Mini Cooper SE: Ist das noch genug für 2021?
Mini greift beim Cooper SE auf die Technik des BMW i3s zurück und hat diese im gewohnten Mini-Design neu verpackt. Doch noch immer setzt das E-Modell auf den kleineren Akku. Ist das im Jahr 2021 noch genug? Hier ist unser Fahrbericht.
* * *
Während vielen Laien bei einigen Modellen nicht gleich der Name des Herstellers einfällt, ist das bei Mini nur selten der Fall. Nicht ohne Grund heißt es nahezu überall, dass die britische Marke Kultstatus besitzt, weltweit eine Fangemeinde hat und auch immer sofort als Mini erkannt werde. Dies ist auch bei der rein elektrischen Variante der Fall, die sich optisch kaum von den Verbrenner-Modellen unterscheidet. Lediglich die außergewöhnlichen Felgen, der geschlossene Kühlergrill und die gelb-grünen Akzente – etwa die Außenspiegel, am Kühlergrill oder das Logo an Front und Heck – sind die einzigen offensichtlichen Hinweise, dass es sich bei dem Cooper SE um keinen gewöhnlichen Mini handelt. Das ist sicherlich gewollt, um die Mini-Fangemeinde nicht zu vergraulen.
Auch im Interieur setzt sich das gewohnte Design fort, welches Mini-typisch gestaltet ist. Inklusive großem, rundem Display in der Mitte, vielen Bedienelementen einschließlich der an ein Flugzeugcockpit erinnernden Schalter. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ließ sich das Fahrzeug jedoch fast mühelos bedienen. Etwas Startschwierigkeiten hatte ich lediglich beim Infotainmentsystem. Detaillierte Verbrauchsanzeigen oder gar den Batteriestand (SoC) in Prozent sucht man zudem vergebens. Hierfür stellt Mini jedoch eine gut aufbereitete App bereit, die viele Details ans Tageslicht führt.
Die Sitze sind sehr bequem und würden sich auf einer längeren Strecke sicher gut machen. Wäre da nicht das Thema Reichweite. Doch dazu später mehr. Theoretisch hätten mehr als zwei Personen in dem Elektroauto Platz. Allerdings ist dahingehend der Mini wirklich mini: Die Sitzplätze im Fond sind – vor allem bei größeren Menschen auf den vorderen Sitzen – kaum noch nutzbar. Im schlechtesten Fall dienen sie dann nur noch als Erweiterung für den Kofferraum. Denn auch der ist mit seinen 211 Litern sehr klein. Zum Vergleich: Der Smart Fortwo bietet 260 Liter.
Mini schafft „Gokart-Feeling“ auch im elektrischen Cooper SE
Der Mini glänzt daher, außer dem bereits genannten Design, eher mit typischen Werten, die mit der Marke Mini verknüpft werden. Dazu gehört auch das bekannte „Gokart-Feeling“, welches ich bereits vor zehn Jahren bei einer längeren Fahrt mit einem Mini erfahren konnte. Damals noch mit einem Benziner, jetzt mit reinem Elektroantrieb – es fühlt sich dennoch vertraut nach Mini an. Mit der „innovativen Fahrstabilitätsregelung mit aktornaher Radschlupfbegrenzung“ soll Mini das markentypische „Gokart-Feeling“ erhalten haben. Und Mini ist es gelungen, dieses Feeling beizubehalten.
Das Fahrwerk ist entsprechend abgestimmt, was Zugeständnisse beim Federungskomfort erfordert. Eine straffe Lenkung untermauert das „sportliche“ Fahrgefühl. Der E-Motor, der für dieses Fahrvergnügen sorgt, stammt aus dem BMW i3s. Doch anders als beim i3s treibt der E-Motor beim Mini Cooper SE die Vorderräder an. Seine Leistung ist mit 135 kW und einem Drehmoment von 279 Nm identisch. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 150 km/h. Den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft der Mini innerhalb von 7,3 Sekunden.
Einen Unterschied zu den BMW-Modellen gibt es aber: Während bei BMW die Stärke der Rekuperation nur mit den Fahrmodi geändert werden kann, kann im Mini der Wirkungsgrad der Energierückgewinnung selbst gewählt werden. Ein links neben der Start-Stopp-Einheit platzierter Wählschalter ermöglicht es, unabhängig von den „Driving Modes“ wahlweise eine intensive oder eine nur leichte Rekuperation mit entsprechender Verzögerungswirkung auszuwählen. Nach jedem Motorstart wechselt der Cooper SE jedoch in die hohe Stufe. Hier wäre es wünschenswert gewesen, würde das E-Auto die vorher gewählte Stufe beibehalten. Positiv ist das sogenannte „One Pedal Driving“ zu bewerten. Das ist – wie auch schon beim BMW i3 – beim Mini sehr gut umgesetzt. In den meisten Fahrsituationen konnte im Test der Cooper SE fast nur über das Strompedal gefahren werden.
Die T-förmig im Fahrzeugboden verbaute Batterie kommt jedoch nur auf eine Kapazität von 32,6 kWh (28,9 kWh netto) – im i3s sind es inzwischen 42,2 kWh brutto. Mit dem chemischen Speicher soll eine Reichweite zwischen 203 und 234 Kilometer nach WLTP möglich sein. Den Verbrauch geben die Briten mit 15,2 bis 17,6 kWh/100 km an. Bei der Ermittlung der WLTP-Verbrauchsdaten fließen allerdings die Ladeverluste mit ein. In der Praxis konnte ich im Stadtverkehr einen Verbrauch von 15 bis 17 kWh/100 km erreichen. Wer im Winter sehr kurze Strecken fährt und nicht auf die Heizung verzichten will, der wird sicherlich auch auf 19 kWh/100 km kommen. Bei Fahrten auf der Autobahn bei 110 bis 120 km/h steigt der Verbrauch auf 19 bis 22 kWh/100 km an – zumindest bei meinen Tests. Allerdings sind dies Netto-Werte (abgelesen im Bordcomputer bzw. App). Daraus resultierend ergeben sich Praxisreichweiten von 130 (überwiegend Autobahnfahrten) bis 200 Kilometer (Stadt- und Überlandfahrten).
Bekannte Ladetechnik aus dem BMW i3
Da der Elektro-Mini gemeinsam mit Benzin- und Dieselvarianten im Werk Oxford auf der gleichen Linie gefertigt wird, haben die Techniker die Unterschiede so gering wie möglich gehalten. So sitzt auch die Ladebuchse an derselben Stelle wie der Tankstutzen – über dem rechten Hinterrad. Der Mini übernimmt auch beim Laden die Eckdaten des BMW i3: Mit Gleichstrom sind bis zu 50 kW möglich (die 80-Prozent-Ladung dauert 35 Minuten). Eine Ladekurve zum Cooper SE liefert Fastned. Im Test konnte diese nahezu erreicht werden. Doch bei Temperaturen bei um die 0 Grad oder darunter, gibt es deutliche Abweichungen bei der Ladeleistung, wodurch sich diese Schnellladevorgänge auch mal um 5-15 Minuten verlängern können. Alternativ kann der Mini an Wechselstrom mit bis zu 11 kW geladen werden. In diesem Fall dauert die Ladung auf 80 Prozent rund 2,5 Stunden (100 Prozent: 3,5 Stunden).
Bei den „längeren“ Fahrten fiel vor allem ein fehlender adaptiver Tempomat auf. Das ist wahrlich kein Beinbruch. Denn oft wird man über Autobahnen ohnehin keine längeren Strecken zurücklegen. Wünschenswert wäre dieses Assistenzsystem dennoch gewesen. Überhaupt schien das Assistenzangebot bisher etwas dürftig.
Warum wäre (mit Bezug auf den adaptiven Tempomat) und schien (mit Bezug auf das sonstige Assistenzangebot)? Nun, Mini hat dem Cooper SE kürzlich ein kleines Facelift spendiert und damit auch ein paar Updates erhalten. So gibt es nun – wenn auch optional – eine aktive Geschwindigkeitsregelung mit Stop&Go-Funktion, die den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug kamerabasiert steuert. Auch einen Parkassistenten gibt es. Weshalb dann noch der Test mit einem „alten“ Modell? Außer ein paar kleinen optischen Anpassungen und zusätzlichen Assistenten ändert sich am Fahrzeug nicht wirklich etwas. Der Antrieb des Mini Cooper SE bleibt unverändert. Auch die Batterie bleibt gleich. Und genau hier hätte ich die etwas größere Batterie aus dem aktuellen BMW i3 erwartet.
Mini Cooper SE startet bei 32.500 Euro
Keine Änderung gibt es auch beim Preis: Der Einstiegspreis für den Mini Cooper SE liegt in Deutschland weiterhin bei 32.500 Euro. Nach Abzug des Umweltbonus inklusive Herstelleranteil (9.570 Euro) sinkt der Preis auf 22.930 Euro. Doch mit etwas mehr Ausstattung ist es ohne Probleme möglich, den Preis vor Umweltbonus auf an die 40.000 Euro zu bekommen.
Mit Blick auf die technischen Daten klingt das recht viel. Die Daten sind für 2021 zu wenig – auf dem Papier und in der Praxis. Jedoch sollte man den Mini Cooper SE nicht einzig auf das technische Datenblatt beschränken. Dies gilt freilich auch für den Honda e, bei dem wir fragten, ob dies noch genug für 2020 sei, der für seinen Preis ebenfalls recht wenig Reichweite bietet. Es fällt schwer, mit dem Mini keinen Spaß zu haben. Der Cooper SE ist die elektrische Interpretation der Kultmarke und schafft es offenbar auch, die Fangemeinde zu erreichen oder gar neue „Fans“ zu gewinnen. Immerhin wurden im vergangenen Jahr nur in Deutschland insgesamt 4.365 Exemplare neu zugelassen, womit sich der Stromer den 13. Platz sicherte. Dazu beigetragen haben sicherlich auch sehr gute Leasing-Angebote. Aber: Damit die Marke Mini weiterhin überzeugen kann, muss jedoch spätestens im kommenden Jahr von allem etwas mehr kommen.
29 Kommentare