XBUS: Modulares E-Leichtfahrzeug aus dem hohen Norden
ElectricBrands aus Itzehoe hat den Prototyp des XBUS (ehemals eBussy) präsentiert, der ab 2022 als Serienmodell vom Band laufen soll. Bei der Firma handelt es sich um die Nachfolgergesellschaft der emobs GmbH. Der XBUS soll mit seinen modularen Aufbauten und Wechselakkus in der Elektro-Leichtfahrzeugklasse L7e punkten. Als Zielgruppe hat das Unternehmen Gewerbe und Private gleichermaßen im Blick.
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Der XBUS soll wie der Name nahelegt als kleiner Bus angeboten werden. Daneben wird er aber auch als Kastenwagen, Transporter mit Kofferaufbau, Pritschenwagen, Pickup, Camper oder Cabrio erhältlich sein. Zwei Fahrgestelle – Offroad und City – sollen acht verschiedene Aufbauten tragen können. Sämtliche Antriebstechnik ist unterdessen in der 3,65 Meter langen Plattform untergebracht. Die Aufbauten sollen so einfach getauscht werden können – nach dem „Lego-Prinzip“, wie es auf der Website heißt.
Die ElectricBrands AG wurde 2020 in Hessen gegründet, ehe der Unternehmenssitz im Mai 2021 an den zukünftigen Produktionsstandort nach Itzehoe verlegt wurde. Die Firma ist Nachfolger der emobs GmbH aus Münster, die an dem XBUS unter dem Namen eBussy bereits seit 2018 gearbeitet hatte. Während nun das Tuch vom ersten Prototyp des XBUS gezogen wird, soll die Produktion des Serienmodells Mitte 2022 folgen.
Um in der Leichtklasse L7e mitfahren zu dürfen, darf der XBUS gewisse Werte nicht überschreiten. An diesen Limits orientiert sich somit das Datenblatt des wandelbaren Leichtgewichts: Es verfügt über eine Leermasse von weniger als 600 Kilogramm, kann bis zu drei Personen befördern, kommt auf eine Dauerleistung von nicht mehr als 15 kW (bei einer Spitzenleistung von 56 kW) und eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Konkret arbeitet der XBUS mit vier Radmotoren von Schaeffler, die auf 48-Volt-Technologie basieren. Das Drehmoment beziffert der Hersteller auf gut 1.000 Nm.
Die Batterie ist modular in Paketen zu je 1,25 kWh aufgebaut, so sollen je nach Anwendung zwischen 10 und 30 kWh in das Fahrgestell eingebaut werden können. Es handele sich um „kobaltfreie Lithium-Ionen-Batterien aus deutscher Produktion“, heißt es. Das dürfte auf Batterien mit Lithium-Eisenphosphat-Chemie hindeuten. Die Reichweite soll je nach Gewicht und Aufbau zwischen 100 und 600 Kilometern liegen. Dabei sollen auch Solarzellen am Fahrzeug helfen, die laut dem Unternehmen bei sonnigem Wetter Strom für bis zu 200 Kilometer zusätzlich am Tag erzeugen.
Den Verbrauch beziffert ElectricBrands auf nur 5 bis 10 kWh auf 100 Kilometern, „da es sich um ein Leichtfahrzeug mit nur etwa 600 Kilogramm Gewicht handelt“. Somit komme der XBUS mit einem Drittel des Energieverbrauchs eines elektrischen Pkw aus, heißt es auf der Webseite des Herstellers. Geladen werden kann das Modell entweder per Wechselstrom, wobei der Ladevorgang an einer Haushaltssteckdose drei bis fünf Stunden und an einer 11-kW-Wallbox „deutlich kürzer“ dauern soll. Alternativ lassen sich die leeren Akkus durch volle Exemplare ersetzen. ElectricBrands setzt also auf einen Batteriewechsel-Ansatz. Dem Aufbau entsprechender Wechselstationen will sich das Unternehmen ab sofort mit Priorität widmen.
Zuladung bis zu 1.000 Kilogramm
Wichtig vor allem für den gewerblichen Bereich: Der XBUS misst 3,96 x 1,64 x 1,96m (mit der Offroad-Plattform beträgt die Höhe 2,03m) und der Radstand liegt bei 2,20m. Das Offroad-Fahrgestell gewährleistet 10 mm mehr Bodenfreiheit. Die Zuladung beträgt abhängig von den verwendeten Modulen bis zu 1.000 Kilogramm. Auf die verschiedenen Aufbauten kommen wir weiter unten noch zu sprechen.
Zunächst noch eine kleine Werkstoff- und Designkunde zu dem Leichtmodell: Der XBUS hat „ein Rückgrat aus Stahl“, so die ElectricBrands AG. Der Überrollkäfig sei um Crashelemente ergänzt, das Fahrwerk so ausgelegt, bei hoher Zuladung die Fahrstabilität erhalten bleibe. Das „Gesicht“ des Modells erinnert mit seinen runden LED-Leuchten an den klassischen Bulli. Der Hersteller setzt nach eigenen Angaben auf eine puristische Formensprache, allein schon um Gewicht einzusparen. Als Beispiel werden Türgriffmulden statt klassischer Griffe und Rückkameras statt Spiegel genannt. Die Stoßfänger stehen hervor und sind mit Blick auf die Alltagstauglichkeit nicht lackiert.
Kommen wir zu der Wandelfähigkeit des Leichtfahrzeugs: Beide Fahrgestellvarianten gibt es entweder als Basis-Fahrzeug oder mit acht verschiedenen Modulen. ElectricBrands gibt an, dass Kunden die Module ohne Spezialwerkzeug selbst wechseln können: „Alles was man braucht, sind vier Hände.“ So soll das Fahrzeug etwa werktags als Transporter genutzt werden können, am Wochenende als Bus für die Familie und im Urlaub als Campervan – mit nur einem Grundfahrzeug. Die acht Varianten entstünden durch die clevere Kombination verschiedener Module, heißt es weiter.
Da wäre zunächst die Kombination aus dem Modul Fondkabine und dem Modul Kofferraum, sodass hinter der ersten Sitzreihe eine zweite entsteht, ergänzt um einen Stauraum. Auf diese Weise entsteht laut dem Hersteller ein klassischer Bus mit zwei Seitentüren und großer Heckklappe. Durch Umklappen der zweiten Sitzreihe und der Beifahrersitzlehne biete das Fahrzeug in dieser Konfiguration drei Kubikmeter Ladevolumen. Daneben bietet der Hersteller auch eine spezielle Fahrzeugvariante namens Universal an. Sie ist wie der Bus aufgebaut, aber nicht dem Personen-, sondern dem Gütertransport gewidmet.
Zweite Variante ist der Kipper, der durch die Kombination eines flachen Mittelmoduls mit dem Kippmodul kreiert wird. Das Mittelmodul kann laut ElectricBrands auch als Tresor fürs Werkzeug genutzt werden und/oder für zusätzliche Akkupacks.
Durch die Verwendung des genannten flachen Mittelmoduls zusammen mit einem Kofferaufbau entsteht ein Transporter für Lieferdienste und Co. Für ihn und die meisten XBUS-Varianten gilt: Es ist Raum für mindestens zwei Europaletten da. Zum Serienstart bietet der Hersteller verschiedene Koffervarianten an. Für Flottenkunden könnten zudem individuelle Kofferaufbauten entwickelt und angeboten werden, heißt es.
Weiter geht’s mit einem Pickup, der durch die Module Doppelkabine und kurze Ladefläche gebildet wird. Die Ladefläche sei fest installiert, rage hinten nicht über und unterscheide sich so vom Kipper, teilt der Hersteller mit. Auch hier sei wieder das Kofferraummodul hinter der Fahrerkabine unterhalb der Ladefläche dabei. Dieses diene als optionales Batteriefach.
Als Besonderheiten wird der XBUS schließlich auch als Cabrio-Limousine und Camper angeboten. In ersterem Fall haben Fahrer-und Fondsdach eine Cabrio-Funktion und die Heckscheibe lässt sich entfernen. Mit den Campingmodulen 1 und 2 entsteht zudem ein Urlaubsauto für zwei Personen. Das aufstellbare Hubdach gewährt dabei volle Stehhöhe. An Bord sind Kühlschrank, TV, Kochfeld, Frischwassertank, Spüle und eine Liegefläche in 2,10 x 1,30m.
„Die Zeit ist reif für den XBUS“, kommentiert Ralf Haller, Gründer der ElectricBrands AG. „Wenn wir auf die wachsende Verkehrsdichte schauen, können immer größere Autos nicht die Antwort sein. Wir brauchen clevere, wandlungsfähige und nachhaltige Konzepte, die uns allen die individuelle Mobilität und den persönlichen Lifestyle erhalten –und das ohne Abgase, dafür aber mit Komfort, gewohnter Reichweite und angemessener Geschwindigkeit. Und genau da setzen wir mit dem XBUS an.“
Einzelteile zu 98 Prozent wiederverwendbar
Neben der Praktikabilität ist Haller Nachhaltigkeit ein großes Anliegen. Durch die Zusammenarbeit mit deutschen Lieferanten, entsprechend umweltschonenden Produktionsmethoden und kurzen Lieferwegen sowie den Einsatz von kobaltfreien Batterien könne der leichte XBUS seinen Klimarucksack schon nach weniger als 10.000 gefahrenen Kilometern ablegen, führt er aus. „Und ist sein Ende irgendwann gekommen, lassen sich seine Einzelteile zu 98 Prozent wiederverwenden.“
ElectricBrands will den XBUS in Itzehoe ab Mitte 2022 produzieren und gibt an, vor Ort, bei Zulieferern und im Vertrieb anfänglich bis zu 1.000 Arbeitsplätze zu schaffen. Auch zum Startpreis äußern sich die Schleswig-Holsteiner: Dieser soll in der Basis-Version „deutlich unter 20.000 Euro inklusive deutscher Mehrwertsteuer“ liegen. Zu beachten gilt dabei, dass die Kaufprämie in Deutschland nicht für Fahrzeuge der L7e-Klasse gilt. Reservierbar ist das Fahrzeug bereits. Laut CEO Martin Henne gibt es zurzeit mehr als 9.000 Reservierungen über die Homepage und über 10.000 Vorbestellungen über die inzwischen 600 gewonnenen Service-und Vertriebspartner. Er folgert: „Die Kunden sind bereit, für die versprochene Qualität und das nachhaltige Konzept eine adäquate Summe zu zahlen.“
Perspektivisch will ElectricBrands den XBUS in ganz Europa und auch in Überseemärkten etablieren. Daneben soll wie oben erwähnt der Aufbau von Batteriewechselstationen nun ganz oben auf die Agenda rücken. Außerdem gibt das Unternehmen an, den XBUS weiter verfeinern (z.B. mit Airbags ausstatten) zu wollen und auch bereits weitere Modelle „im Kopf zu haben“. Die größte Herausforderung dürfte nun aber erstmal der bevorstehende Serienstart im kommenden Jahr sein.
Quelle: Infos per E-Mail, electricbrands.de
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