berlin, das Bankhaus Metzler in Frankfurt am Main oder der FC Schalke 04 in Gelsenkirchen. Aber auch viele kommunale Unternehmen sind dabei.
Geschäftsführer Axel Schäfer war jüngst bei unserer Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ dabei – im Gepäck sein Vortrag „Fuhrparks auf dem Weg zur Elektromobilität: Lösungen, Herausforderungen und Hürden“ und die Botschaft: Die Elektrifizierung ist ein Thema, das kommt – ohne Zweifel. Bevor er in die Details geht, was Fuhrparkmanager in der aktuellen Situation bewegt und wie sie sich an die Elektrifizierung ihrer Fahrzeuge herantasten können, räumt Schäfer mit dem Gerücht auf, der BVF stehe der Elektromobilität ablehnend gegenüber. Falsch! Man sei schlicht gegen Dogmatismus, so Schäfer. Hürden müssten benannt und Antworten gefunden werden. „Wir wollen nicht nur meckern, wir wollen auch Lösungen aufzeigen.“
Los legt Schäfer mit den Defiziten, die den vielerorts bereits spürbaren Elan von Fuhrparkmanagern ausbremsen. An vorderster Stelle: der Tarif-Dschungel beim öffentlichen Laden. „Es gibt mehr als 300 Tarife für Autostrom. Eine Katastrophe! Stellen Sie sich vor, ein Mitarbeiter zahlt einmal per Paypal, einmal per privater Kreditkarte und einmal per Tankkarte. Und das alles muss vom Fuhrpark gemanagt werden.“ Der Bundesverband plädiert deshalb schnellstmöglich für eine Vereinheitlichung der Tarife.
Weitere Schlagworte sind das Förderchaos mit kurzfristig eingeführtem und nach einigen Monaten wieder aufgehobenem Kumulationsverbot („Das hat bei der plötzlichen Einführung alle zu Tode erschrocken und kurzzeitig zu einer großen Verunsicherung geführt“), die noch begrenzte Fahrzeugauswahl und der Kfz-Handel, dessen Beratungen teils zu Wünschen übrig lassen. „Die Rückmeldungen aus der Mitgliedschaft zeugen von Inkompetenz und manchmal sogar Desinteresse bei Händlern“, so Schäfer. Das könne er auch aus eigener Erfahrung bestätigen.
Außerdem kommt der Verbandsgeschäftsführer noch einmal auf den eingangs genannten Dogmatismus zurück. Der BVF ist ausdrücklich kein Befürworter von Verbrenner-Verboten oder Festlegungen auf die eine Zukunftstechnologie, macht Schäfer klar. „Wir sind in einer Übergangsphase, diesen Übergang müssen wir gestalten.“ Alles andere sei nicht zielführend. Maßgeblich sei es, bei den teils überforderten Fuhrparkbetreibern Vertrauen in die neue Technologie und vor allem in ihre Beständigkeit zu schaffen, betont der Fachmann. „Man kann nicht heute eine Ladeinfrastruktur aufbauen, die man in zwei Jahren wieder abreißen muss, weil alles nicht so gemeint war.“
Hybride nicht kaufen, nur weil Mitarbeiter dies wollen
Die Fuhrparkbetreiber selbst sind natürlich ihrerseits aufgefordert, sich über Ladeinfrastruktur, Rechtsfragen und Förderungen schlau zu machen und vor allem Nutzungsprofile zu erstellen, um erkennen zu können, welche Art der Elektrifizierung zum Betrieb passt. Schäfer formuliert vier „Dont’s“, die Fuhrparkmanagern mit Blick auf Elektromobilität nicht unterlaufen sollten: mal eben ein E-Auto testweise zu kaufen, die Fahrzeuge nur anhand herkömmlicher Kriterien zu vergleichen, Hybride zu kaufen, nur weil Mitarbeiter dies wollen und das Thema E-Mobilität gänzlich zu ignorieren.
Speziell zu Plug-in-Hybriden macht Schäfer die Position seines Verbands klar: Viele Dienstwagenfahrer sicherten sich nur den Steuervorteil, seien aber am regelmäßigen Laden der PHEVs nicht interessiert. „Fatal ist, dass damit auch die Nachfrage nach umweltschonenderen Alternativen wie vollelektrischen Fahrzeugen oder Erdgasfahrzeugen kannibalisiert wird.“ Der Fuhrparkverband rate den politischen Entscheidern deshalb, bei Plug-in-Hybriden dringend eine angemessene Stromnutzung zur Grundlage für die Förderung zu machen. Schäfer betont gleichwohl, dass es durchaus sinnvolle Einsatzszenarien für Plug-in-Hybride gebe – und zwar „wenn leichte Plug-in-Hybride für kurze Strecken wie dem täglichen Arbeitsweg genutzt und überwiegend elektrisch betrieben werden“.
Ergänzend zu den „Dont’s“ spricht der Geschäftsführer dann auch noch von den „Do’s“, also einer Reihe von Empfehlungen, wie Fuhrparkmanager die Elektrifizierung am besten angehen. An erster Stelle: Technikwissen aneignen und Ladeprofi werden. „Das ist die Basis und es gibt viele Partner, die dabei ihre Hilfe anbieten“, so Schäfer. Zur Planung gehörten dann eine Fuhrparkanalyse, die TCO-Ermittlung, eine Kostenanalyse der Ladeinfrastruktur und Kostenvergleiche ebenso wie die Erstellung von Nutzerprofilen. Erst dann ist Schäfer zufolge eine Auswahl geeigneter Modelle sinnvoll.
Bedacht werden müssen auch Themen wie Änderungen bei der Zulassung, bei Nutzungsüberlassungsverträgen und die korrekte Umsetzung der Unfallverhütungsvorschriften. Hinzu kommen etwaige Vereinbarungen mit den Mitarbeitenden für das Laden zu Hause und die korrekte Handhabung der Dienstwagensteuer. Weitere Stichworte sind die Erweiterbarkeit der geplanten Infrastruktur und die Prüfung von Fördermöglichkeiten. Grundsätzlich schlägt Schäfer zum Anfang des Elektrifizierungsprojekts auch Mitarbeiterbefragungen vor. Es sei ratsam, das Interesse abzuklopfen, so der Fachmann. Außerdem weist er daraufhin, dass es häufig viel mehr Einsatzmöglichkeiten für Elektroautos gibt als vermutet: „Es werden Tag für Tag an vielen Stellen viele kürzere Distanzen zurückgelegt.“
In dem folgenden 20-minütigen Video können Sie die Ausführungen von BVF-Geschäftsführer Axel Schäfer noch einmal ausführlich und mit Einblick in die zugehörige Präsentation verfolgen:
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