Premiere des EQE: Mercedes hat den EQS geschrumpft

Mercedes hat im Vorfeld der IAA Mobility den EQE vorgestellt. Das Elektro-Pendant zur E-Klasse teilt sich nicht nur die Plattform mit dem größeren EQS, sondern auch die Grundzüge des Designs. Dabei zielt der EQE auf den lukrativen Dienstwagen-Markt.

Mercedes selbst spricht von der neuen „Business-Avantgarde“. Mit 4,94 Metern Länge spielt der EQE in der selben Liga wie die aktuelle E-Klasse der Baureihe 213. Beim Radstand übertrifft der EQE auf Basis der Oberklasse-Elektro-Plattform EVA2 das Verbrenner-Modell mit 3,12 Metern zu 2,93 Metern aber deutlich.

Das soll man laut Mercedes auch im Innenraum spüren können: Als Beispiele werden der Schulterraum vorn oder die Innenraumlänge genannt, bei denen der EQE die E-Klasse um 27 bzw. 80 Millimeter übertreffen soll.

Blicken wir aber zunächst auf das Äußere: Hier soll der EQE die „One-Bow-Linienführung“ des EQS übernehmen. Sprich: Windschutzscheibe, Dach und die Heckscheibe sind wie ein Bogen über das Auto gespannt, Überhänge und Fronthaube fallen bei der Elektro-Plattform recht kurz aus. Dass der EQE stark dem größeren EQS ähnelt, liegt aber nicht nur an der Linienführung und den Proportionen – auch bei den Black-Panel-Grill und den Scheinwerfern haben die Designer eine sehr ähnliche Optik gewählt.

Bis zu 660 Kilometer Reichweite

Ganz so aerodynamisch wie der auf einen cW-Wert von 0,20 optimierte EQS ist der EQE aber wohl nicht. Eine Zahl erwähnen die Stuttgarter in der Mitteilung nicht, es ist lediglich von einem „sehr guten cW-Wert“ die Rede.

Bei der Technik hat Mercedes für den Marktstart zwei Varianten angekündigt, nennt aber nur zu einem Details. Der EQE 350 soll auf eine Leistung von 215 kW kommen und die 90 kWh große Batterie nutzen, was je nach Ausstattung im Idealfall für 660 Kilometer nach WLTP reichen soll – die untere WLTP-Spanne ist mit 545 Kilometern angegeben.

Beim EQE ist also die 90-kWh-Batterie mit zehn Modulen Standard, die Zellen verfügen über eine NCM811-Chemie. Beim größeren EQS will Daimler diese Batterie wie berichtet erst „für einige Märkte“ gegen Ende des Jahres ankündigen. Hier ist derzeit nur die größere Batterie mit zwölf Modulen (107,8 kWh) erhältlich. Für die Batterie gibt Mercedes ein „Leistungsversprechen gegenüber den Kunden aus“: zehn Jahre Laufzeit oder eine Laufleistung von 250.000 Kilometern bei „einer definierten Restkapazität“ – diese wird aber leider nicht genannt.

Während der EQS mit der großen Batterie auf bis zu 770 Kilometer WLTP-Reichweite und über 200 kW Ladeleistung kommt, soll der EQE in der Spitze mit bis zu 170 kW laden können, wie Mercedes mitteilt. In 15 Minuten sollen bis zu 35,5 kWh geladen werden können, was gemäß dem WLTP-Verbrauch für bis zu 250 Kilometer ausreicht. Die Ladezeit auf die üblichen 80 Prozent ist mit 32 Minuten angegeben.

Beim AC-Laden ist ab Werk ein dreiphasiger Onboard-Charger mit 11 kW verbaut, ein vollständiger Ladevorgang soll dann 8:15 Stunden dauern. Optional wird Mercedes auch einen 22-kW-Lader anbieten, mit dem die Batterie in 4:15 Stunden vollständig geladen sein soll.

Für das Laden werden drei Einstellungen angeboten – Standard, Home und Work. In diesen lassen sich Parameter wie Abfahrtszeit, Klimatisierung und maximaler Ladezustand voreinstellen. Die Ladeprogramme Home und Work können standortbasiert aktiviert werden. Das heißt, sie werden automatisch eingeschaltet, sobald das Fahrzeug an den im System hinterlegten Positionen an einem Ladepunkt abgestellt wird. Zudem gibt es noch die Funktion „Eco Charging“, welche die maximale Ladeleistung reduziert und das Laden auf 80 Prozent Ladestand limitiert – beides um die Batterie zu schonen. In Japan soll der EQE auch bidirektional Laden können, dort wird er mit dem CHAdeMO-Ladestandard ausgeliefert und nicht mit CCS.

Elektromotor mit hoher Leistungsdichte

Im Gegensatz zu dem 215 kW starken E-SUV EQB 350 4MATIC, das im April auf der Automesse in Shanghai vorgestellt wurde und auf der IAA Mobility seine Europapremiere feiert, handelt es sich bei dem exakt gleich starken EQE 350 nicht um einen Allradler – schließlich fehlt hier der Namenszusatz „4MATIC“. Stattdessen betont Mercedes, dass der Elektromotor an der Hinterachse zwei Wicklungen mit jeweils drei Phasen besitzt. Durch diese „6-Phasigkeit“ soll die PSM „besonders leistungsstark“ sein. Die Elektromotoren an der Vorderachse der folgenden Allrad-Modelle werden hingegen nur über eine Wicklung verfügen.

Bei der Entwicklung der elektrischen Antriebsstränge (eATS) lag der Fokus aber nicht nur auf der Leistung und dem Verbrauch, EQE und EQS sollen auch ein neues Niveau beim Geräusch- und Vibrationskomfort erreichen. Hierfür haben die Ingenieure die eATS rundum in eine spezielle Schaummatte aus NVH-Cover (Noise, Vibration, Harshness) gepackt. Über Elastomerlager sind die Antriebe doppelt von der Karosserie entkoppelt. Für die NVH-Optimierung ist auch der Deckel des Inverters in Sandwich-Bauweise aus drei Metall- und Kunststoffschichten ausgeführt.

Bei der Rekuperation hat Mercedes etwas aufgeräumt: Konnte der Fahrer bei Modellen wie dem EQC über die Schaltwippen am Lenkrad noch zwischen fünf Stufen wählen, wurde das beim EQE jetzt auf drei Stufen (D+, D, D-) reduziert. Die effizienteste Fahrweise soll die Automatik „D-Auto“ ermöglichen, die mit dem „Eco Assistent“ eine situationsoptimierte Rekuperation bis hin zum Stillstand bietet.

Marktstart für Mitte 2022 geplant

Vom EQS übernimmt der EQE auch die Navigation mit „Electric Intelligence“, die auf Basis zahlreicher Faktoren die schnellste und komfortabelste Route inklusive Ladestopps plant und dabei auch dynamisch auf Staus oder eine geänderte Fahrweise reagiert. Dazu gehört eine Visualisierung im Infotainmentsystem MBUX, ob die vorhandene Batteriekapazität ausreicht, um ohne Laden zum Startpunkt zurückzukehren.

Die MBUX-Anzeige erfolgt optional über den Hyperscreen – also jene 1,41 Meter breite Glasfläche, die mehrere Bildschirme zu einer Einheit zusammenfasst. Die Breite entspricht exakt dem Hyperscreen aus dem EQS.

Sowohl die MBUX-Software als auch weitere Systeme wie etwa das Batteriemanagement sind OTA-updatefähig, können also über ihre Lebensdauer drahtlos mit Updates optimiert und aktuell gehalten werden. Wie auch beim EQS können einige Funktionen auch nach dem Kauf per OTA-Update freigeschaltet werden, dazu gehört auch die Möglichkeit, den Lenkwinkel der optionalen Hinterachslenkung zu erhöhen. Wird das Upgrade von 4,5 auf zehn Grad erworben, sinkt der Wendekreis von 12,5 auf 10,7 Meter – und damit auf das Niveau deutlich kleinerer Fahrzeuge.

„Mit dem neuen EQE können wir die Hightech-Lösungen unseres Elektro-Flaggschiffs EQS schnell einem breiteren Käuferkreis zugänglich machen“, sagt Markus Schäfer, Mitglied des Vorstands der Daimler AG und Mercedes-Benz Cars COO. „Und unsere Produktionsflexibilität erreicht beim EQE einen neuen Höhepunkt: Im Werk Bremen, wo die Versionen für den Weltmarkt vom Band laufen, werden aktuell bereits vier andere Modelle gefertigt.“ Neben Bremen wird der EQE auch im Werk Peking gebaut, dort aber nur für den chinesischen Markt.

Preise nennt Mercedes zur Premiere des EQE noch nicht. Das wird wie üblich im Vorfeld der Markteinführung passieren – diese ist für Mitte 2022 angesetzt. Die AMG-Version dürfte aber teurer sein als der EQS 580 4MATIC – dieser steht mit 135.529,10 Euro in der Preisliste. Auch Angaben zu einer Anhängerkupplung oder einer möglichen Kombi-Version gab es rund um die Premiere nicht.
daimler.com

3 Kommentare

zu „Premiere des EQE: Mercedes hat den EQS geschrumpft“
Jürgen Köster
07.09.2021 um 23:27
interessant
Herbert Assmann Dr.
11.09.2021 um 21:32
Die Elektro Chemie der Batterie ist für die Umwelt - Belastungen entscheidend. Dzt. sind die neuesten Li- Fe- Ph- Systeme besser als Li- Ni- Co- Mn- xy Systeme vor allem bezüglich Recycling. Die alten Batterien sollten eingestellt werden
alupo
15.09.2021 um 09:52
Das verstehe ich nicht, denn bis auf die Kathodenbeschichtung, also das Li-Salz sind die Zellen ziemlich gleich.Ich sollte dazu mal einen Zellchemikalienforscher fragen, aber für das alleine macht es keinen Sinn. Dazu bedarf es etwas konkreteres.

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