Sachsen: Nahverkehr Leipzig testet Batterie-Zug von Stadler
Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) hat erstmals einen Batterie-betriebenen Zug durch den Leipziger City-Tunnel geschickt. Die Fahrt des Modells Flirt Akku von Stadtler diente dem Nachweis, dass der Einsatz von Akkutriebwagen zur Erweiterung des Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes (MDSB) möglich ist.
Die vierstündige Probefahrt führte von Delitzsch über Leipzig, Grimma nach Döbeln und zurück. Dabei wechselte der Flirt Akku ab dem nicht elektrifizierten Teil der Strecke vom Oberleitungsbetrieb in den Batteriemodus. Die Durchquerung des Leipziger City-Tunnels betonen die Initiatoren deshalb, weil dieser nicht für dieselbetriebene Züge zugelassen ist.
„Somit stoßen wir überall dort an Grenzen, wo Strecken nicht elektrifiziert sind. Das soll sich ab 2025 ändern. Mit einem Batteriezug ist die Fahrt dann nicht mehr in Borsdorf beendet, sondern geht bis Grimma und Döbeln weiter – und das auch noch umweltfreundlich ohne CO2-Emissionen“, äußert Kai Emanuel, ZVNL-Vorsitzender und Landrat des Landkreises Nordsachsen. Geplant sei, die derzeitige Diesel-Flotte auf der Strecke Leipzig-Grimma-Döbeln durch Batteriezüge zu ersetzen und mit diesen den City-Tunnel zu durchfahren. Wie groß die Bestellung ausfallen soll, bleibt dabei unklar.
Der für die Leipziger Premierenfahrt eingesetzte dreiteilige Flirt Akku ist laut Stadler seit 2018 für den Einsatz im Personenverkehr zugelassen. Der Zug trägt seine Akkus auf dem Dach und wurde von Anfang an auf nicht- oder teilelektrifizierte Strecken ausgelegt. In einem vom BMWi geförderten und seit Kurzem vollendeten Verbundprojekt mit dem sperrigen Titel „FLIRT (Akku) -Netzintegration und netzdienliche Ladung eines batterieelektrisch angetriebenen Schienenfahrzeugs für die Überbrückung ausgedehnter nicht oder teilweise elektrifizierter Streckenabschnitte im Regionalverkehr“ wurde das Flirt-Akku-Modell in den vergangenen Jahren ausführlich erprobt und weiterentwickelt: Seit seiner Vorstellung im Herbst 2018 habe das vollumfänglich für den Fahrgastbetrieb zugelassene Fahrzeug 15.000 Kilometer im reinen Batteriebetrieb zurückgelegt, heißt es in der aktuellen Mitteilung.
Einen ersten Auftrag erhielt Stadler schon lange vor Abschluss des Verbundprojekts: 55 Exemplare des Flirt Akku gab der Nahverkehrsverbund Schleswig-Holstein bereits 2019 in Auftrag. Um eventuellen Anfangsschwierigkeiten zu begegnen, wird Stadler ab November 2022 zunächst eine Vorserie von fünf Triebzügen in den hohen Norden liefern. Die restlichen Triebzüge sollen dann ab Mai 2023 bis Mitte 2024 sukzessive in Betrieb genommen werden.
Stadler hat seinen Hauptsitz im ostschweizerischen Bussnang und baut seit über 75 Jahren Züge. Die Produktpalette im Bereich der Vollbahnen und des Stadtverkehrs umfasst Highspeed-Züge, Intercity-Züge, Regio- und S-Bahnen, U-Bahnen, Tram-Trains und Trams. Neben dem Akku-Zug bietet Stadler mit dem Flirt H2 auch ein Schienenfahrzeug mit Brennstoffzelle an.
Hintergrund für die Neuentwicklung ist, dass nur 54 Prozent des europäischen Schienennetzes über eine Oberleitung verfügen (in Deutschland: 60 Prozent). Für die verbleibenden Strecken sei der „Einsatz CO2-emissionsfreier Schienenfahrzeuge ein grundlegender Baustein zur Erreichung der EU-Klimaziele“, erläuterte Stadler in einer früheren Mitteilung.
Erst vor Kurzem hat übrigens auch Alstom die Premierenfahrt mit einem Batterietriebzug in Sachsen bewältigt. Der als Prototyp gefertigte Zug startete in Chemnitz und fuhr über Flöha und Zschopau zurück nach Chemnitz. Züge dieses Typs sollen ab Dezember 2021 in den Passagierbetrieb gehen. Seinen Ursprung hat dieses Projekt in einer Forschungskooperation mit der TU Berlin, die Ende 2016 begonnen hatte. Der Zug wird ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 zunächst in Baden-Württemberg und Bayern zum Einsatz kommen. Ab 2023 werden auch elf der Züge vom Verkehrsverbund Mittelsachsen eingesetzt.
stadlerrail.com (PDF)
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