Renault Megane E-Tech – komplexer Plug-in-Hybrid im Test
Auch bei Renault findet die Hybridisierung der Modellpalette statt. Mit dem Megane Grandtour E-Tech haben die Franzosen einen Kombi der Kompaktklasse als Plug-in-Hybrid im Angebot. Doch wie fährt sich das etwas andere PHEV-System? Hier ist unser Fahrbericht.
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Renault konnte mit dem Zoe als rein elektrische Variante über die Jahre immer wieder große Erfolge feiern. So konnte der französische Autobauer in Europa im letzten Jahr über 100.000 Exemplare vom Zoe verkaufen. Hierzulande landete das Modell mit einem enormen Abstand auf Platz 1 der Neuzulassungen. Doch ein Modell allein reicht nicht, um künftig noch wettbewerbsfähig zu sein und – ein offenes Geheimnis – gesetzliche Rahmenbedingungen erfüllen zu können. Kein Wunder also, dass Renault nun auch die Modellpalette hybridisiert. Wenn auch im Verhältnis zu vielen anderen Herstellern eher spät. Die Voll- und Plug-in-Hybride sind an dem Namenszusatz „E-Tech“ erkennbar. Letzteren Antrieb konnten wir im Renault Megane Grandtour E-Tech testen.
Als Verbrennungsmotor kommt im Megane E-Tech ein 1,6-Liter-Benziner mit 68 kW zum Einsatz. Hinzu kommen zwei Elektromotoren. Der kleinere E-Motor verfügt über eine Leistung von 25 kW und zeichnet sich u.a. für den Start des Benzinmotors oder auch Synchronisation der Gänge verantwortlich – gleich mehr dazu. Die E-Maschine mit 49 kW ist für den eigentlichen E-Betrieb zuständig. Die Systemleistung gibt Renault mit 116 kW und das Drehmoment mit 205 Nm.
Die Komplexität des Systems wird auch an der Anzahl von nicht weniger als 15 Fahrstufenkombinationen deutlich. Im Detail gestaltet sich das beim kupplungslosen Getriebe, das Renault als CVT-ähnliches Getriebe bezeichnet, wie folgt: Für den Hauptelektromotor verfügt das sogenannte Multi-Mode-Getriebe über zwei Übersetzungen und für den Verbrennungsmotor vier Übersetzungen, während der zweite Elektromotor konstant mit dem Verbrennungsmotor gekoppelt ist. Im rein elektrischen Modus stehen daher zwei Gänge zur Verfügung. Im reinen Verbrennungsmodus sind es vier Gänge und im Hybridmodus zwei mal vier Fahrstufen. Besonders ist, dass Renault im Megane den seriellen und parallelen Hybridbetrieb aufgrund der Systemgestaltung abbilden kann.
Der Antrieb habe von einer Technologie „profitiert“, die sich laut Renault „auf die Energierückgewinnung konzentriert und direkt von unserer Formel-1-Expertise inspiriert ist“ – auch dort gibt es zwei E-Motoren, von denen nur einer direkt für Vortrieb sorgt. Das kupplungslose Getriebe, welches Renault besonders erwähnt, soll sich durch kaum spürbare Gangwechsel und einen „hervorragenden Wirkungsgrad“ auszeichnen.
Doch in der Praxis zeigt sich, dass das Antriebskonzept noch etwas Feinschliff gebrauchen kann. Zwischendurch gibt es doch den ein oder anderen Ruckler. Zeitweise sorgt der plötzliche Verlust an Tempozuwachs für Irritation. Trotz beherztem Tritt auf das Gaspedal tut sich der Plug-in-Hybrid schwer. Die berüchtigten Kasseler Berge waren für den Megane eine spürbare Herausforderung. Auch lässt die Steuerung den Benziner gern mal in einmal anderen Drehzahlbereich arbeiten, wodurch das typische „Gejaule“ zum Vorschein kommt – auch wenn es nur ein CVT-ähnliches Getriebe sein soll, hat Renault hier diese Eigenart des CVT übernommen. Der Antrieb suggeriert Power, die oftmals aber nicht vorhanden ist. Was die Leistungsdaten also bereits offenbarten – zum Beispiel die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 9,8 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit von 183 km/h (rein elektrisch 135 km/h) –, zeigte sich dann auch auf der Autobahn.
Die erste Tour führte von Hamburg nach Schwalmstadt. Es galt rund 380 Kilometer zurückzulegen und auch die bereits erwähnten Kasseler Berge zu überwinden. Die Temperaturen lagen bei zwei bis acht Grad. Das Wetter war bei dieser Testfahrt sehr wechselhaft. Von Schneegestöber über Platzregen mit starkem Wind bis hin zu Sonnenschein. Nach der ersten Testrunde standen 7,3 Liter auf der Uhr (83,3 km/h im Schnitt). Mit leerem Akku gestartet und bei den Bedingungen ein Wert, der für einen PHEV in Ordnung ist.
Als nächstes standen zwei unterschiedliche Touren mit überwiegend Autobahnanteilen (95 Prozent) auf dem Programm. Beide Fahrten, mit jeweils rund 90 km/h im Schnitt bei Sonnenschein und um die 10 Grad, sorgten für einen Durchschnittsverbrauch von rund 7 Liter (leerer Akku). Für die Fahrt vom Ruhrgebiet zurück in den Norden wurde der chemische Speicher nun aber aufgeladen. Bei Start mit 14 Prozent (SoC) sollte der Ladevorgang für den 9,8-kWh-Akku rund 3 Stunden dauern. Mehr als 3,6 kW an einer AC-Ladesäule sind leider nicht drin.
Mit vollem Akku ging es also los. Nach 25 Kilometern mit 88,6 km/h im Schnitt ist der Akku bereits leer und der Verbrenner schaltet sich zu – für die elektrische Autobahnfahrt taugen die wenigsten Plug-in-Hybride. Nach 100 Kilometern ausschließlich Autobahnfahrt bei 100,8 km/h im Schnitt zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 5,9 Liter an. Der elektrische Verbrauch ist aufgrund verschiedener Parameter nicht aussagekräftig. Nach 340 Kilometern wurde das Ziel in Hamburg erreicht. Am Ende standen bei 100,4 km/h im Schnitt ein Verbrauch von 6,9 Liter auf der Uhr.
Zwar spricht Renault beim Megane von einem „hohen Fahrvergnügen“, jedoch verstehe ich darunter etwas anderes. Und die oben bereits erwähnte Erfahrung untermauert den gewonnenen Eindruck. Dynamisch geht es mit diesem PHEV also nicht zu. Selbst die Beschleunigung bei 130 km/h gestaltet sich unter Umständen eher zäh und wird gerne von einem lauten Motordröhnen begleitet. Mit Blick auf die Zielgruppe „Dienstwagenfahrer“ sollte dies jedoch nicht der Fall sein.
Ein anderes Bild gibt der Megane E-Tech im Stadt- und Überlandverkehr ab. Vor allem dann, wenn der Akku regelmäßig aufgeladen ist. In diesem Fall ist eine zügige und vor allem ruhige Fortbewegung möglich. Dann sind statt der rund 25 Kilometer auch 35-45 Kilometer rein elektrisch möglich. Der Verbrauch lässt sich so auch auf 2,5 bis 5,5 Liter auf 100 Kilometer senken. Doch nur dann, wenn man Strecken von 100 bis rund 150 Kilometer fährt und nach Möglichkeit einen Teil der Strecke – falls es auf die Autobahn gehen sollte – nicht zu sehr das Gaspedal reizt. Und alle Rahmenbedingungen passen.
Der Megane gestaltet sich also als eher komfortables Gefährt, weniger als sportlich ausgelegter PHEV. Wem es also darum geht, vor allem die Systemleistung eines Plug-in-Hybrid für das eigene sportliche Fahrvergnügen ausnutzen zu wollen, der wird enttäuscht sein. Grundsätzlich sei gesagt, dass das Fahrwerk gut abgestimmt, die Lenkung jedoch zu leichtgängig ist.
Seinem Namen wird der Megane nur bedingt gerecht. Denn unter einem Grandtour könnte man eventuell einen „echten Kombi“ vermuten, mit dem Ausflüge mit der ganzen Familie möglich sein könnten. Der Megane ist jedoch ein Fahrzeug der Kompaktklasse und dementsprechend dimensioniert ist auch der Kofferraum mit 389 Litern. Es hat sich also nichts daran geändert, dass der Megane mit einem VW Golf Variant oder Opel Astra Sportstourer verglichen werden kann. Und optisch kann sich der Megane – zumindest mein subjektiver Eindruck – sehen lassen. Auch die Verarbeitung ist auf einem sehr hohen Niveau. Der Megane brauchst sich also nicht hinter seinen deutschen Konkurrenten verstecken.
Während ein Golf Variant oder Astra Sportstourer noch nicht über einen Plug-in-Hybrid verfügen, kann Renault dieses Angebot bedienen. Los geht es zu einem Listenpreis ab 34.990 Euro. Mit etwas Ausstattung kann der Megane auch den Preis von 40.000 Euro und darüber erreichen. Doch mit Abzug des Umweltbonus von fast 7.200 Euro ist der Megane E-Tech durchaus konkurrenzfähig. Ein weiterer Vorteil ist zudem die Dienstwagenbesteuerung von „0,5 Prozent“. Ob Renault es schafft, bei den Dienstwagenfahrern zu landen, werden die Zulassungszahlen der kommenden Monate zeigen.
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