Technologieoffenheit und CO2-Neutralität im Wahlkampf
Wie will die Politik den Antrieb im Auto dekarbonisieren? Wann läuft die Förderung von Plug-in-Hybriden aus? Spielt synthetischer Kraftstoff eine Rolle? Wir haben mit den zwei Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer (Grüne) und Christoph Ploß (CDU) gesprochen. Die möglichen Koalitionäre vertreten gegensätzliche Positionen – aber nur auf den ersten Blick.
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Weitermachen. Und zwar zügig: „Es geht darum, möglichst schnell möglichst viele CO2-neutrale Fahrzeuge in den Markt zu bekommen.“ Die Beschleunigung des aktuellen Hochlaufs müsse Priorität haben, sagt Oliver Krischer. Der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der Fraktion der Grünen macht klar: „CO2-neutral bedeutet heute Batterie-elektrisch.“
Oliver Krischer betont im Gespräch mit electrive.net, dass sowohl Käufer:innen als auch Industrie auf Verlässlichkeit angewiesen wären. Eine Über-Förderung im Sinn zu hoher Direktsubventionen oder zu niedriger Firmenwagenbesteuerung sieht er nicht: „Dieser Anschub ist richtig. Allerdings sollte zeitnah darüber nachgedacht werden, wie die Förderung von Plug-in-Hybridautos reduziert werden kann“, so Krischer. Das Ziel sei, nur noch rein elektrische Fahrzeuge zu unterstützen. Wie und wann genau es härtere Auflagen für Plug-in-Hybride geben solle, möchte er jetzt nicht festlegen. So sei zum Beispiel denkbar, dass die vorgeschriebene Mindestreichweite erhöht werde.
Ab 2030 nur CO2-neutrale Neuwagen
Bei der Frage nach einem Jahr für die CO2-Neutralität bei den Neuzulassungen wird der Grünen-Politiker konkret: „Ab 2030 sollen keine neuen Fahrzeuge mehr mit fossilen Kraftstoffen betrieben werden.“ Sollte es bis dahin andere Antriebe als Batterie-elektrische geben, die das könnten, wäre das schön – das sei aber nicht absehbar.
Zurzeit werden alle Batterie-elektrischen Autos durch den Gesetzgeber gleich behandelt, also unabhängig vom Stromverbrauch, der Größe, dem Gewicht oder der Leistung. Inzwischen hat sich hier ein breites Spektrum vom effizienten Hyundai Ioniq bis zum üppigen 2,7 Tonnen-SUV Audi e-tron S ergeben. „Das regelt der Markt“, ist Krischer zuversichtlich.
Was der Markt nicht regelt, muss der Staat fördern, und hier ist Oliver Krischer von den Grünen die Ladeinfrastruktur besonders wichtig. So müssten zum Beispiel Pendlerparkplätze mit Ladepunkten versorgt werden. Außerdem solle der Strompreis entlastet werden, so Krischer, und zwar keinesfalls nur für Ladestrom, sondern für Haushaltsstrom generell. „Wir müssen außerdem die Bürokratie beim Einbau einer privaten Photovoltaikanlage dringend abbauen.“ Ohne einen Zubau der erneuerbaren Energien geht es nicht.
Am Ende aber, so Krischer, sei offensichtlich und „völlig normal, dass Energie ein international gehandeltes Gut“ wäre. Natürlich könne man auch über e-Fuels nachdenken, aber „das darf kein Argument gegen Batterie-elektrische Autos sein“. Er sieht den Einsatz von e-Fuels und Wasserstoff eher in Flugverkehr und der Industrie.
Positive Entwicklung bei Elektroautos als Erfolg der CDU
Wer erwartet, dass sich Christoph Ploß, Bundestagsabgeordneter der CDU, der positiven Bewertung von Batterie-elektrischen Autos entgegenstellt, sieht sich getäuscht. Im Gegenteil, der Erfolg, der sich in den derzeit extremen Zuwachsraten manifestiert, sei wesentlich auf die Maßnahmen der CDU-geführten Regierung zurückzuführen: „Das Batterie-elektrische Auto hat richtig Fahrt aufgenommen“, so Ploß im Interview mit electrive.net, „und das ist eine Folge unserer politischen Beschlüsse“.
Beispielhaft zählt Ploß die Innovationsprämie, die begünstigte Dienstwagenbesteuerung, das Schnell-Ladegesetz, die Wallbox-Förderung und das GEIG (der Abkürzung für das Gebäude-Infrastruktur Gesetz) auf. „Unser Ziel ist es, dass sich der Elektroautofahrer keine Gedanken ums Laden machen muss“, so Christoph Ploß, der seit September 2020 auch Vorsitzender der CDU Hamburg ist und eher zum konservativen Flügel seiner Partei gezählt wird. Es müsse einen weiteren Ausbau der Lademöglichkeiten geben wie etwa in Tiefgaragen, am Arbeitsplatz, vorm Supermarkt und anderen Plätzen des Opportunity Chargings.
„Wir werden irgendwann keine Subventionen mehr brauchen“, ist sich Ploß sicher. „Wir wollen eine Anschubförderung, keine Dauersubvention.“ Derzeit dürfe es aber keine Diskussion um eine Abschmelzung bei Batterie-elektrischen Autos und Plug-in-Hybriden geben, um die potenziellen Kunden nicht zu verunsichern.
Klimaziele durch Technologieoffenheit schneller erreichen
Der entscheidende Unterschied zu den Grünen: „Wenn wir die Klimaschutzziele schnell erreichen wollen, sind Batterie-elektrische Autos allein nicht ausreichend. Das ist ein klares Plädoyer für Technologieoffenheit.“ Ploß argumentiert, dass wir sowohl national als auch international einen Bestand von über 1,5 Milliarden Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor hätten, der weiter ansteigen und uns noch über Jahrzehnte begleiten würde: „e-Fuels sind die beste Möglichkeit, diese Fahrzeuge CO2-neutral zu betreiben.“ So ließe sich die komplette, bereits vorhandene Infrastruktur nutzen.
Aus Sicht von Christoph Ploß gibt es „kein Entweder-oder“ zwischen Batterie-elektrischen Autos und anderen Dekarbonisierungslösungen. „Die Politik setzt die CO2-Ziele, sollte aber keine Vorgaben machen, wie sich Kunden oder Industrie verhalten müssen“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete.
Gleichbehandlung aller Dekarbonisierungslösungen
Der politische Hebel zum Einsatz von CO2-neutralem Superbenzin und Dieselkraftstoff sei die Anrechenbarkeit im Emissionshandel. Nach jetzigem Stand wird bei den CO2-Flottenlimits lediglich die Tank-to-Wheel-Bilanz betrachtet, und die Vorkette bleibt unberücksichtigt. Für e-Fuels gibt es auch noch keine Zertifizierung, was in der Sache leicht umsetzbar wäre, weil die Kraftstoffe technisch identisch sind. Das, so Ploß, müsse sich ändern, es müsse gleiche Startbedingungen für alle Dekarbonisierungsmaßnahmen geben: „Niemand kann heute genau wissen, welche Fortschritte die Wissenschaft macht und welche Technologien sich durchsetzen. Darum brauchen wir soziale Marktwirtschaft statt Planwirtschaft.“
„Wenn wir die Energiewende beschleunigen wollen, müssen wir alle Maßnahmen ergreifen, also auch den Einsatz von grünem Wasserstoff und e-Fuels“, ist der CDU-Parlamentarier überzeugt. „Wahrscheinlich ist die Zukunft stark, aber nicht ausschließlich Batterie-getrieben“.
Unabdingbar, und hier stimmen Christoph Ploß und Oliver Krischer wieder überein, sei der massive Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Hier müssten Planungshindernisse und Bürokratie dringend abgebaut werden.
Fazit
Die in der Öffentlichkeit laut wahrnehmbaren politischen Differenzen zwischen Grünen und CDU werden geringer, je länger man mit den Beteiligten spricht. Es herrscht Konsens darüber, dass die Klimaschutzziele im Verkehrssektor schnell erreicht werden müssen. Auch am Hochlauf der Batterie-elektrischen Mobilität gibt es keinen Zweifel. Nur über die Ausschließlichkeit dieser Lösung gibt es deutlich unterschiedliche Ansichten, und bei der Umsetzung ist der politische Stil ein scharfer Kontrast. Lieber konkrete Vorgabe eines Antriebs oder technologieoffenes Erreichen des CO2-Ziels? Das ist die Frage. Oliver Krischer von den Grünen und Christoph Ploß von der CDU sind beides keine Leisetreter. Unvereinbar oder kompromisslos sind sie nicht.
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