Daimler-Joint-Venture Denza vor dem Aus?
Das Elektroauto-Joint-Venture von Daimler und BYD in China steht offenbar vor einer ungewissen Zukunft. Angesichts anhaltend niedriger Stückzahlen ist laut einem Medienbericht in Daimler-Konzernkreisen von einem „Desaster“ die Rede. Möglich scheint auch, dass das Projekt ausläuft.
Wie das „Handelsblatt“ berichtet, mehren sich in dem deutschen Konzern die Stimmen, die das Projekt auslaufen lassen wollen. Das Joint Venture wird demnach von einigen im Unternehmen als „strategisch irrelevante Kooperation“ bezeichnet, die Millionen verbrenne. Angesichts der allgemeinen Marktentwicklung und des neuen Modells meinen Befürworter hingegen, dass es zu früh sei – der E-SUV sei ein gutes Produkt, nur die Vertriebsstrategie stimme nicht.
Offiziell stehen aber sowohl BYD als auch Daimler hinter der Elektromarke. „Daimler und BYD arbeiten auch weiterhin an der Zukunft von Denza als einheimische Marke für qualitativ hochwertige batterieelektrische Fahrzeuge“, so Daimler auf Anfrage des „Handelsblatt“. Die Marktperformance des Denza X habe sich zudem seit der Produkteinführung „schrittweise weiterentwickelt“.
Die Zahlen, die der Bericht liefert, lassen aber an einem Erfolg zweifeln. Vom Denza 500 wurden seit der Markteinführung im Jahr 2014 in Summe lediglich 14.000 Stück verkauft. Auch vom neuesten Modell Denza X wurden im vergangenen Jahr gerade einmal 4.175 Fahrzeuge an Händler ausgeliefert – BEV und PHEV. Gehofft hätten die Konzerne dem „Handelsblatt“ zufolge eigentlich auf bis zu zehnmal so hohe Stückzahlen. Bei dem Denza 500 (zunächst als Denza EV bezeichnet) handelt es sich um einen Van-artigen Kompaktwagen, der Denza X hingegen ist ein E-SUV und bedient sich an der Technik des BYD Tang.
Mit dem letztgenannten Modell in einem attraktiveren Marktsegment erhofft sich Denza nun wohl steigende Absätze. Aus den Zulassungszahlen, die das „Handelsblatt“ ausgewertet hat, geht unterdessen hervor, dass Denza den Kompaktwagen 500 offenbar ohne Ankündigung eingestellt hat – 2020 wurde von dem Modell keine Zulassung registriert.
Aber auch der Denza X hat es nicht leicht – unter anderem wegen seines Technik-Spenders BYD Tang, der ebenfalls als Elektroauto und Plug-in-Hybrid erhältlich ist. Mercedes hat bei dem Modell das Design geprägt und ist für den Vertrieb verantwortlich. Die Produktion übernimmt Partner BYD. Experten sehen in dem Denza X ein „gut gemachtes Auto“ mit einer ordentlichen Reichweite von 520 Kilometern nach NEFZ. In dem Preissegment ab 289.900 Yuan (37.000 Euro) für den Plug-in-Hybrid gebe es aber zu viel günstigere Konkurrenz. „Die Geldinvestition ist abgeschlossen. Jetzt schauen wir uns an, wie sich Denza entwickelt, und dann treffen wir Entscheidungen“, äußerte Daimler-Chef Ola Källenius gegenüber der „Financial Post“. Entscheidend für den Fortbestand von Denza wird der Erfolg des neuesten Modells Denza X.
Die auch intern kritisierte Vertriebsstrategie führe zu einem weiteren Problem: der Wahrnehmung der Marke. Bisher werde der Denza nur bei ausgewählten Mercedes-Händlern ausgestellt und angeboten – nicht die passende Klientel für die Marke. „Das Fahrzeug muss aber in einem Umfeld positioniert werden, wo es hingehört – und das ist nicht bei Mercedes-Benz, sondern eher bei BYD angesiedelt“, sagt Jan Burgard von Berylls Strategy Advisors.
Laut dem „Handelsblatt“ sei es möglich, dass eine solche neue Vertriebsstrategie die letzte Chance für Denza sei. Die Kritiker hoffen aber wohl weiter auf ein schnelles Aus: Bereis bei dem Pickup X-Klasse habe Konzernchef Ola Källenius gezeigt, dass er nicht zögere, unrentable Modelle einzustellen.
handelsblatt.com
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