Bundestag beschließt Schnellladegesetz
Der Entwurf der Bundesregierung für ein Schnellladegesetz wurde nun vom Bundestag beschlossen. Im nächsten Schritt wird sich nun der Bundesrat mit dem SchnellLG befassen – voraussichtlich in seiner Sitzung am 28. Mai.
Auf Basis des Gesetzes sollen in der Folge die 1.000 Schnelllade-Standorte – oft auch „Bundes-Ladeparks“ genannt – in mehreren Losen ausgeschrieben werden. Mit den Losen, die mehrere Standorte unterschiedlicher Attraktivität bündeln, soll ein Herauspicken der besten Lagen verhindern und so zum Ausbau in der Fläche beitragen. Auf die Lose können sich nicht nur einzelne Unternehmen, sondern auch Konsortien bewerben.
Nach der Lesung im Bundestag wurde das Gesetz mit dem Stimmen der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) sowie von den Grünen beschlossen. Die Abgeordneten der FDP und AfD stimmten dagegen, die Fraktion der Linken enthielt sich.
In der nun beschlossenen Fassung wird zudem präzisiert, nach welchen Kriterien die Flächendeckung ermittelt werden soll. Alle „Fahrzeugführer eines rein stromgetriebenen Fahrzeugs“ sollen bundesweit alle Strecken „ohne erhebliche Umwege“ zurücklegen können. In der Begründung zu der Änderung werden auch einige Zahlen genannt. In maximal zehn Minuten muss ein entsprechend leistungsfähiger Schnellladepunkt erreicht werden können. Für den Fernverkehr bedeutet das, dass alle 15 bis 30 Kilometer ein Schnellladestandort entstehen soll. Die Wartezeit zum Start des Ladevorgangs soll maximal fünf Minuten dauern, in Stoßzeiten in den Ferienmonaten sollen auch 15 Minuten Wartezeit zulässig sein.
An einem Grundsatz des SchnellLG wurde dabei aber nicht gerüttelt: Der flächendeckende Ausbau der Schnellladeinfrastruktur erfordere eine zum Teil „vorausschauende Überdimensionierung“, um den Umstieg auf ein Elektroauto attraktiver zu machen. Der Ausbau stelle „eine öffentliche Aufgabe dar, die von privaten Betreibern ausgeführt werden soll“, so der Bundestag.
Eine Änderung gibt es auch bei der Anzahl der Lose: Während die zum Bundesverkehrsministerium (BMVI) gehörende Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur bisher einen Rahmen von „10 bis 15 Losen“ angepeilt hatte – also grob gesagt zwischen 66 und 100 Standorten je Los – sind laut der beschlossenen Fassung „mindestens 18 regionale Lose“ auszuschreiben, darunter auch kleinere Bereiche mit rund 20 Standorten. Damit sollen sich auch kleinere oder nur regional tätige Betreiber auf ein Los bewerben können, für die ein Los mit 100 Standorten ohne Konsortium wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen wäre.
1,9 Milliarden Euro bis Ende 2023
In einem weiteren Punkt hat sich der Bundesrat, der bereits Ende März Änderungen an dem Kabinettsentwurf gefordert hatte, durchgesetzt: Die bisher laxe Berichterstattungspflicht wird verschärft. Laut der von der Regierung im Februar beschlossenen Fassung sollte das BMVI ab dem 1. Juli 2025 alle fünf Jahre einen Bericht über den Betrieb, die Ausstattung, den Bedarf und die Hemmnisse vorlegen. Der Bundestag hat nun beschlossen, dass das Ministerium alle ab 2024 zwei Jahre einen Bericht vorlegen muss.
Laut dem Gesetz sollen bis Ende 2023 rund 1,9 Milliarden Euro an Fördermitteln für den Ausbau der 1.000 „Bundes-Ladeparks“ bereitgestellt werden. Geblieben ist das seitens der Ladepunktbetreiber kritisierte Prinzip, dass die Bewerbung mit der geringsten Forderung nach Subventionen den Zuschlag erhalte. Einige von electrive.net im Vorfeld befragte Branchenvertreter hatten die Befürchtung geäußert, dass die niedriger angesetzte Fördersumme am Ende auf den Ladepreis für den Endkunden aufgeschlagen werde. Sie hätten daher eine feste Förderquote bevorzugt – den Ausschlag für die Vergabe hätte dann die Qualität der Angebots aus der Bewerbung geben sollen.
Die Reaktionen auf die beschlossene Fassung des „Gesetzes zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge“ fallen gemischt aus. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gibt sich zufrieden. „Mit dem Schnellladegesetz haben wir jetzt die gesetzliche Grundlage geschaffen, um die europaweite Ausschreibung und somit den Bau der neuen Standorte zu starten“, sagt Scheuer. „Nur mit einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur können wir die Menschen für den Umstieg auf klimafreundliche E-Autos begeistern.“
Johannes Pallasch, Sprecher des Leitungsteams der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur, sieht in dem Beschluss sogar einen „historischen Schritt“. „Die Fahrerinnen und Fahrer von Elektroautos müssen sicher sein, auch auf längeren Strecken schnell ihren Akku ausreichend laden zu können, egal wo in Deutschland sie unterwegs sind“, so Pallasch. „Die Ausschreibung des Schnellladenetzes wird diesen Schritt dann zügig in mehrere tausend Schnellladepunkte an den vorgesehenen Standorten umsetzen.“
„Das Nadelöhr Genehmigungsprozesse bleibt“
Auch der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller VDIK sieht in dem geplanten Schnellladenetz einen „besonders wichtigen Baustein“, um den Einsatzbereich von Elektroautos weiter zu erhöhen. „Auch längere Fahrten werden künftig problemlos möglich sein, Reichweitenangst muss nicht mehr aufkommen“, sagt VDIK-Präsident Reinhard Zirpel. Er warnt aber auch vor weiteren Verzögerungen: „Jetzt sollte der Aufbau möglichst schnell beginnen.“
Etwas kritischer äußert sich der Energie-Verband BDEW. Zwar sie die beschlossene Fassung im Vergleich zum ersten Entwurf „an zahlreichen Stellen deutlich verbessert“. „Mehr Tempo beim Ausbau der Schnellladeinfrastruktur hätte die Regierung mit der Bereitstellung von Flächen erzielen können“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Das Nadelöhr Genehmigungsprozesse bleibt damit leider erhalten. Zudem fehlt eine klare Definition von Flächenabdeckung und Wirtschaftlichkeitslücke.“ Sie mahnt zudem an, dass mit den nun folgenden, aber noch nicht im Detail bekannten Ausschreibungen „keine zusätzlichen Anforderungen durch die Hintertür aufgeladen werden“ dürfen.
Neben solchen Forderungen äußert der BDEW auch noch Grundsatz-Kritik, da man in dem Gesetz einen Eingriff in das Marktgeschehen sieht. Die Ausgestaltung der Ausschreibungen erfordere „höchste Sensibilität“, damit der privatwirtschaftliche Ausbau wird nicht durch die Förderung ausgebremst werde. „Wir vermissen hier ein deutliches Bekenntnis der Bundesregierung zum wettbewerblichen, privatwirtschaftlichen Ausbau der Schnellladeinfrastruktur“, so Andreae.
heise.de, handelsblatt.com, bundestag.de, now-gmbh.de, vdik.de
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