Renault: Drei-Phasen-Plan zum neuen Geschäftsmodell

Renault-Chef Luca de Meo hat seine neue Strategie „Renaulution“ vorgestellt. In drei Phasen will der Italiener dem französischen Autobauer ein neues Geschäftsprinzip verpassen: Weg vom Volumen, hin zum Wert. Bis 2025 sollen zehn neue Elektromodelle kommen. Im Rampenlicht: der Renault 5 Prototype.

Den Begriff „Renaulution“ hatte de Meo bereits Mitte Oktober 2020 verwendet, als er die beiden Elektromodelle Mégane und Dacia Spring vorstellte. Was damals noch in Arbeit war, wurde nun konkret vorgestellt. Zu der „Renaulution“ gesellen sich nun drei weitere „R“, die die Strategie umreißen sollen: „Resurrection“, „Renovation“ und „Revolution“.

Die drei Phasen seiner Strategie will de Meo nicht aufeinander aufbauen, sondern parallel angehen. Bei dem bis 2023 angesetzten Programm „Resurrection“ soll es vor allem darum gehen, dass sich die Margen erholen und mehr Cash generiert wird. Im Rahmen von „Renovation“ wird bis 2025 die Modellpalette erneuert – mit Fokus auf Fahrzeuge, die die Rentabilität der Marke fördern. Und die „Revolution“ soll bis 2025 das Geschäftsmodell der Franzosen auf Technologie, Energie und Mobilität ausrichten, damit Renault ein „Vorreiter in der Wertschöpfungskette der neuen Mobilität“ wird.

Bis 2025 sollen dabei 24 neue Modelle eingeführt werden. Die Hälfte davon soll auf das C- und D-Segment entfallen – bereits bei der Vorstellung des Mégane hatte de Meo betont, für wie wichtig er dieses Segment halte. Dazu kommt: Von diesen 24 Modellen sollen mindestens zehn reine Elektrofahrzeuge sein, davon sieben unter der Marke Renault. Konkrete Modelle kündigte der neue Renault-Chef aber nicht an, wohl aber ein interessantes Showcar: der Renault 5 Prototype. Technische Daten zu dem kleinen Elektroauto gab es noch nicht, die Franzosen wollen mit dem Retro-Modell ein von seinem Marken-Ikone R5 inspirierten Design ein Fahrzeug bauen, „das seiner Zeit entspricht: urban, elektrisch, attraktiv“, wie es Design-Direktor Gilles Vidal ausdrückt. Im Vorfeld hatte es bereits Gerüchte gegeben, Renault könnte mit der Antriebstechnik des Dacia Spring etwa die traditionsreichen Modelle R4 und R5 als Elektromodelle bringen. Doch zur Technik später mehr.

Für diese Rolle der E-Autos will Renault den „Elektro-Pole“ oder „Strommast“ in Nordfrankreich mit der weltweit größten Produktionskapazität der Renault-Gruppe für Elektrofahrzeuge etablieren. Hinzu kommt das am Dienstag angekündigte Joint-Venture mit Plug Power im Bereich Wasserstoff. Eine zentrale Säule für die Marke Renault ist zudem die Hybridtechnologie, mit einem geplanten Anteil von 35 Prozent an der Renault-Flotte bis 2025.

Dabei besinnt sich der Marketing-Experte de Meo (u.a. früher Marketing-Vorstand bei Audi und als Seat-Chef für die Aufwertung von Cupra als eigene Marke verantwortlich) nicht auf Marken wie Renault Sport, Alpine oder das Elektro-Label „Z.E.“. Er muss und will mit der Strategie etwas anderes angehen – die Fixkosten. So soll die „Renaulution“ noch weiter gehen als der bisherige Plan bis 2022, die Effizienzen in der Entwicklung und der Fertigung zu steigern, und dabei sowohl die Fixkosten zu senken als auch die variablen Kosten zu verbessern.

Dabei muss er aber auch die Belange des französischen Staats berücksichtigen – schließlich ist dieser mit 15 Prozent an dem Autobauer beteiligt und macht beim Abbau von Überkapazitäten in Frankreich sicher nicht mit. Renault hatte bereits Überkapazitäten, der Fokus auf weniger, aber margenstärkere Fahrzeuge weg vom Volumen-getriebenen Kurs von Carlos Ghosn wird die Überkapazitäten eher steigen als schrumpfen lassen.

Zwar flüchtet sich Renault in der Mittelung kurz in allgemeine Phrasen: Man wolle „das industrielle Vermögen der Gruppe“ und die „elektrische Führungsposition in Europa“ nutzen. Basierend auf der Allianz mit Nissan und Mitsubishi will Renault zudem „die Reichweite in Bezug auf Produkte, Geschäft und Technologie erhöhen“.

Zahl der Plattformen und Antriebe wird halbiert

Erst später in dem Plan werden diese Phrasen mit Zahlen untermauert: Statt sechs sollen künftig nur noch drei Plattformen genutzt werden, die Antriebsstrang-Familien von derzeit acht auf künftig vier halbiert werden. Auf den drei Allianz-Plattformen sollen dann mehr als 80 Prozent des Volumens der Groupe Renault gebaut werden. Alle Modelle, die auf bestehenden Plattformen eingeführt werden sollen, werden laut der Mitteilung in weniger als drei Jahren auf dem Markt sein. Die Produktionskapazität soll von vier Millionen Einheiten in 2019 auf 3,1 Millionen Einheiten in 2025 sinken – nur das Wie wird nicht beantwortet. Für eine mögliche Serienversion des Renault 5 Prototype bedeutet das, dass wohl der Twingo und seine Elektro-Version weichen müssen. Der Twingo basiert als einziges Renault-Modell auf einer Plattform mit Heckmotor – künftige E-Kleinwagen werden wohl stattdessen auf die Konzernplattform CMF-EV zurückgreifen müssen.

Dazu gibt es neue finanzielle Ziele. In einem ersten Schritt strebt der Konzern bis 2023 eine operative Marge von mehr als drei Prozent an, der kumulierte operative Cashflow auf dem Autogeschäft der Jahre 2021 bis 2023 soll auf drei Milliarden Euro steigen, gleichzeitig sollen die Investitionen (F&E und Capex) auf rund acht Prozent des Umsatzes sinken – bisher sind es rund zehn Prozent. Bis 2025 soll die operative Marge bei mindestens fünf Prozent liegen und beim kumulierten Free Cashflow zwei weitere Milliarden hinzukommen — also fünf Milliarden Euro für den Zeitraum 2021 bis 2025.

Mit einer strengen Kostendisziplin sollen bei den Fixkosten bis 2023 2,5 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden, bis 2025 dann drei Milliarden Euro. Zudem erwartet de Meo bei den variablen Kosten eine Verbesserung um 600 Euro pro Fahrzeug.

Hybride bei Dacia, E-Sportwagen von Alpine

In der Strategie geht es aber nicht nur um den Autobau, sondern – wie bei derzeit allen Herstellern – auch um das Geschäft mit Services und Daten. Mit der neu gegründeten Geschäftseinheit „Mobilize“ zielt Renault darauf ab, nicht nur Daten, Mobilitäts- und energiebezogene Dienste zum Nutzen der Kunden zu entwickeln, sondern daraus auch Gewinne zu erzielen. Bis 2030 sollen mehr als 20 Prozent des Konzernumsatzes aus diesen Services kommen. Dabei soll es neben Carsharing und extra dafür entwickelten Modellen auch um innovative Finanzierungslösungen gehen, sowie spezielle Service- und Software-Plattformen.

Für das Carsharing soll unter anderem der EZ-1 genutzt werden, de facto ein Nachfolger des Twizy. Der Mobilize EZ-1 ist ein 2,3 Meter langer E-Zweisitzer, der zu 50 Prozent aus recyceltem Material gebaut werden soll. Er soll sowohl geladen als auch per Batterie-Tausch für eine weitere Ausleihe vorbereitet werden können. Angaben zur Reichweite macht Renault bzw. Mobilize noch nicht.

Die Marken Dacia und Lada sollen weiter über ihren „Design-to-Cost“-Ansatz Kunden überzeugen, aber auch hier wird von derzeit vier auf künftig eine Plattform reduziert. Dabei soll Dacia aber auch ein Modell für das C-Segment, also die Golf-Klasse bringen – und hier womöglich jene Kunden erreichen, für die ein höher und margenstärker positionierter Mégane zu teuer geworden ist. Dabei sollen bei Dacia auch die „E-TECH“-Motoren von Renault, also die Hybride, eingesetzt werden.

Die Marke Renault Sport wird künftig wie das Formel-1-Team der Franzosen der Sportwagen-Marke Alpine zugeschlagen. Die Einheit soll sich „der Entwicklung exklusiver und innovativer Sportwagen“ widmen – und wie es Renault in der Mitteilung andeutet, dabei auch auf die elektrische CMF-EV-Plattform der Allianz zurückgreifen. Zudem soll gemeinsam mit der Geely-Marke Lotus ein „EV-Sportwagen der nächsten Generation“ entwickelt werden.

Inzwischen hat Alpine eine eigene Mitteilung herausgegeben, in der der Wechsel auf reine Elektroantriebe verkündet wird. „Alpine wird sich künftig auf die Entwicklung von rein elektrischen Sportwagen konzentrieren“, heißt es dort. Demnach sollen auf Basis der CMF-B EV ein E-Kompaktsportwagen im B-Segment und auf Basis der CMF-EV ein elektrischer Sport-Cross-Over für das C-Segment entwickelt werden. Dazu kommt ein rein elektrischer Nachfolger für den Alpine A110 – jenes Fahrzeug, das in der Kooperation mit Lotus entwickelt wird. „Die Handwerkskunst unseres Werks in Dieppe und die Ingenieurskunst unserer Formel 1- und Renault-Sport-Teams werden zu einer innovativen, zu 100 Prozent elektrischen Produktpalette führen und den Namen Alpine in die Zukunft tragen”, erklärt Laurent Rossi, seit wenigen Tagen CEO von Alpine.

„Bei der Renaulution geht es darum, das gesamte Unternehmen vom Volumen zum Wert zu bewegen“, sagt de Meo laut der Mitteilung. „Es ist mehr als eine Trendwende, es ist eine tiefgreifende Veränderung unseres Geschäftsmodells.“ Man habe die Abläufe von der Entwicklung an optimiert, bei Bedarf die Größe angepasst und die Ressourcen für potenzielle Technologien und Produkte umverteilt. „Diese gesteigerte Effizienz wird unser zukünftiges Sortiment befeuern: technisch, elektrifiziert und wettbewerbsfähig.“
renault.com (englisch), renault-presse.de (deutsch, dort gibt es auch die Mitteilungen zum Renault 5 Prototyp und dem EZ-1), renault.com (Alpine)

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