2.000 Kilometer mit dem Panamera Turbo S E-Hybrid
Mit dem Panamera Turbo S E-Hybrid hat Porsche die wohl sportlichste Plug-in-Reiselimousine im Programm, die es aktuell für Geld zu kaufen gibt. Wir haben das stärkste Modell der ganzen Baureihe von Berlin aus in den winterlichen Schwarzwald bewegt – und wieder zurück. Ein Fahrbericht.
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Erst seit Dezember 2020 steht diese neue PHEV-Version des aktuellen Panamera bei den Händlern. Mit seiner Systemleistung von 515 kW – bzw. 700 PS in der alten Währung – definiert der Turbo S e-Hybrid denn auch das obere Ende der Modellpalette. Mehr Panamera geht nicht bei Porsche.
Kurz zur Technik: Der im Gehäuse des Acht-Gang-Doppelkupplungsgetriebes integrierte Elektromotor leistet 100 kW und bietet ein maximales Drehmoment von 400 Nm. Der im Fahrzeugheck untergebrachte Akku kommt seit der Modellpflege im Sommer auf eine Bruttokapazität von 17,9 kWh. Kühlung und Steuergeräte sind klassisch im Motorraum verbaut. Auf dem Papier werden für den Panamera Turbo S E-Hybrid 50 Kilometer Elektro-Reichweite angegeben. Damit ist der Power-Plug-in für das E-Kennzeichen qualifiziert, welches unser maximal ausgestatteter Testwagen denn auch mit Stolz getragen hat.
Zur Wahrheit der PHEV-Welt gehört freilich, dass die Angaben auf dem Papier – etwa beim Verbrauch – in der Regel nichts mit der Realität auf der Straße zu tun haben. Aufgrund der winterlichen Temperaturen haben wir es elektrisch nie über 40 Kilometer hinaus gebracht. Ohnehin war die E-Reichweite schwer zu messen. Ein bisschen zu viel Druck aufs Gaspedal – und schon war der Vierliter-V8-Biturbo präsent, um ins Fahrgeschehen einzugreifen. Die Freude daran war durchaus gegeben.
Die imposanten Fahrleistungen (bis zu 315 km/h in der Spitze) konnten wir auf nasser Fahrbahn und angesichts der Winterreifen nicht ausreizen. Dennoch ist der 2,4 Tonnen schwere PS-Koloss ein höchst agiler Reiseanbieter, der auch gut auf die Rennstrecke passen würde. Bei überzeugten Elektroauto-Freunden – wie dem Autor – fährt angesichts des V8-Beats das schlechte Gewissen als Beifahrer permanent mit. Im Gegensatz zum Taycan macht der Panamera bei dynamischer Temposteigerung einen Heidenlärm. Wenigstens ist dieser echt.
Und spätestens an der Tankstelle folgt dann auch die Quittung an der Kasse. Kein Wunder: Der Sprint von null auf 100 km/h dauert nur 3,2 Sekunden – und wollte ausgelebt werden. Und auch die eine oder andere Hochgeschwindigkeitspassage auf der (Corona-bedingt) freien Autobahn am Wochenende.
Beim Verbrauch gibt Porsche als Norm-Wert 2,7 Liter Super Plus auf 100 Kilometer sowie 21,8 kWh an. In der Praxis sind wir auf unserer Tour von Berlin in den Schwarzwald woanders gelandet. Gestartet waren wir mit voller Batterie. Nach knapp sieben Stunden, 770 Kilometern quer durch Deutschland und zwei Tankstopps standen 13,4 Liter im Bordcomputer. Das Durchschnittstempo von 116 km/h hatte Spuren hinterlassen. Etwas überrascht hat den Fahrer zwischenzeitlich die Aufforderung zum sofortigen Tanken. Reichweitenangst war eigentlich nicht Teil des Plans…
Die Rücktour aus dem Südschwarzwald über den Feldberg nach Berlin lief etwas gemächlicher ab: Nach knapp acht Stunden, 825 Kilometern und einem Tankstopp standen 12,9 Liter auf der Uhr. Mangels Ladestation war der Porsche bei Abfahrt auch nicht geladen. Das Laden wurde aber beim Rekuperieren vom Feldberg abwärts nachgeholt. Das Durchschnittstempo der Rücktour: Immerhin noch 110 km/h. Freie Fahrt auf der A71 durch den Thüringer Wald sowie später auf der A4 hat Freude am Fahren nicht ermangeln lassen.
Natürlich haben wir den Panamera Turbo S E-Hybrid an anderen Tagen im Pendelverkehr auch deutlich sparsamer bewegen können. An den Normverbrauch kommt man dennoch nie und nimmer heran. Das hat sich auch schon bei unserem Test des Cayenne Coupé e-Hybrid im vergangenen Jahr gezeigt, wo der 100-kW-E-Antrieb mit einem deutlich zivileren V6-Benziner kombiniert wird.
Die Schaltvorgänge waren insbesondere beim Beschleunigen kaum zu spüren. Deutlich wahrnehmbarer sind sie dagegen beim Verzögern, was ein etwas unharmonisches Bild hinterlassen hat. Aber hier sind überzeugte BEV-Fahrer vielleicht auch einfach zu verwöhnt – Verbrenner-Freunde werden das sportliche Runterschalten samt Drehzahl-Sprung wohl mögen.
Nicht gefallen hat später auf der volleren A9 der Spurhalteassistent. Dieser lässt den Panamera nach unserem Geschmack etwas zu weit links an der Markierung kleben. Aber gut, wer will einen Porsche schon automatisiert fahren lassen? Ansonsten lies der Wagen keine Wünsche offen. Die Aufzählung der Ausstattung sparen wir uns an dieser Stelle. Hier empfehlen wir einen Blick in den Konfigurator. Preislich geht es übrigens bei 190.335 Euro los. Unser Testwagen brachte es auf 220.429,90 Euro. Gefehlt hat an Komfort und Features jedenfalls nichts. In bester Erinnerung bleibt übrigens das Burmester-Soundsystem für schlappe 5.196 Euro. Es ist bei einer Reise mit dem Power-Plug-in-Panamera jeden Takt wert.
Ein vorläufiges Fazit fällt kurz aus: Letztlich muss die Porsche-Kundschaft selbst entscheiden, ob sie mit dieser Hybrid-Symbiose aus alter und neuer Autowelt auf Reisen geht – oder auf das wachsende Angebot der rein elektrischen Taycan-Derivate umsattelt. Eines ist beiden Gattungen gewiss: Ein Porsche bleibt ein Porsche. Und er will gefahren werden, am besten auf der Langstrecke.
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