Mercedes zeigt Elektrobus-Chassis made in Brasilien
Mercedes-Benz hat in Brasilien ein vor Ort entwickeltes Elektrobus-Chassis mit der Bezeichnung eO500U vorgestellt. Es zeichnet sich durch einen Niederflurboden aus und kann Aufbauten bis 13,2 Meter Länge aufnehmen. Das Fahrgestell soll 250 Kilometer Reichweite bieten und ab 2022 angeboten werden.
Mercedes-Benz zielt mit dem Elektrobus-Chassis primär auf Märkte in Südamerika ab, aber auch nach Ozeanien und Europa soll es einer begleitenden Mitteilung zufolge aus Brasilien importiert werden. Um das Projekt bei Tochter Mercedes-Benz do Brasil zu entwickeln, hat der Autokonzern 100 Millionen Reais (umgerechnet rund 16,2 Millionen Euro) aus dem aktuellen Investitionszyklus (2018 bis 2022) bereitgestellt. Zwei Prototypen des Chassis wurden zunächst in Deutschland gebaut und getestet, das Serienprodukt soll in Brasilien entwickelt und 2022 auf den Markt gebracht werden.
Zu den Spezifikationen ist Folgendes bekannt: Das eO500U-Fahrgestell ist ein 4×2-Standardmodell von Mercedes-Benz‘ O 500-Serie. Es kann besagte bis zu 13,2 Meter lange Aufbauten tragen und voraussichtlich 83 Personen befördern. Der Elektromotor ist in die Hinterachse integriert, wobei Mercedes-Benz weder zur Motorleistung noch zur Batterie Angaben macht. Zur Ladedauer heißt es lediglich, dass „das Plug-in-System jenem technologischen Standard entspricht, den Daimler in seinen Elektrobussen einsetzt“ und dass zur vollständigen Aufladung der Batterie drei Stunden benötigt würden.
Den Preis nennt der Hersteller noch nicht. Das brasilianische Portal Noticias Automotivas berichtet jedoch, dass der Preis das „Drei- bis Vierfache des Preises eines Fahrgestells mit Dieselmotor“ betragen wird und vonseiten Mercedes-Benz‘ mit einer Amortisation der Investitionskosten nach 13 Jahren gerechnet werde.
Ebenfalls bei Noticias Automotivas heißt es, dass zunächst 150 bis 200 E-Busse auf Basis des Chassis pro Jahr allein an die brasilianische Metropole São Paulo gehen sollen. Grundsätzlich will Mercedes-Benz do Brasil Kunden eine umfassende Beratung zur Anwendung und Nutzung der neuen Technologie, zur Ladeinfrastruktur und zum Flottenmanagement bieten. Die Rede ist von einem „Ökosystem, das auch exklusive Dienstleistungen für Elektrofahrzeuge umfasst“ und den gesamten Lebenszyklus der Fahrzeuge abdecken soll.
Die Entwicklung von Mercedes-Benz‘ E-Bus-Fahrgestells in Brasilien kommt nicht von ungefähr. Bei Mercedes-Benz do Brasil ist Daimlers globales Kompetenzzentrum für die Entwicklung der Busfahrwerke der Marke angesiedelt. Das Fahrgestell eO500U wurde nach Angaben des Herstellers für die brasilianischen Gegebenheiten entwickelt, nachdem es in Deutschland, wo man auf das Know-how von Daimler bei Elektrobussen zurückgreifen konnte, ausgiebig getestet wurde.
Laut Karl Deppen, Präsident von Mercedes-Benz do Brasil & CEO Latin America, ist das neue E-Chassis nur der erste Schritt von Mercedes-Benz do Brasil in die Welt der Elektromobilität. „Unsere Aufmerksamkeit und unsere Strategien sind auf die Gegenwart und die Zukunft gerichtet. Daher sind wir uns der Herausforderungen bewusst, die vor uns liegen.“
Mercedes-Benz wird allerdings nicht der erste Hersteller sein, der E-Busse in Brasilien fertigt. Der chinesische Konkurrent BYD eröffnete bereits 2015 ein Werk in Campinas. Seitdem fertigt das Unternehmen vor Ort Fahrgestelle für Elektrobusse. Lokale Projekte gibt es seitdem einige. So hat BYD im Herbst 2019 neun elektrische Müllfahrzeuge an das städtische Reinigungsunternehmen von Rio de Janeiro ausgehändigt und Ende 2018 15 Fahrzeuge vom Typ BYD D9W nach São Paulo geliefert.
Im Frühjahr dieses Jahres stellte BYD dann seinen ersten in Brasilien gefertigten Elektro-Gelenkbus vor. Bis Oktober will der Hersteller zusammen mit Partner Marcopolo zwölf Exemplare des E-Gelenkbusses für den Einsatz auf Brasiliens erstem reinen Elektrobus-Korridors in São José dos Campos ausliefern.
Im Kontext der aufkeimenden E-Bus-Fertigung in Brasilien hat BYD im vergangenen Jahr auch eine neue Lithium-Eisenphosphat-Batteriefabrik vor Ort in Betrieb genommen. In der neuen Produktionsstätte in Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas, können jährlich 18.000 LiFePO4-Batteriemodule für Elektrobusse gefertigt werden. Mit der lokalen Herstellung von Batteriemodulen will sich BYD auf dem eMobility-Markt in Brasilien und Lateinamerika frühzeitig positionieren. Noch ist dort die Elektrifizierung von Busflotten ein Nischenmarkt, aber das Potenzial ist groß, wie unter anderem aus dem Projekt ZEBRA ersichtlich wird.
noticiasautomotivas.com.br, mercedes-benz.com.br
0 Kommentare