Fahrbericht: Opel Zafira-e Life auf der Langstrecke
Opel will bis Ende 2021 das gesamte Nutzfahrzeug-Portfolio elektrifiziert haben. Der Vivaro-e machte den Anfang. Der Zafira-e Life ergänzt die elektrische Pkw-Palette. Doch wie gut macht sich der Großraum-Van bei einer längeren Fahrt? Hier ist unser Fahrbericht.
* * *
Die erste Berührung mit einem Opel Zafira hatte ich in meiner Jugend vor gut 20 Jahren. Mit einem Zafira der ersten Generation – mit ihr wurde das damals entwickelte Sitzkonzept Flex7 mit Platz für bis zu sieben Personen eingeführt – ging es zu einem Handballspiel. Damals waren wir deutlich kleiner, dementsprechend reichten die zwei hintersten Sitzplätze gerade noch für uns aus. Nach gut 20 Jahren wurde die alte Form des Kompakt-Vans Zafira im Jahr 2019 durch ein neues Konzept abgelöst. Heute sind wir deutlich größer, was auch auf den Zafira zutrifft. Denn das Modell ist baugleich mit dem Peugeot Traveller, dem Citroën Spacetourer und dem Toyota ProAce Verso bzw. den jeweiligen Transporter-Versionen. Im letzten Jahr folgten die elektrischen Ableger der PSA-Modelle. Eines davon ist der Zafira-e Life.
Der Zafira-e Life und auch der Vivaro-e bauen auf der EMP2-Plattform (Efficient Modular Platform) des PSA-Konzerns auf. Zum Einsatz kommt bei den beiden Modellen die bereits u.a. aus dem Opel Corsa-e – der baut hingegen auf der Plattform e-CMP auf – bekannte E-Maschine mit einer Leistung von 100 kW und einem Drehmoment von 260 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h. Weitere Details – etwa zum Innenraum – haben wir bereits in unserem Bericht von der ersten Ausfahrt beschrieben. Hier soll es vor allem um den Einsatz auf der Langstrecke gehen.
Je nach Bedarf stehen ein Akku mit 50 kWh für eine Reichweite von bis zu 230 Kilometer oder ein Akku mit 75 kWh für eine Reichweite von bis zu 330 Kilometer nach WLTP zur Auswahl. Es gibt jedoch einen Haken: Beide Fahrzeuge werden zwar in drei Längen angeboten, jedoch kann die 75-kWh-Batterie in der kleinsten Länge nicht bestellt werden. Übrigens: Die Zellen werden von CATL geliefert, die Module jedoch inhouse montiert. Der kleine Akku besteht aus 18 Modulen mit insgesamt 216 Zellen, der größere Akku aus 27 Modulen mit insgesamt 324 Zellen.
Von Hamburg ins Ruhrgebiet und zurück
Meine Reise mit dem Opel Zafira-e Life führte mich von Hamburg ins Ruhrgebiet und wieder zurück. Insgesamt galt es rund 350 Kilometer pro Strecke mit einem 95-prozentigen Autobahnanteil bei Temperaturen von um die 0 Grad zu überwinden – durchaus eine Herausforderung für ein Fahrzeug dieser Art. Schon die erste Ausfahrt im vergangenen Sommer offenbarte, dass dieses Unterfangen mehr als einen Ladestopp erfordern würde – und das nicht nur, weil die WLTP-Reichweite mit der 75-kWh-Batterie mit 330 Kilometern etwas zu kurz für diese Fahrt ausfällt. Auch der Autobahnverbrauch ist bei der Aerodynamik des Vans höher.
„Einatmen. Ausatmen. Entspannen. Im Opel Zafira-e Life stellt sich nach dem Aufsitzen – Einsteigen wäre der falsche Begriff – das typische Busgefühl ein, das viele Menschen eigentlich mit dem Volkswagen Bulli verbinden“, so Christoph M. Schwarzer in seiner Analyse zum Opel Zafira-e Life. Und auch ich kann dieses Gefühl nachempfinden, welches mir durchaus zusagt. Nach dem Einstieg schweifen die Blicke über das Armaturenbrett, deren Bedienelemente, das Infotainment-Display und die Instrumententafeln. Schnell wird klar: Die Umstellung von den konventionellen zu den elektrischen Varianten dürfte nicht allzu schwerfallen. Das Cockpit wirkt aufgeräumt, die Anzahl der Knöpfe und Rädchen hält sich in Grenzen. Auch die Instrumententafeln sind – subjektiv betrachtet – gut aufgebaut. Den Zafira-e Life bezeichnet Opel als „Lounge auf Rädern“. Zur Wahl stehen Konfigurationen mit fünf, sechs, sieben, acht oder neun Sitzen. Wir waren mit der mittleren Größe, acht Sitzplätzen und dem großen Akku unterwegs. Und – so viel sei bereits verraten – der Zafira-e Life wird seinem Slogan gerecht. Denn das Fahrzeug bietet viel Platz, wirkt geräumig und nach beiden Touren stieg ich entspannt aus dem Fahrzeug.
Bevor die Reise jedoch losgehen kann, galt es das erste Zwischenziel, den ersten Ladestopp, einzugeben – eine Routenplanung mit Ladestopps fehlt dem Navigationssystem. Zum Glück gibt es hierfür mittlerweile zahlreiche Alternativen.
Mit einem SoC (State of Charge) von 90 Prozent, laut Anzeige der Ladesäule, vor Fahrtantritt – eine detaillierte Anzeige gibt es im Zafira-e nicht – und zurückgesetzten Bordcomputer, ging es auch schon los. Nach gut 170 Kilometern wurde das erste Zwischenziel, eine Ladesäule von EWE Go an einer McDonald’s- Filiale, in der Nähe von Cloppenburg an der A1 erreicht. Der Verbrauch lag für diesen Abschnitt bei 27,2 kWh/100 km. Mit einer maximalen Geschwindigkeit von 110 km/h auf der Autobahn lag der Durchschnitt bei 83 km/h. Der High Power Charger zeigte bei Ladebeginn einen SoC von 16 Prozent an. Bereits nach acht Minuten lag dieser bei 32 Prozent, die Ladeleistung bei 82 kW. Nach gut 37 Minuten, gut 43 geladenen kWh und einem SoC von 80 Prozent, konnte die Reise fortgeführt werden.
Nach weiteren 90 Kilometern – also 280 Kilometern auf der Uhr – sollten noch ein paar Kilowattstunden für die letzte Etappe in den Akku. Laut Bordcomputer lagen zu diesem Zeitpunkt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 85 km/h und der Verbrauch von 27,8 kWh/100 km. An der Raststätte Münsterland West wartete ein Efacec-Lader (Tank & Rast) auf uns.
Angeschlossen mit einem SoC von 30 Prozent, stieg die Ladeleistung innerhalb von einer Minute auf die von Opel versprochenen 100 kW. War beim ersten Ladestopp der Akku noch nicht entsprechend warm, konnte er jetzt wohltemperiert die volle Leistung empfangen. Bei 36 Prozent sank die Ladeleistung bereits auf 91 kW. Bei 42 Prozent jedoch wieder auf 98 kW und hielt dann bis etwa 52 Prozent sogar die 100 kW. Nach der Ladekurve von Fastned – in der Regel zeigen die Niederländer den idealen Verlauf auf – hätte die Ladeleistung hier jedoch schon bei rund 75 kW liegen müssen. Die bislang nachgeladenen Kilowattstunden hätten längst für den letzten Streckenabschnitt gereicht. Doch diesen Verlauf wollten wir nicht undokumentiert lassen. Mit einem State of Charge von 60 Prozent – die Ladeleistung lag zuletzt bei 72 kW – ging es weiter. Nach 347 Kilometern wurde endlich das Ziel im Ruhrgebiet erreicht. Der Bordcomputer zeigte nun einen Verbrauch von 28,2 kWh/100 km an.
Am Ziel angekommen, gab es keine Lademöglichkeit in unmittelbarer Nähe – was aber bereits im Vorfeld klar war. Vor Antritt der Rückreise am darauffolgenden Tag konnte so getestet werden, wie sich die Ladeleistung bei -1 Grad Außentemperatur und sehr kaltem Akku verhält. Nur wenige Kilometer entfernt wartete ein High Power Charger der EnBW an einer Shell-Tankstelle auf den Zafira-e. Gestartet wurde mit einem SoC von 25 Prozent und einer Ladeleistung von 62 kW. Bei 38 Prozent lag diese bei rund 67 kW und fiel bei 54 Prozent bereits auf 61 kW herab. Mit einem SoC von 72 Prozent konnten noch 53 kW verzeichnet werden, ehe die Ladeleistung bei 82 Prozent nur noch rund 28 kW betrug. Nach gut 53 Minuten beendete ich den Ladevorgang mit einem SoC von 90 Prozent.
Als erstes Zwischenziel auf dem Rückweg stand eine kurze Überprüfung des 75 Kilometer entfernten Efacec-Laders (Tank & Rast) an der Raststätte Münsterland Ost auf dem Programm. Der Ladevorgang konnte jedoch – trotz mehrerer Versuche – nicht gestartet werden. Eine Erfahrung, die ich an West und Ost knapp 1,5 Jahre zuvor mit dem Nissan Leaf machen musste. Aufgrund der Erfahrungen rechnete ich diesen Ladestopp jedoch nicht fest ein. Stattdessen wurde eine feste Ladepause nach gut 120 Kilometern seit Fahrtantritt eingeplant – ein E.On-Standort. Da der HPC zunächst von einem Kona belegt wurde, versuchte ich die Wartezeit am Triple Charger nebenan zu überbrücken. Doch ein Ladevorgang konnte nicht gestartet werden. Zu meinem Glück, konnte der Zafira-e nach gut zehn Minuten an den High Power Charger angeschlossen werden. Mit einem SoC von 36 Prozent ging es los. Bei etwa 40 Prozent lag die Ladeleistung bei rund 72 kW, bei 63 Prozent noch gut 68 kW und bei 70 Prozent noch 61 kW. Nach 27 Minuten wurde ein State of Charge von 80 Prozent erreicht. Genug, um die nächste Etappe zu fahren.
Mittlerweile zeigte der Bordcomputer 266 zurückgelegte Kilometer, einen Durchschnittsverbrauch von 28 kWh/100 km und eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 84 km/h an. Also ähnliche Werte wie bei der Hinfahrt mit gleichmäßiger Fahrweise ohne kurze Sprints auf der Autobahn. Als Ladestopp – auch hier eher zur Überprüfung – wurde ein HPC-Standort von Allego angefahren. Während einer der HPCs von einem BMW i3 belegt war, versuchte ich den Ladevorgang an dem anderen HPC zu starten. Erfolglos. Doch im gleichen Ort stand ein Alpitronic Hypercharger unter dem Label von EWE Go bereit. Angekommen, startete der Ladevorgang mit einer Ladeleistung von 80 kW bei einem SoC von 18 Prozent. Um die letzten knapp 100 Kilometer zurücklegen zu können, wurde der chemische Speicher des Zafira-e auf 74 Prozent aufgeladen. Erreicht wurde dieser SoC nach rund 31 Minuten.
Nach 360 Kilometern erreichte ich Hamburg. Der Verbrauchswert lag für diese Gesamtstrecke bei 28,6 kWh/100 km. Die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 83 km/h. Und der SoC? Der Lag am Ende der Fahrt bei gut 30 Prozent.
Fazit
Mit diesen Verbrauchswerten unter diesen Bedingungen ergibt sich übrigens bei einem vollen Akku eine rechnerische Reichweite von 210 bis 230 Kilometer. Mit ein paar Prozent SoC Puffer nach oben und unten dürften also rund 170 bis 200 Kilometer Reichweite nutzbar sein. Zugegeben, winterliche Temperaturen und die Autobahn sind sicher nicht der ideale Einsatz für so ein Fahrzeug, dennoch muss er das im Familien-Einsatz können. Zumal es noch schlimmer kommen könnte – Schnee auf der Straße, volle Beladung oder auch eine höher gestellte Heizung. Hier haben wir uns bei der Testfahrt etwas zurückgehalten, denn der Innenraum, der von dem elektrischen Heizer erwärmt werden muss, ist doch recht groß.
Dem PSA-Konzern – mittlerweile Stellantis – ist es gelungen, ein wichtiges Segment rein elektrisch bedienen zu können. Bislang war es vor allem der etwas kleinere Nissan e-NV200, der das Segment der Großraum-Vans bediente. Zwischenzeitlich folgte u.a. zwar der Mercedes-Benz eVito Tourer oder EQV, doch die Konkurrenz hat sonst fast kein Angebot. „Zeit für den PSA-Bus, Kunden zu gewinnen“, wie Schwarzer in seiner Analyse abschließend urteilt. Aber, auch das ist zu beachten, ganz preisgünstig ist der Zafira-e nicht. So startet die Basis mit kleinem Akku zu einem Listenpreis von 56.700 Euro, die Variante mit dem großen Akku bei 63.350 Euro. Ein guter Anfang ist mit dem Opel Zafira-e trotzdem gemacht.
22 Kommentare