Dethleffs und ZF demonstrieren Alpenüberquerung mit E-Wohnwagen
Dethleffs, die Erwin Hymer Group und ZF haben einen neuen Weltrekord aufgestellt. Mit einem Audi e-tron Sportback zogen sie einen Wohnwagen über 386 Kilometer ohne nachzuladen – und überquerten dabei die Alpen.
Bereits 2018 hatte Dethleffs den Prototypen eines Wohnwagens mit eigenem elektrischen Antrieb präsentiert, der gemeinsam mit der Erwin Hymer Group und ZF Friedrichshafen entwickelt wurde. Nun haben die Projektpartner in einer anspruchsvollen Caravan-Tour über die Alpen die Praxisreife des Konzepts unter Beweis gestellt.
Von Isny aus zog der Audi e-tron Sportback den elektrisch angetriebenen Caravan E-Home Coco bis zum Gardasee – ohne Ladestopp. Normalerweise treiben das zusätzliche Gewicht des Anhängers und vor allem der erhöhte Luftwiderstand den Verbrauch des Zugfahrzeugs (unabhängig von der Antriebstechnologie) nach oben. Mit der Alpen-Überquerung wollten die Projektpartner beweisen, dass ein Anhänger mit elektrischem Antrieb diesen höheren Energieverbrauch kompensieren kann – und das Zugfahrzeug auch im Hängerbetrieb auf seine gewohnte Reichweite kommt.
Die Route führte vom Dethleffs-Werksgelände in Isny im Allgäu über die Fernpassstraße und dann auf der Autobahn A12 und A13 vorbei an Innsbruck über den Brenner. In Italien ging es auf der A22 über Bozen und Trient bis nach Riva am nördlichen Gardasee – macht 386 Kilometer und 4.870 Höhenmeter. Für diese Fahrt mit 62,4 km/h im Schnitt verbrauchte der e-tron Sportback 62 kWh Energie (also 21,2 kWh/100km), der E-Home Coco 74 kWh (19,2 kWh/100km).
Möglich wurden diese Verbrauchswerte des Zugfahrzeugs durch den eigenen Antrieb des Hängers. In der Anhängevorrichtung selbst ist ein Zugkraftsensor verbaut. Dieser soll erkennen, ob das Zugfahrzeug beschleunigt, verzögert oder rollt. Mit diesen Informationen wurden die beiden E-Motoren des Caravan-Prototypen gesteuert. Innerhalb einer Zehntelsekunde regeln diese ihr Antreibsmoment und sorgen dafür, dass der e-tron Sportback zu keinem Zeitpunkt während der Rekordfahrt mehr als 20 Kilogramm Anhängelast bewegen musste – den Rest erledigt der Caravan mit 2x 90 kW selbst.
Der E-Home Coco verfügt auch über eine Rekuperation, kann also beim Verzögern Energie zurückgewinnen. Als mechanische Bremsen verfügt der Prototyp übrigens über Scheiben- anstatt der oft verbauten Trommelbremsen. Der Grund liegt im E-Antrieb: Scheibenbremsen ermöglichen den feinfühligeren Übergang zwischen elektrischer und mechanischer Verzögerung, so Dethleffs.
„Auch wenn bis zur Serienreife und zur Zulassungsfähigkeit noch Hürden zu nehmen sind – der von Dethleffs, der Erwin Hymer Group und ZF entwickelte E.Home Caravan ist schon heute eine praxisgerechte und zukunftsfähige Lösung für umweltbewusstes und ökonomisch sinnvolles Caravaning für alle“, sagt Dethleffs Geschäftsführer Alexander Leopold. „Damit wird Dethleffs seinem Anspruch als Caravan-Pionier einmal mehr gerecht.“
Wie das Fachmagazin „Caravaning“, das die Rekordfahrt begleitet hatte, schreibt, dürften zur Serie in „drei oder vier Jahren“ noch einige Änderungen vorgenommen werden. In Hinblick auf Gewicht und Kosten könnte demnach nur noch ein E-Motor mit Differenzial statt bisher ein Asynchron-Motor je Rad verbaut werden. Technisch bietet die Lösung mit zwei Motoren einige Vorteile: Mit der radselektiven Ansteuerung kann der Caravan selbst zur Gespannstabilisierung beitragen und Schlingern unterbinden. Zudem kann der Prototyp auf dem Campingplatz oder Parkplatz mit seinem eigenen Antrieb manövriert werden – laufen beide Motoren in gegenläufige Richtung, kann der Prototyp sogar auf der Stelle wenden.
Quelle: Info per E-Mail, caravaning.de, auto-motor-und-sport.de
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