Varta will 21700-Zelle in sechs Minuten laden können

Varta-Chef Herbert Schein hat in einem Interview nun das Gerücht bestätigt, dass das Unternehmen künftig auch für Elektroautos Batteriezellen produzieren will, und nähere Details hierzu verraten. Die Fertigung soll spätestens 2024 anlaufen. Für die Zellen selbst verspricht Varta enorme Leistungsdaten – und spezielle Einsatzzwecke.

Geplant ist demnach wie vorab durchgesickert zunächst eine Pilotlinie für Zellen im Format 21700 (2,1 cm Durchmesser, 7 cm lang). Dieses Zellformat setzt zum Beispiel Tesla beim Model 3 und Model Y ein – gefertigt unter anderem von Panasonic in der gemeinsam betriebenen Gigafactory 1 in Nevada.

Wie Schein in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ angibt, sollen seine 21700-Zelllen aber nicht unbedingt wie bei Tesla als alleinige Traktionsbatterie eingesetzt werden. „Wir treten mit unserer neuen 21700-Zelle nicht direkt in Wettbewerb zu den bestehenden reinen Energiezellen, wie sie etwa CATL und LG produzieren“, sagt Schein.

Der große Unterschied zu den bekannten „Energiezellen“, wie Schein sie bezeichnet: Die 21700-Zelle von Varta soll in sechs Minuten voll geladen werden können. „Diese Eigenschaft bietet noch keine andere Batterie in dieser Kategorie auf dem Markt“, so der Varta-Chef. „Im Automobilsektor sehen wir eine ganz große Chance für ein Segment, wo diese Power und Schnellladefähigkeit besonders dringend gebraucht wird. Und damit sind wir bei der Elektromobilität.“

Als möglichen Einsatzzweck nennt Schein zwar die Hochvoltbatterie für den Antrieb von E-Autos, ergänzt aber: „Idealerweise mit einem optimierten Reichweitenverlängerer oder mit einer optimierten Brennstoffzelle.“ Die Kombination mit der Brennstoffzelle sei insbesondere bei Lkw sinnvoll. Auch der Einsatz in 48 Volt-Hybridsystemen sei möglich. „Unsere Batterie könnte das Auto beschleunigen, um CO2 einzusparen, als sogenannter Booster“, so Schein.

Für BEV sei die Zelle vor allem für neue Fahrzeugkonzepte im Premium- und Sportfahrzeugsegment geeignet. „Der kleine Formfaktor bringt Vorteile bei der effizienten Ausnutzung des Raumes im Auto und sie bietet mehr Power, um das Auto zu beschleunigen“, sagt der Varta-Chef. „Und wenn man kleinere Batterien braucht, die auch schnell während der Fahrt nachgeladen werden können, wird das Auto leichter und braucht dadurch weniger Energie.“

Damit setzt Varta bei der 21700-Zelle auf einen ähnlichen Anwendungsfall wie das estnische Unternehmen Skeleton Technologies mit Deutschland-Standort in Großröhrsdorf. Das eigentlich auf Ultrakondensatoren spezialisierte Unternehmen Skeleton entwickelt hierfür zusammen mit dem KIT eine Graphenbatterie, die in nur 15 Sekunden geladen werden soll. Die Varta-Zelle dürfte sich bei ihren Eigenschaften zwischen der Graphenbatterie und herkömmlichen Lithium-Ionen-Zellen bewegen.

Varta spricht vor allem mit deutschen Autobauern

Auf die Frage, warum „Varta denn nicht gleich eine vollwertige Batterie fürs Elektroauto, also die reine Energiezelle“ baue, antwortet Schein: „In Märkte für Produkte einzusteigen, die heute schon da sind, war und ist nicht unsere Strategie.“ Varta sei „mit vielen Automobilherstellern im engen Kontakt, da gibt es aber Vertraulichkeitserklärungen“. Die hier ansässigen Autohersteller seien „die oberste Priorität“.

Aus den 300 Millionen Euro, die Varta im Rahmen des ersten Batterie-IPCEI vom Bundeswirtschaftsministerium erhalten hat, sind laut Schein „zwei Drittel, also 200 Millionen Euro“ in die Entwicklung der 21700-Zelle geflossen. Insgesamt habe Varta in den vergangenen Jahren etwa eine Milliarde Euro in die Lithium-Ionen-Technologie investiert.

Die Pilotlinie für die 21700-er Zelle in Ellwangen soll bis Ende des Jahres fertig sein. „Danach möchten wir in die Massenfertigung einsteigen. Die Größe der Produktion wird natürlich von den Kundenaufträgen abhängen. Wir planen, mit einer Produktion von mindestens zwischen 100 und 200 Millionen Batteriezellen pro Jahr spätestens im Jahr 2024 zu starten“, so der Varta-Chef.
wiwo.de

6 Kommentare

zu „Varta will 21700-Zelle in sechs Minuten laden können“
StromBert
19.03.2021 um 22:37
6 Minuten... ne. Brauch ich nicht... 10 Minuten sollten es schon sein.Solange braucht ich um Mails zu checken, FB zu kommentieren und an dem Rastplatz am auf Toilette zu gehen.
Bobby Gee
23.03.2021 um 07:32
Witziger Kommentar! Aber stimmt schon; da muss man ja - wie der Verbrenner-Fahrer - während des Tankens beim Auto stehen bleiben, dann das Auto umparken um auf's Kloo zu gehen. Da sieht man mal wie unkomfortabel die kurze Tank-Zeit bei Verbrennern ist. Einen realen Vorteil hätte die schnelle Ladezeit dann doch für die anderen E-Auto Fahrer: keine Staus an der Ladestation in der Ferienzeit.
Andreas
22.03.2021 um 07:52
Die versprechen aber viel! Wenn das so eine "Spielerei" für den Premiumbereich ist, dann frag ich mich, wer das braucht. Aber manches kommt später auch im Massenbereich an.
Wilhelm Kirchensteiner
22.03.2021 um 11:04
Ich sehe für diese Zellen auch einen interessanten Markt für autarke Home-Anwendungen mit Hybridwechselrichtern der 48 V Reihe. Ich arbeite seit vielen Jahren in der PV-Technik weltweit und wäre sehr an einer solchen Batterie für die 48 V Technik zur autarken PV-Stromversorgung interessiert.
Bobby Gee
23.03.2021 um 07:22
Da hat der CEO alle Schlagworte (inkl. Wasserstoff) reingepackt um sich bei allen Herstellern, die "elektrifizierte Fahrzeuge" anbieten, interessant zu machen. Alles (natürlich) noch wenig konkret, auch die Angabe der geplanten Fertigungskapazität in MWh/GWh wäre aussagekräftiger.
H. Dorsch
23.03.2021 um 10:30
Kann jeder Physiker errechnen: Pro Zelle sind 4 Ah denkbar, also bei 100 Mio Zellen sind das dann 3,7 x 400 m =1,48 GWh. Bei 200 Mio dann also knappe 3 GWh.

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