ROLLEN-Projekt: E-Fahrzeuge als „virtuelle Stromtrasse“
Elektrofahrzeuge als rollende Energiespeicher zur Verteilung von überschüssiger Energie aus erneuerbaren Energieanlagen – das ist ein Anwendungsfall, den das vom BMWi geförderte Verbundprojekt ROLLEN aktuell untersucht. Die Projektbeteiligten wollen damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Ausgangspunkt des auf drei Jahre angelegten Projekts namens ROLLEN (Rollende Ladestationen liefern Entlastung fürs Netz) ist folgende Überlegung: Um überschüssige Energie aus erneuerbaren Quellen nutzen zu können, muss sie gespeichert oder verteilt werden. Warum also nicht Elektrofahrzeuge mit einer rückspeisefähigen Ladetechnik (V2G) ausstatten, sodass sie die überschüssige Energie zeitlich und räumlich variabel verteilen können? An dem bereits im September 2020 gestarteten Verbundprojekt beteiligen sich die Firmen Enasys (als Konsortialführer), Honda R&D und Ubitricity sowie die beiden Forschungseinrichtungen DLR-Institut für Vernetzte Energiesysteme und das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Das BMWi bezuschusst das Vorhaben mit rund 2,4 Millionen Euro.
Die Forschung dieses Quintetts vollzieht sich an der Schnittstelle von Energie- und Mobilitätssektor. Exakt mit diesem Themenbereich beschäftigte sich diese Woche auch unsere Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ mit dem Themenschwerpunkt „Elektromobilität im Energiesystem der Zukunft“. Herausforderungen der Erzeugung erneuerbarer Energien waren auch dort ein Thema, denn aktuell werden wegen temporärer Überkapazitäten beispielsweise Windräder schlicht angehalten. Einer der Sprecher auf der Konferenz, Dr. Hans Henning Thies von GP Joule Connect, schlägt deshalb dezentrale Elektrolyseure zur Umwandlung überschüssiger Energie in Wasserstoff vor.
Das Forschungsvorhaben ROLLEN denkt in eine verwandte Richtung, nur dass hier Fahrzeuge zur Zwischenspeicherung von überschüssiger Energie genutzt werden sollen. Dazu werden sie im Zuge des Projekts mit „induktiver, rückspeisefähiger Ladetechnik“ ausgestattet. Induktiv deshalb, weil sie in ihrer ersten Funktion im Stand induktiv mit dem lokalen Stromnetz gekoppelt werden und – sobald überschüssige Energie anfällt – als quasistationärer Energiespeicher dienen sollen. Das DLR betont, dass die induktive Energieübertragung eine hohe Anwenderfreundlichkeit und zusätzlich die zeitlich maximale Kopplung zwischen Fahrzeug und Energiequelle garantiere. Bei der anschließenden Fahrt wird die Energie dann zu einem anderen Ort transportiert und kann dort zeitlich variabel genutzt werden.
„Die Gesamtheit der teilnehmenden Fahrzeuge dient dabei als virtuelle Stromtrasse, indem die Energie in den Traktionsbatterien physisch von einem Ort zum anderen transportiert und dort zeitlich variabel zur Verfügung gestellt wird“, verbildlicht das Fraunhofer-Institut IFAM in einer uns per E-Mail vorliegenden Pressemitteilung den Ansatz. Die Fahrzeuge sollen sogar über ein automatisiertes Energieabrechnungssystem verfügen, um als „rollende Ladestation“ auch akkurat abrechnen zu können.
Als vielversprechender Anwendungsfall betrachten die Initiatoren insbesondere die Kombination aus Pendlerfahrzeugen und Energieerzeugungsanlagen, die aus der EEG-Förderung gefallenen sind. „Die Ein- und Ausspeisung der Energie wird auf lokale Netze beschränkt und dem Abnehmer direkt bei Bedarf zur Verfügung gestellt. Eine Durchleitung durch das öffentliche Netz wird demzufolge vermieden“, betont das Fraunhofer IFAM.
Das bis August 2023 laufende ROLLEN-Vorhaben basiert übrigens auf dem bereits abgeschlossenen Forschungsprojekt Drahtlos, das sich vor allem der bidirektionalen, induktiven Energieübertragung zwischen Elektroauto und der Stromversorgung des eigenen Hauses widmete. Die zeitliche Verschiebung der zur Verfügung stehenden Energie durch ein Elektroauto an einem festen Ort wurde auch schon bei „Drahtlos“ erforscht.
Quelle: Infos per E-Mail, dlr.de, enargus.de
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