Citroën ë-Jumpy: Unterwegs im elektrischen Arbeitstier
Bis vor wenigen Jahren hatte der Diesel unter den Transportern noch eine Monopolstellung. Eine E-Variante gehört bei der Präsentation eines neuen Modells mittlerweile jedoch fast schon zur Pflicht. Eines dieser Modelle ist der Citroën ë-Jumpy. Hier ist unser Fahrbericht:
* * *
Keine Frage, der Selbstzünder wird noch einige Zeit Marktführer im Transporter-Segment bleiben. Doch der Trend zum elektrischen Antrieb ist nicht mehr aufzuhalten. Denn mit Förderungen und passenden Szenarien sind E-Transporter schon jetzt wirtschaftlich zu betreiben.
Lange Zeit gab es in dieser Klasse nur den Nissan e-NV200 (der jedoch etwas kleiner ist). Dann kam u.a. der eVito hinzu. Die Auswahl an elektrischen Transportern von großen OEMs in dieser Klasse war sehr begrenzt. Mittlerweile gehört bei der Vorstellung einer neuen Transporter-Generation eine elektrische Version jedoch fast schon zur Pflicht. So verwunderte es nur wenig, als Opel im vergangenen Jahr den Vivaro-e, Peugeot den e-Expert und Citroën den ë-Jumpy vorstellte. Letzteren konnten wir nun ausführlich testen.
Optisch unterscheidet sich der ë-Jumpy von den Verbrenner-Modellen nur durch den Ladeanschluss über dem linken Vorderrad und die Abdeckung des Kühlergrills. Es ist bei der elektrischen Variante alles an dem Ort, wo man es vermutet. Die Nähe zum Verbrenner ist nicht von der Hand zu weisen – was positiv gemeint ist. Während man sich bei der Pkw-Variante ë-Spacetourer sicherlich ein moderneres Cockpit gewünscht hätte, ist dies beim Transporter eher als „unnötig“ zu bezeichnen. Denn bei einem so preissensiblen Segment sind Kostentreiber zu vermeiden. Weshalb der ë-Jumpy dann jedoch über einen nicht nutzbaren Rückspiegel verfügt, bleibt ein Rätsel. Denn dank Trennwand ist die Sicht nach hinten versperrt.
Der Blick auf die technischen Daten überrascht wenig – sind diese bereits aus zahlreichen anderen Stellantis-Modellen bekannt. So leistet der E-Motor maximal 100 kW und 260 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 130 km/h. Anders als bei den e-CMP-Modellen – der ë-Jumpy basiert auf der EMP2 – ist der Transporter aber mit zwei Akku-Varianten erhältlich: Neben dem 50-kWh-Speicher, der bei den Transportern für bis zu 218 Kilometer taugt, gibt es auch einen größeren Akku mit 75 kWh, der bis zu 318 Kilometer ermöglichen soll. Die WLTP-Verbrauchswerte gibt Citroën mit 24,9 bis 27 kWh/100 km an. Für unseren Test stand die Variante mit dem größeren Akku zur Verfügung.
Ist der chemische Speicher leer, so kann dieser an einer AC-Lademöglichkeit mit bis zu 11 kW (dreiphasig) geladen werden. Der kleinere Akku benötigt für einen Ladevorgang rund 4:45 Stunden und der größere Akku ca. 7 Stunden. Schneller geht es an einer DC-Ladesäule. Der 50-kWh-Akku benötigt rund 32 Minuten auf 80 Prozent, der 75-kWh-Akku rund 48 Minuten. Die Ladekurve ist hinlänglich bekannt. Während der Testphase konnte diese immer wieder auch nachvollzogen werden. Hervorzuheben ist vor allem der Ladeport über dem linken Vorderrad, denn am Heck wäre der Ladeport beim Beladen des Fahrzeugs im Weg und auch kurz hinter der Fahrertür wäre das Kabel sicherlich eine Stolperfalle.
Bereits im vergangenen Jahr konnten wir mit dem Schwestermodell Vivaro-e erste Eindrücke von Verbrauchswerten – unter nahezu idealen Bedingungen – sammeln. Unter nicht mehr ganz so optimalen Bedingungen (8-13 Grad, teils sonnig, teils regnerisch) wurden mit dem ë-Jumpy mit einem Mix aus Stadt und Landstraße diverse Strecken abgefahren. Am Ende kamen bei Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 35 und 40 km/h Verbrauchswerte von 21 bis 23 kWh/100 km (laut Bordcomputer) heraus. Es ist jedoch auch möglich, das Fahrzeug unter besseren Bedingungen auf unter 20 kWh/100 km zu bekommen.
Doch auch eine längere Tour stand auf der Tagesordnung. Von Hamburg über Nienburg ging es zunächst bis nach Schwalmstadt. Nach 481 zurückgelegten Kilometern zeigte der Bordcomputer eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 77 km/h – Staus gab es keine, dafür einige Baustellen – und ein Verbrauch von 23,3 kWh/100 km.
Eine letzte Route führte von Schwalmstadt nach Weiterstadt. Nach 212 Kilometern standen 61 km/h im Schnitt und 24,8 kWh/100 km auf der Uhr. Je nach Rahmenbedingungen muss aber auch mit Verbrauchswerten von 24 bis 26 oder gar 27 kWh/100 km gerechnet werden – bei reinen Autobahnfahrten.
Die Autobahnabschnitte wurden mit 110 km/h (wo möglich) gefahren. Schneller macht mit Blick auf Batteriekapazität, Verbrauch und Ladeleistungen keinen Sinn. Solche Touren dürften mit E-Transportern ohnehin eher selten sein. Sie gaben aber immerhin einen Eindruck, was mit dem ë-Jumpy möglich ist und was nicht. Wer dennoch überwiegend auf der Autobahn unterwegs sein sollte, der kann von einer gesicherten Reichweite mit dem großen Akku (Sommer als auch Winter) von 200 bis 230 Kilometer ausgehen. Im urbanen Umfeld können auch rund 300 Kilometer möglich sein.
Neben dem Antrieb und der Reichweite sind natürlich auch die Eigenschaften als Transporter wichtig. Die Nutzlast liegt bei bis zu 1.275 Kilogramm. Darüber hinaus bietet der ë-Jumpy eine Anhängelast von 1.000 kg (gebremst). Zwar weniger als bei den Verbrenner-Modellen, aber immerhin überhaupt die Möglichkeit.
Wie auch die Diesel-Varianten, ist der ë-Jumpy in drei Längen erhältlich (4,60 Meter, 4,95 Meter und 5,30 Meter). Je nach Karosserieversion umfasst der Laderaum zwischen 4,6 Kubikmetern in der XS-Version und bis zu 6,6 Kubikmeter beim ë-Jumpy XL. Allerdings werden nur die beiden größeren Versionen M und XL mit dem 75-kWh-Akku verfügbar sein, die XS-Version ist nur mit dem 50-kWh-Akku erhältlich.
Dank einer Ladebreite von 1,25 Metern können Europaletten verstaut werden und gleichzeitig kann sich der elektrische Transporter mit einer Höhe von 1,90 Meter auch in Tiefgaragen fortbewegen. Wie schon beim aktuellen Jumpy bietet auch der ë-Jumpy die sogenannte „Moduwork“-Durchreiche: Durch eine verschließbare Öffnung in der Trennwand zwischen Lade- und Fahrgastraum können bis zu vier Meter lange Gegenstände geladen werden. Dazu muss aber der äußere Beifahrersitz hochgeklappt werden, womit nur noch zwei statt drei Personen Platz haben.
Zudem verfügt der ë-Jumpy über eine Anbindung an die „MyCitroën“-App, über die der Kunde eigentlich den Ladezustand der Batterie und die Reichweite abfragen, die Innenraumtemperatur vor Fahrtantritt sowie zeitlich versetzte Ladezeiten programmieren kann. Eigentlich, denn den vollen Funktionsumfang konnte die App im Test nicht ausspielen. Ohnehin stellt sich jedoch die Frage, wie oft diese im Praxiseinsatz wirklich genutzt wird.
Wichtiger könnten da die Dienste von Free2Move sein. So bietet Free2Move mit „Connect Fleet“ eine Online-Plattform für das Fuhrparkmanagement. Darin befinden sich Services wie Berichte über gefahrene Kilometer und Nutzungsdauer, Analyse des Fahrverhaltens jedes Fahrers (riskantes Beschleunigen, Bremsen, Fahren in Kurven …), personalisierte Fahrempfehlungen, Geolokalisierung sämtlicher Fahrzeuge im Fuhrpark, Nachverfolgung der zurückgelegten Routen oder auch die Routenoptimierung und Reduzierung „unnötiger“ Fahrten. Ein weiterer Service ist „Fleet Sharing“. Dabei handelt es sich um eine digitale Carsharing-Lösung. Damit können die Fahrzeuge u.a. an Mitarbeiter vermietet werden, um so beispielsweise diese am Wochenende zur Verfügung zu stellen.
Förderungen und Sonderabschreibung können Einsatz wirtschaftlich gestalten
Der Citroën ë-Jumpy wird in vier Versionen angeboten. Mit der Länge XS (L1H1) startet der E-Transporter in der Ausstattung „Control“ bei 34.690 Euro (netto). Die Länge M (L2H1) als „Control“ ist ab 35.250 Euro mit dem kleinen Akku und ab 40.250 Euro mit dem großen Akku erhältlich – jeweils netto. Die größte Variante beginnt bei 36.330 Euro bzw. 40.880 Euro. Es empfiehlt sich jedoch – egal für welche Länge sich entschieden wird – mindestens die Ausstattung „Club“ zu wählen. Denn diese bietet zusätzlich eine Doppelfahrersitzbank und vor allem eine akustische Einparkhilfe hinten.
Im ersten Moment liegen die Basis-Listenpreise für die elektrischen Version des Jumpy über denen der konventionellen Varianten. Doch unter Einberechnung der Bundesförderung (Umweltbonus + Innovationsprämie) kann der Kaufpreis nahezu auf das Niveau der Diesel-Pendants sinken. Zudem gibt es für rein elektrische Liefer- oder andere Nutzfahrzeuge eine Sonderabschreibung von 50 Prozent im Jahr der Anschaffung – zusätzlich zur regulären Abschreibung. Die Regelung gilt seit 2020 und ist bis Ende 2030 befristet. Zudem können die Gesamtkosten des Betriebs (Total Cost of Ownership) unter denen der Verbrenner-Varianten liegen. Und: Die Einführung von immer mehr – und immer strengeren – Umweltzonen für Fahrzeuge mit extrem niedrigen Emissionen (ULEZ) in vielen europäischen Städten stärkt mehr und mehr den Business Case für E-Transporter.
3 Kommentare