Tesla kritisiert deutsches Genehmigungsrecht scharf
Weil die offizielle Genehmigung für die Fabrik in Grünheide immer noch aussteht, kritisiert Tesla in einem zehnseitigen Brandbrief die Hindernisse im deutschen Genehmigungsrecht. In dem Papier fordert das Unternehmen die Bundesrepublik auf, Energiewendeprojekten einen Genehmigungsvorrang einzuräumen.
Der an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gerichtete Brief, über den unter anderem der „Tagesspiegel“ berichtet und der auch öffentlich abrufbar ist, ist ein indirektes Unterstützungsschreiben für die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Bundesrepublik, mit der ein konkretes Regierungsprogramm zur Umsetzung des von Deutschland unterzeichneten Pariser Klimaschutzabkommens durchgesetzt werden soll.
Tesla steuert mit dem Bau seines Elektroauto-Werks in Grünheide dafür quasi die konkrete Praxiserfahrung bei. Nach der Ankündigung im November 2019, soll in diesem Juli dort die Fertigung beginnen, doch auf die endgültige umweltrechtliche Genehmigung warten die Kalifornier noch immer. Bisher fußen alle Baufortschritte in Grünheide allein auf vorläufigen Genehmigungen, die das Bundesimmissionsschutzgesetz ermöglicht. Sollte Tesla die endgültige umweltrechtliche Genehmigung verweigert werden, müssten die Kalifornier alles auf eigene Kosten zurückbauen.
Künftig sollen in Brandenburg 500.000 Elektroautos pro Jahr produziert werden. Geplant ist außerdem die Fertigung von Batteriezellen. Laut einem jüngst veröffentlichten Beitrag des „Handelsblatts“ will Tesla spätestens bis Juli dieses Jahres den Genehmigungsantrag für die Fertigung von Batteriezellen in Grünheide stellen. Demnach wird der Produktionsbeginn für die Zellen im Jahr 2022 angestrebt.
In diesem Gemengelage entlädt sich bei Tesla nun der Frust über die deutschen Genehmigungsbehörden. Mehrere Medien zitierten aus dem zehnseitigen und auf den 7. April datierten öffentlichen Brandbrief: „Tesla Brandenburg hat hautnah erfahren, dass Hindernisse im deutschen Genehmigungsrecht die notwendige industrielle Transformation und damit die Verkehrs- und Energiewende verlangsamen“, heißt es etwa in dem Papier. Im Kontrast zu den ambitionierten Klima-Zielen Deutschlands „stammen die deutschen Genehmigungs- und Planungsprozesse aus einer Zeit, in der diese Anliegen weniger dringlich schienen“.
„Das Ergebnis ist, dass der Genehmigungsprozess für ein im Ergebnis umweltfreundliches Projekt immer noch der gleiche ist wie für ein Kohlekraftwerk“, schreibt Tesla. Der Prozess dauere zu lange, „es ist sehr schwierig, Änderungen vorzunehmen, selbst wenn sie insgesamt positiv sind“ und „das Verfahren ist in jedem Schritt mit rechtlichen Risiken behaftetet“. Das schrecke notwendige Investitionen in saubere Energieprojekte und Infrastruktur ab und mache es für Deutschland praktisch unmöglich, seine Klimaziele zu erreichen. Tesla prangert mit Blick auf die Gigafactory 4 an, „dass es 16 Monate nach Beantragung noch immer keinen Zeitplan für die Erteilung einer endgültigen Genehmigung gibt.“ Dies sei „besonders irritierend“, da „die grundsätzliche Zulässigkeit des Vorhabens von mehreren Gerichten geprüft und bestätigt wurde und keine einzige gerichtliche Entscheidung die grundsätzliche Zulassung des Vorhabens in Frage gestellt hat.“
Absender des Schreibens ist die „Tesla Manufacturing Brandenburg SE“, also der für den Bau des hiesigen Werks gegründete Ableger des Autobauers. Gerichtet ist der Brief laut „Tagesspiegel“ an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg als „Amicus Curie Brief“, als indirektes Unterstützungsschreiben für die oben erwähnte Klage der Deutschen Umwelthilfe. Das geht aus folgender Passage des Papiers hervor: „Tesla Brandenburg kennt die Forderungen der DUH aus der Öffentlichkeit und ist der Ansicht, dass es im Interesse des Oberverwaltungsgerichtes und der Beteiligten dieses Verfahrens liegt, dass Tesla Brandenburg seine Erfahrungen mit deutschen Genehmigungsverfahren mitteilt.“
tagesspiegel.de, focus.de, spiegel.de, welt.de
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