RATP-Folgeauftrag: Bluebus baut 109 E-Busse für Paris
Der zur Bolloré Group gehörende französische Elektrobus-Hersteller Bluebus vermeldet zwei Aufträge des ÖPNV-Betreibers RATP über insgesamt 109 E-Busse für die Region Ile-de-France, also den Ballungsraum Paris. Eine Besonderheit dabei: Die Busse haben Feststoffbatterien an Bord.
Konkret umfassen die beiden neuen Aufträge die Lieferung von 44 beziehungsweise 65 E-Bussen mit einer Länge von zwölf Metern. Die 109 neuen Fahrzeuge ergänzen 50 E-Busse, die die RATP im Jahr 2019 bei Bluebus bestellt hatte und die noch im ersten Quartal 2021 ausgeliefert werden sollen. Hintergrund der neuerlichen Bestellungen ist die ambitionierte Roadmap „Bus2025“ der RATP, die bis 2024 die Beschaffung von bis zu 800 Elektrobussen vorsieht. Das hierfür vorgesehene Budget von 400 Millionen Euro geht in gleichen Teilen von je 133 Millionen Euro an die Hersteller Heuliez Bus, Bolloré und Alstom. Finanziert wird das Mega-Projekt über die für die Organisation des ÖPNV im Großraum Paris zuständige Organisation Île-de-France Mobilités. Die EU hat im Oktober eine Förderung in Höhe von 23 Millionen Euro zugesagt. Der Betrag wird für den Buskauf, aber auch für die Umrüstung von 25 Busdepots eingesetzt.
Den ersten Auftrag über 150 Fahrzeuge hat das Hersteller-Trio 2019 erhalten. Neben den erwähnten 50 Bluebus-Fahrzeugen nimmt die RATP auch 50 Exemplare von Alstoms Aptis-Bussen und ebensoviele von Heuliez Bus in Empfang. Hinzu kommen nun weitere Auftragsrunden im Zuge von „Bus2025“. Neben den zwei neuen Bestellungen bei Bluebus über besagte 109 E-Busse gab etwa Heuliez im Oktober 2020 bekannt, dass „200 Elektrobusse für die Lieferung an die RATP vorbereitet werden“. Über konkrete Folgeaufträge an Alstom ist bisher noch nichts bekannt.
Aus früheren Bestellungen (außerhalb der 800-Elektrobusse-Ausschreibung) sind unterdessen bereits 36 Exemplare des Heuliez GX 337 ELEC und 89 Exemplare des zwölf Meter langen Bluebus an den Pariser ÖPNV-Betreiber gegangen. Insgesamt beläuft sich die Anzahl von Elektrobussen bei der RATP – Stand Oktober – auf 150 Exemplare.
Zurzeit hat das Unternehmen 4.700 Busse in Betrieb, darunter neben den 150 Elektrobussen rund 1.000 Hybridbusse, 250 Biogas-Busse und 3.300 Dieselbusse. Anvisiert werden bis 2025 zusätzlich zu den 1.000 Hybridbussen rund 2.200 Biogas-Busse und 1.500 Elektrobusse. Der Zeitung „Le Monde“ gegenüber sagte Catherine Guillouard, Präsidentin und CEO der RATP, im Oktober, dass vor diesem Hintergrund aktuell eine zweite Mega-Ausschreibung über 2.100 Busse – 1.400 Biogas- und 700 Elektrobusse – im Wert von bis zu 1,4 Milliarden Euro vorbereitet werde.
Parallel zum Geschäftsgebiet der RATP ist auch für die Region Ile-de-France – also das weiter um Paris verteilte Ballungsgebiet – die komplette Umstellung der Busflotte auf Biogas- und Elektro-Antrieb vorgesehen. Allerdings nicht bis 2025, sondern bis 2029. Die Flotte umfasst derzeit 10.300 Busse, darunter 8.700 Diesel-Exemplare. Bis 2030 soll sie zu 70 Prozent aus Biogas- und zu 30 Prozent aus Elektrobusse bestehen. Die Investition dürfte sich auf rund vier Milliarden Euro belaufen. Auch hier ist die Ile-de-France Mobilités für die Finanzierung zuständig.
Feststoffakkus werden in-house von Blue Solutions hergestellt
So viel zu den ambitionierten Elektrifizierungsplänen der französischen Hauptstadtregion. Kommen wir noch einmal auf die Bolloré-Tochter Bluebus zu sprechen. Das 2007 in Ergué-Gabéric in der französischen Bretagne gegründete Unternehmen hat zwei Busse im Portfolio: ein sechs- und ein zwölf Meter langes Elektro-Modell. Beide sind ausschließlich mit Feststoffbatterien erhältlich. Die Akkus mit Lithium-Metall-Polymer (kurz: LMP-Batterien) wurden von einer weiteren Bolloré-Tochter, Blue Solutions, entwickelt und laufen ebenfalls in der Bretagne vom Band. Sie sind nickel- und kobaltfrei und können nach Angaben des Entwicklers bei Außentemperaturen von bis zu 65 Grad Celsius ohne Kühlung betrieben werden.
Nach Angaben von Bluebus sind bereits 400 Elektrobusse weltweit ausgeliefert worden. Die nun von der RATP bestellte zwölf Meter lange Busvariante verfügt über sechs Batteriepacks mit einer Gesamtkapazität von 378 kWh, was laut Hersteller eine Reichweite von bis zu 320 Kilometern erlaubt. Das Fahrzeug verfügt über eine Dauerleistung von 160 kW, eine Spitzenleistung von 230 kW, eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h und kann 109 Fahrgäste befördern. Bei der Integration der Festkörperakkus arbeiten die Bolloré-Töchter übrigens seit 2018 mit dem französische Spezialfahrzeuge-Hersteller Gaussin zusammen.
Bolloré gibt an, mehr als 20 Jahren Forschung und Entwicklung in die Feststoffbatterie investiert zu haben. Die 12-Meter-Busse von Bluebus könnten mit maximal sieben Batteriepacks ausgestattet werden, was sich zu einer Energiespeicherkapazität von 441 kWh aufsummiert. Diese Kapazität gibt auch Daimler für seinen eCitaro mit Feststoffbatterie an. Der Grund ist einfach. Daimler bezieht die LMP-Batterien von Blue Solutions. Über die Kooperation beider Unternehmen hat unter anderem das Portal „Avere France“ im Sommer 2018 berichtet. Im Juli 2020 ist die zweijährige Partnerschaft zudem in einen dreijährigen Batterie-Liefervertrag gemündet – samt Option um eine Verlängerung um weitere zwei Jahre.
sustainable-bus.com, abp.bzh (Pressemitteilung, PDF), leparisien.fr (EU-Förderung), challenges.fr (Heuliez), lemonde.fr (E-Flottenpläne RATP und ganz Ile-de-France), tradingsat.com (Zusammenarbeit mit Gaussin)
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