Stellantis investiert 30 Milliarden Euro in Elektromobilität
Stellantis hat seine neue Elektro-Strategie vorgestellt. Der Mehrmarken-Konzern will bis 2030 70 Prozent seines Absatzes in Europa und 40 Prozent in den USA mit „Low Emission Vehicles“ erzielen. Ein Schritt auf diesem Weg: Opel wird bis 2028 in Europa zur Elektro-Marke.
Bis 2025 will der Konzern mehr als 30 Milliarden Euro in die Elektrifizierung und Software investieren, wie CEO Carlos Tavares beim „Stellantis EV Day“ ankündigte. Man wolle dabei „weiterhin Vorreiter bei der Effizienz von Automobilen sein“, so Tavares, und auf eine um 30 Prozent bessere Investitionseffizienz als der Branchendurchschnitt kommen.
Mit diesem Geld soll die Elektrifizierung der 14 Konzernmarken vorangetrieben werden – 98 Prozent der Modelle in Europa und Nordamerika sollen elektrifiziert werden. Das soll mit vier reinen E-Plattformen erreicht werden. Laut Tavares soll selbst die Plattform für die kleinsten Fahrzeuge Reichweiten von 500 Kilometern erzielen können, bei größeren Fahrzeugen sollen bis zu 800 Kilometer möglich sein. „Damit werden wir in den meisten Segmenten die Reichweiten-Anforderungen der Kunden bedienen können – ohne, dass sie die Art und Weise, wie sie ihr Fahrzeug nutzen, ändern müssen“, so Tavares.
Den Batterie-Bedarf für diese E-Offensive beziffert der Portugiese auf 260 GWh im Jahr 2030 – später mehr dazu. Gedeckt werden soll das über fünf Gigafactories und Lieferverträge. Nach den Batteriefabriken von ACC in Frankreich und Kaiserslautern, die Tavares noch als PSA-Chef angestoßen hatte, konnte er nun bei dem EV Day die Fabrik Nummer 3 bestätigen: „Wir haben eine Vereinbarung mit der italienischen Regierung geschlossen, unser Motorenwerk in Termoli zur Batteriefabrik weiterzuentwickeln“, so der Stellantis-CEO. Details hierzu nannte er aber noch nicht.
Eine wichtige Kennziffer nannte der als Zahlen-Freak bekannte Tavares noch: Ab 2026 will er mit dem Business-Modell für die Elektroautos zweistellige operative Margen erzielen.
Die E-Offensive hat natürlich auch Folgen für die Marken und deren Fahrzeugangebot. Wie Opel-Chef Michael Lohscheller in einem Video-Einspieler ankündigte, soll Opel in Europa bis 2028 zur reinen Elektromarke werden. Bereits 2024 soll jedes Opel-Modell elektrifiziert sein. Bis „Mitte des Jahrzehnts“ soll mit dem Manta-e ein besonders emotionales E-Modell auf den Markt kommen – es hatte sich nach den Reaktionen auf den Manta GSe ElektroMOD abgezeichnet. Und: Opel will auch in den chinesischen Markt einsteigen – und das ausschließlich mit Elektromodellen.
Auch Fiat wird zur E-Marke – irgendwann zwischen 2025 und 2030. „Sobald wir E-Autos zu den Kosten eines Verbrenners anbieten können, werden wir rein elektrisch“, sagt Fiat-Markenchef Olivier Francois. Für Abarth soll dieser Schritt bereits 2024 erfolgen – als sportlicher Ableger ist Abarth nicht so stark auf erschwingliche Preise angewiesen wie Fiat.
Vier Plattformen, drei Antriebe, zwei Zellchemien
In den USA will die Performance-Marke Dodge 2024 ihr erstes elektrisches Muscle Car auf den Markt bringen, Ram wird 2024 eine Elektro-Version des 1500 verkaufen. Jeep will bis 2024 in allen SUV-Segmenten Plug-in-Hybride anbieten, der Wrangler 4xe ist für dieses Jahr bereits ausverkauft. Der Jeep Wagoneer soll als rein elektrisches Premium-SUV vor allem für den US-Markt ausgerichtet werden.
Um die Bandbreite zwischen bezahlbaren Kleinwagen, Familienautos, Sportwagen und großen Pickups abdecken zu können, sind die vier Plattformen gedacht: STLA Small, STLA Medium, STLA Large und STLA Frame. „Die Plattformen sind um das Batterie-Pack herum konzipiert. So erreichen wir die beste Effizienz“, sagt der zuständige Manager Patrice Lucas. „Jede Plattform ist für bestimmte Fahrzeug-Längen und -Breiten ausgelegt.“ Um die Kosten zu senken, werden wichtige Bauteile in allen Plattformen geteilt. Jede der Plattformen soll auf bis zu zwei Millionen Einheiten pro Jahr skaliert werden – um so die Kostenvorteile zu realisieren.
Konkret gibt Lucas als Beispiel für die Plattform Large an, dass diese für Fahrzeuge zwischen 4,70 und 5,40 Metern Länge gedacht sei, sie können zwischen 1,90 und 2,03 Meter breit werden – also eine Business-Limousine, ein Dodge-Muscle-Car oder auch ein Familien-SUV. Acht Modelle auf Basis dieser Plattform sind bereits in der Entwicklung, sie sollen in drei bis fünf Jahren auf den Markt kommen.
Festkörperbatterie soll 2026 debütieren
Die STLA Small ist dabei für Batteriegrößen zwischen 37 und 82 kWh gedacht – letzteres soll für die erwähnten 500 Kilometer reichen. Bei den anderen Plattformen ist die Spanne etwas geringer: STLA Medium ist für 87 bis 104 kWh ausgelegt, STLA Large für 101 bis 118 kWh. Deutlich größer sind die Batterien bei STLA Frame, der Leiterrahmen-Plattform für die großen Pickups. Da die Reichweite auch bei schwerer Beladung ausreichend bleiben soll, sind hier Batterien zwischen 159 und 200 kWh geplant.
Bei den Batterien setzt Stellantis konzernweit auf zwei Zellchemien: Die günstigere Version soll ohne Nickel und Kobalt auskommen, wird aber wohl keine LFP-Chemie sein. Als Materialien gibt Stellantis neben Lithium Eisen und Mangan an. Diese sollen auf Zellebene auf eine Energiedichte von 400 bis 500 Wh/l kommen und mit dem Cell-to-Pack-Ansatz in die Fahrzeuge integriert werden – sie kommen also ohne Module aus.
Die zweite Zellchemie ist Nickel-basiert, mit einer Nickel-Mangan-Kathode. Auf Zellebene sind 600 bis 700 Wh/l als Ziel ausgegeben, hier sollen aber zunächst noch Module zum Einsatz kommen. Erst für 2026 ist hier der Schritt zu Cell-to-Pack angekündigt. Ebenfalls für 2026 peilt Stellantis den ersten Einsatz einer Feststoffbatterie in den Fahrzeugen an. Details hierzu nannte der Konzern bei dem EV Day aber nicht – man gab nur an, dass man bei der Fertigung dieser Batterien auf bestehende Produktionsanlagen setzen werde.
Batterie-Verträge für die USA kurz vor Unterschrift
Von den Batterien erhofft sich Stellantis entscheidende Kostenvorteile. Die kobaltfreie Version soll 20 Prozent günstiger sein als die Nickel-basierte Zelle. Insgesamt sollen die Batterien auf Modul- und Pack-Level bis 2024 um 40 Prozent günstiger werden als noch 2020.
Für 2025 geht Stellantis von einem weltweiten Bedarf von 130 GWh für den Konzern aus, davon 80 GWh in Europa. Neben den Gigafactories von ACC (dem Joint Venture gemeinsam mit der Total-Tochter Saft) sollen die Zellen von CATL, BYD, SVOLT, Samsung und LG Energy Solution bezogen werden – bevorzugt aus deren europäischen Werken. Die 50 GWh für die USA sollen von Partnern bezogen werden, Namen werden noch nicht genannt – die finalen Verhandlungen laufen angeblich noch.
Im Jahr 2030 soll der Bedarf bei den erwähnten 260 GWh liegen, davon über 170 GWh in Europa. Die Hälfte davon – also 85 GWh – soll dabei von ACC gedeckt werden. Entweder muss ACC die Fabriken in Douvrai, Kaiserslautern und Termoli ausbauen oder weitere Gigafactories errichten.
Lithium aus Geothermie-Sole
Als kritischen Rohstoff für den Batteriebedarf hat Stellantis übrigens nicht Nickel oder Kobalt (das ohnehin bald ersetzt werden soll) ausgemacht, sondern Lithium. Um die Versorgung mit nachhaltigem Lithium sicherzustellen, habe man zwei Absichtserklärungen mit Partnern unterschrieben, so Stellantis – eine in Europa und eine in Nordamerika. Dabei geht es um die Lithium-Gewinnung aus Geothermie-Sole. Zudem soll eine Kreislaufwirtschaft aufgebaut werden, um recyceltes Lithium in neuen Batterien zu verwenden.
Bei den Antrieben für die vier Fahrzeug-Plattformen setzt der Konzern auf eine neue Familie an Elektromotoren. Der Baukasten umfasst drei Antriebseinheiten, EDM1, EDM2 und EDM3 genannt. Das EDM1 (Electric Drive Module) ist für die STLA Small ausgelegt und leistet 70 kW. Dieser Motor dürfte also eher in den preiswerten Kleinwagen zum Einsatz kommen.
Das EDM2 deckt das Spektrum von 125 bis 180 kW ab. Mit dieser größeren Bandbreite sind Motoren dieser Bauart für die Plattformen Small, Medium und Large gedacht. Das EDM3 bietet je Motor zwischen 150 und 330 kW. Als einzige der drei Einheiten soll es von dem EDM3 auch eine 800-Volt-Version geben – EDM1 und EDM2 sind reine 400-Volt-Einheiten. Eingebaut werden soll der EDM3 in den STLA Medium und Large sowie der Frame-Plattform für die großen Pickups. Die EDM sollen jeweils für Front-, Heck- oder Allradantriebe verwendet werden können – und auch als Elektromotor in Plug-in-Hybriden.
„Klassenführende“ Effizienz und Schnellladefähigkeit
Gekoppelt werden die Antriebe mit einem einheitlichen Inverter. Je nach Systemspannung und Kostenprofil sollen hier wahlweise Halbleiter aus Silizium oder Siliziumkarbid verbaut werden. Der Inverter ist auf bis zu 350 kW ausgelegt (Allrad-Modelle verfügen über zwei Inverter) und kann Stromstärken zwischen 350 und 750 Ampere verarbeiten.
Mit diesen Antrieben soll eine klassenführende Effizienz erreicht werden – Stellantis stellt Verbräuche von bis zu 12,0 kWh/100km in Aussicht. Bei der ebenfalls „klassenführenden Schnellladeleistung“ nennt Stellantis keine kW-Angaben, sondern gibt an, dass bis zu 32 Kilometer pro Minute nachgeladen werden können – nachgeladene Reichweite hängt aber immer vom Verbrauch des Fahrzeugs ab und ist daher weniger allgemeingültig als die Ladeleistung in Kilowatt.
„Der Kunde steht immer im Mittelpunkt von Stellantis und unser Engagement mit diesem über 30 Milliarden Euro umfassenden Investitionsplan besteht darin, ikonische Fahrzeuge anzubieten, die Leistung, Leistungsfähigkeit, Stil, Komfort und elektrische Reichweite aufweisen, die sich nahtlos in ihr tägliches Leben einfügen“, sagt Tavares. „Die Strategie, die wir heute vorgestellt haben, konzentriert sich auf die richtige Menge an Investitionen in die richtige Technologie, um den Markt zur richtigen Zeit zu erreichen, um sicherzustellen, dass Stellantis die Bewegungsfreiheit auf die effizienteste, kostengünstigste und nachhaltigste Weise fördert.“
Quelle: Webcast des EV Day, stellantis.com
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