Tesla wächst im Krisenjahr 2020 stärker als je zuvor
Tesla hat im zurückliegenden Quartal mit 270 Millionen US-Dollar einmal mehr einen vorzeigbaren Ertrag eingestrichen und verbucht für 2020 den ersten Jahresgewinn seiner Geschichte. Außerdem gab Tesla bekannt, noch in diesem Quartal von Grund auf überholte Varianten des Model X und Model S zu launchen.
Teslas Geschäftsbericht stieß bei den Börsianern auf ein geteiltes Echo. Die Erwartungen in puncto Gewinn waren immens. Dass es „nur“ das drittbeste Quartalsergebnis wurde, stieß dem einen oder anderen auf. Dabei lässt sich das Ergebnis auch folgendermaßen interpretieren: Seit eineinhalb Jahren hält sich der kalifornische Autobauer mittlerweile kontinuierlich in der Gewinnzone – und das bei steigenden Umsätzen. Im Zeitraum von Oktober bis Dezember 2020 erwirtschaftete das Unternehmen ein Plus von 270 Millionen US-Dollar. Nur im dritten Quartal 2020 (331 Millionen US-Dollar) und im zweiten Quartal 2018 (312 Millionen Dollar) ging es schon einmal höher hinaus. Im direkten Vergleich mit dem vierten Quartal 2019 verzeichnete Tesla einen Gewinnanstieg um 157 Prozent.
Während die weltweite Autoindustrie 2020 strauchelte, geht dieses Geschäftsjahr bei Tesla als das erste Jahr in die Annalen ein, an dessen Ende ein Gewinn steht. Gänzlich ohne Verlust-Quartal summiert sich der Ertrag der Kalifornier auf 721 Millionen Euro. Und das trotz weiterhin enormer Investitionen in das weltweite Wachstum. Zum Vergleich: 2019 machte Tesla in ähnlicher Höhe noch Miese. Unter dem Strich blieb für 2019 ein Fehlbetrag von rund 860 Millionen Dollar in den Büchern. 2020 – finanziell also ein Wendejahr.
Das zeigt sich auch in der Umsatzentwicklung: 10,744 Milliarden Dollar in Q4 2020 – damit verbessert Tesla den bisherigen Rekordwert aus dem Vorquartal (8,77 Milliarden Dollar) nochmals um 18 Prozent und das bis dato beste Schlussquartal 2019 (7,4 Milliarden Dollar) um rund 35 Prozent. Seit Jahresbeginn setzte der Elektroautobauer jedes Quartal mehr um. Aufaddiert ergibt sich für 2020 ein Gesamtumsatz von 31,5 Milliarden Dollar, ein Zuwachs um 22 Prozent gegenüber 2019 (24,5 Milliarden Dollar). Die operative Marge, ebenfalls ein wichtiges Kriterium, lag im vierten Quartal bei 5,4 Prozent, über das gesamte Jahr weist der Geschäftsbericht hier 6,3 Prozent aus.
Neben dem Umsatz steigen allen voran durch wiederholte Kapitalerhöhungen auch die liquiden Mittel des Elektroautobauers deutlich – und zwar auf nunmehr gut 19 Milliarden Dollar. Tesla selbst bezeichnet das abgelaufene Jahr als „transformativ“. Trotz globaler Herausforderungen sei es gelungen, Volumen, Profitabilität und den Mittelzufluss deutlich zu steigern.
Aber: Ohne die Einnahmen aus den CO2-Zertifikaten (u.a. aus dem europäischen CO2-Pool mit FCA) wäre Tesla nicht profitabel gewesen. Ohne große Kosten konnte Tesla hier Einnahmen von 1,5 Milliarden Dollar im Jahr 2020 verbuchen. Langfristig werde der Gewinn aus den Zertifikaten aber „kein materieller Teil unseres Geschäfts“ sein, sagte Tesla-Finanzchef Zachary Kirkhorn.
Haupttreiber von Teslas Wachstum sind die steigenden Produktions- und Auslieferungszahlen: Im vergangenen Jahr lieferte das Unternehmen 499.550 Fahrzeuge aus und erreichte somit bis auf wenige Einheiten das vor der Corona-Pandemie ausgerufene Ziel von einer halben Million Elektroautos. Bei der Produktion wurde die Marke von 500.000 Fahrzeugen bereits überschritten. Konkret wurden 509.737 Exemplare der Baureihen S, X, 3 und Y gebaut. Darunter waren 54.805 Einheiten von den in Fremont gefertigten Model S und X, mit 454.932 Fahrzeugen entfiel erwartungsgemäß der Großteil auf die Model 3 und Y – Tesla schlüsselt hier nicht genauer zwischen den Baureihen auf.
Im vierten Quartal wurden 179.757 Teslas gebaut (16.097 Model S/X, 163.660 Model 3/Y). Bei den Auslieferungen lag Tesla im Schlussquartal knapp über der Produktionszahl, zwischen Oktober und Ende Dezember wurden 180.667 Fahrzeuge an Kunden übergeben. Hier war die Aufteilung 18.966 Model S und X sowie 161.701 Model 3 und Y. Dass im Schlussquartal weniger Model S und X gebaut als ausgeliefert wurden, überrascht kaum: Seit Mitte Dezember standen die Bänder still.
Jetzt wissen wir auch warum: Die Fertigung in Fremont wurde – wie zuletzt vielfach spekuliert – auf den Launch der überarbeiteten Premium-Modelle vorbereitet. „Die Änderungen umfassen einen neuen Antriebsstrang (Batteriemodule, Batteriepakete, Drive unit), ein komplett neues Interieur, ein Exterieur-Update und etliche Verbesserungen“, teilt Tesla nun im Geschäftsbericht mit. Weitere Details dazu hat electrive.net in einem separaten Artikel aufbereiten. Nur noch so viel: Die Produktion von Model S und Model X soll noch im ersten Quartal wieder anlaufen und „mit der Zeit“ zur vollen Kapazität zurückkehren. Interessant dabei: Während im Q3-Bericht noch von einer jährlichen Kapazität von 90.000 Exemplaren die Rede war, nennt Tesla nun 100.000 Fahrzeuge.
Giga Berlin und Texas im Zeitplan
Auf Jahressicht ist das Wachstum bei Produktion und Auslieferungen vor allem mit der Giga Shanghai zu erklären. Es sei gelungen, die Fertigung vor Ort auf 5.000 Model 3 pro Woche hochzufahren, teilen die Kalifornier mit. Die jährliche Fertigungskapazität der Gigafactory 3 in China gibt Tesla im aktuellen Bericht mit 450.00 Fahrzeugen an. In den Produktionszahlen für das vierte Quartal sind auch bereits die ersten Model Y aus China enthalten. Ausgeliefert werden diese Fahrzeuge seit Mitte Januar. Außerdem bestätigt Tesla, dass man damit begonnen habe, „Model-3-Fahrzeuge aus der Gigafactory Shanghai nach Europa und in die Asien-Pazifik-Region zu verschiffen“, um die Fabrik in Fremont zu entlasten.
Bleibt bei der Auto-Sparte noch der Blick auf das Supercharger-Netzwerk. Auch hier hat Tesla ein starkes viertes Quartal und Gesamtjahr gezeigt. Im Geschäftsbericht gibt Tesla nun 2.564 Supercharger-Stationen mit 23.277 Ladepunkten an. Das sind 383 Stationen mit 3.840 Schnellladepunkten mehr als im dritten Quartal – ein Plus von 17 Prozent. Vom zweiten auf das dritte Quartal legte die Zahl der Stationen nur um sieben Prozent zu, Tesla hat den Ausbau also stark beschleunigt. Im Vergleich zum Stand Ende 2019 (1.821 Stationen mit 16.104 Ladepunkten) wuchs das Supercharger-Netzwerk bei den Stationen um 41 und bei den Ladepunkten um 45 Prozent.
Für seine andere Sparte Energy Generation And Storage – stationäre Energiespeicher und Solardächer – weist Tesla in der Bilanz 752 Millionen Dollar Umsatz im Q4 und 1,99 Milliarden Dollar im gesamten Jahr aus. Aber: Für die Sparte stehen auch 1,977 Milliarden Dollar Kosten in der Bilanz, sie war also nur knapp profitabel – im vierten Quartal waren die Kosten sogar höher als die Einnahmen. Dennoch zeigt sich Tesla zufrieden. Bei den Speichern habe man zum ersten Mal mehr als 3 GWh in einem Jahr installiert, besonders die Großspeicher namens Megapack würden sich großer Beliebtheit erfreuen. Auch die Powerwall-Nachfrage – also für die Heimspeicher – steige. Im laufenden Jahr wolle man die Kapazitäten sowohl in der Produktion als auch der Lieferkette erhöhen. Die Solar-Sparte installierte im vergangenen Jahr 205 MW, 18 Prozent mehr als im Jahr davor. Den Zuwachs erklärt Tesla mit der neuen Retrofit-Strategie und den gesenkten Kosten.
Mehr als 750.000 Auslieferungen in 2021?
So viel zum abgelaufenen Geschäftsjahr, viel Platz nehmen in Teslas Geschäftsberichten standesgemäß die Ankündigungen von bevorstehenden Zielen ein. So auch diesmal: So verkündet das Unternehmen, im Zeitplan zu sein, um noch dieses Jahr in Berlin-Brandenburg und im texanischen Austin mit der Fertigung zu beginnen -–und zwar unter Verwendung von „Batterien mit in-house kreierten Batteriezellen“. Außerdem solle gegen Ende des Jahres der erste Tesla Semi ausgeliefert werden. Den Launch des E-Lkw hatte Tesla zuletzt um mindestens ein Jahr verschoben.
Ein spezifisches Auslieferungsziel für 2021 nennt Tesla nur indirekt. Über einen mehrjährigen Horizont wolle man das Auslieferungsvolumen im Schnitt pro Jahr um 50 Prozent steigern, so der Elektroautobauer. „In einzelnen Jahren wachse man vielleicht schneller – und 2021 schätze man als ein solches Jahr ein“, heißt es weiter. Legt man die knapp 500.000 Auslieferungen in 2020 zugrunde, rechnet Tesla also im laufenden Jahr mit 750.000+ Auslieferungen.
Ein kleines, aber möglicherweise nicht unbedeutendes Detail fällt im Vergleich der Geschäftsberichte von Q3 und Q4 übrigens noch auf: Während die fünfte Gigafabrik, in der zukünftig der Tesla Semi und der Roadster produziert werden sollen, vor drei Monaten noch „in den USA“ verortet wurde, heißt es nun nur noch „TBD“, also „to be defined“ – noch zu definieren. Und: Neben Tesla Semi und Roadster soll dort auch ein „future product“ vom Band laufen, von dem im Q3-Bericht noch keine Rede war. Möglicherweise kein Zufall: Erst vor wenigen Wochen kochten Gerüchte um ein neues Einstiegsmodell hoch, das Tesla angeblich schon im kommenden Jahr auf den Markt bringen könnte.
ir.tesla.com
Redaktionelle Mitarbeit: Sebastian Schaal
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