Hinter den Kulissen eines gewerblichen XXL-Ladeparks
Das IT-Unternehmen Bechtle hat in Neckarsulm einen der größten Ladeparks für Dienstwagen in Deutschland aufgebaut. The Mobility House gewährt uns in folgendem Gastbeitrag Einblick in die Herausforderungen des Projekts und die weiteren Elektrifizierungspläne des Unternehmens.
Im November hat electrive.net über Bechtles ehrgeiziges Vorhaben erstmals berichtet: An der Zentrale in Neckarsulm können nun bis zu 140 Elektroautos gleichzeitig laden. Und damit noch nicht genug, denn das Unternehmen meint es ernst mit dem Ausbau der Elektromobilität: „Unser mittelfristiges Ziel ist es, die rund 70 Standorte in Deutschland zu elektrifizieren“, erklärt Uli Drautz, Prokurist bei Bechtle und verantwortlich für das Konzerncontrolling. Weitere Ladepunkte sind zudem an Standorten in Österreich und der Schweiz geplant. Gut 100 Autos seiner knapp 3.600 Fahrzeuge umfassenden Flotte in Deutschland tauscht Bechtle Monat für Monat aus.
Allein am Standort Neckarsulm bedeutete die Umstellung jedoch vor allem eines: eine besondere Herausforderung für den bestehenden Netzanschluss. Hinzu kommt die Gebäudelast, die durch Großverbraucher wie Herde und Öfen im Betriebsrestaurant oder im Sommer durch Klimaanlagen nicht gerade gering ist. „Unternehmen sollten auf die Leistungsfähigkeit ihres Netzanschlusses achten, um die Anschluss- und Nutzungskosten möglichst gering zu halten“, erklärt Sebastian Karrer, Leiter Key Account Management bei The Mobility House. Bei einem Vorhaben in dieser Größenordnung ist ein Lade- und Energiemanagementsystem daher unumgänglich. Denn sonst schießen Kosten für Stromverbrauch und Ausbau des Netzanschlusses unkontrolliert in die Höhe. Bei zehn bis 20 Elektroautos geht es hier um Kosten zwischen 10.000 bis 30.000 Euro je nach Region, die an den Netzbetreiber für eventuelle Netzerweiterungen zu bezahlen sind.
Kosten kontrollieren mit Lade- und Energiemanagementsystem
Ein Lade- und Energiemanagementsystem kann Ladevorgänge je nach verfügbarer Strommenge dynamisch anpassen und den bestehenden Netzanschluss besser ausnutzen, z.B. kurzzeitig etwas verlangsamen oder zeitlich staffeln, um Leistungsspitzen zu vermeiden. Bechtle setzt hier zudem auf ein System, das mit offenen Standardschnittstellen ausgestattet und modular aufgebaut ist. So können die vielen Ladevorgänge harmonisch, effizient und kostengünstig in die bestehende Stromumgebung einfügt werden. „Standardisierte bzw. offene Schnittstellen ermöglichen eine einfache Integration in bestehende Energie- oder Flottenmanagementsysteme und erlauben die flexible Erweiterung des Ladeparks zu einem späteren Zeitpunkt. Wer zukunftssicher investieren will, sollte auf jeden Fall auf derartige Systeme setzen“, so Karrer weiter. Gerade weil Bechtle an einigen Standorten bereits PV-Anlagen in Betrieb hat, mit denen auch die Elektroautos geladen werden sollen, wurde ein System ausgewählt, das diese intelligent einbindet. Allein am Hauptsitz in Neckarsulm beträgt die Photovoltaikleistung 1,9 Megawattpeak.
Die Projektleitung oblag dem Planungsbüro Kreor Südwest, das schon seit vielen Jahren mit Bechtle zusammenarbeitet. „Der Bereich Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität wird in der Gesamtbetrachtung einer Immobilie immer wichtiger“, sagt Bernd Dollmann, Geschäftsführer der Kreor Südwest GmbH.
Ein weiterer Punkt, der dem börsennotierten und größten deutschen IT-Systemhaus Bechtle wichtig war: Alle Ladestationen sind eichrechtskonform und somit bereits für eine Abrechnung der Ladevorgänge mit externen Nutzern vorbereitet. Ein Abrechnungs-Modul kann, wie auch einige weitere Module, jederzeit nach Kundenwunsch auf das implementierte System aufgeschaltet werden.
The Mobility House gibt uns in regelmäßigen Gastbeiträgen Einblicke in interessante Elektrifizierungs-Projekte. Berichtet haben die Experten für Lade- und Energielösungen aus München bereits über die Umstellung des Fuhrparks des Arbeiter-Samariter-Bundes in der bayerischen Landeshauptstadt, über die E-Flotte der Großbäckerei Harry-Brot und über ein Fallbeispiel zur Elektrifizierung von zwei Firmensitzen der ADVA Optical Networking SE.
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