VW ID.3 Pure Performance im Fahrbericht mit Ladekurve
Der Volkswagen ID.3 Pure Performance ist derzeit die Einstiegsvariante in die ID.-Familie. Was dieses Modell im Alltag zu leisten vermag, fassen wir für Sie in diesem Fahrbericht zusammen – und liefern auch die DC-Ladekurve mit.
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„Er ist das Auto, das man jetzt von uns erwartet“, hatte VW-Chef Herbert Diess bei der Präsentation des ID.3 auf der IAA 2019 gesagt. Ob das zutrifft, muss am Ende jeder Kunde für sich selbst entscheiden. Fakt ist, dass der VW ID.3 auf dem deutschen Markt gut ankommt. Nicht zuletzt auch dank sehr guter Leasing-Angebote. So wurden innerhalb der ersten acht Monate dieses Jahres 18.845 Exemplare des ID.3 hierzulande neu zugelassen. Nur der VW e-Up (20.438 Neuzulassungen) lief noch besser.
Von den Abmessung ähnelt der ID.3 dem Golf (4,26 Meter lang, 1,80 Meter breit), beim Design hat sich VW etwas vom Klassiker entfernt, deutlich moderner und futuristischer ist der ID.3 unterwegs. Die Proportionen sind stimmig. Mit 1,57 Metern ist der ID.3 relativ hoch. Was kein Nachteil sein muss, denn der Einstieg erfolgt ohne das „tiefe Fallen“ in den Sitz. Große Fahrer wie der Autor sind dankbar – auch, wenn sie mal hinten sitzen.
Der VW ID.3 wirkt sofort vertraut. Der Innenraum ist sehr aufgeräumt, es gibt nur noch wenige „Tasten“. Auch ein Start-Stopp-Knopf braucht es nicht mehr. Der Stromer startet durch einen Druck aufs Bremspedal. Details zur Anmutung und Verarbeitung der Materialien haben wir bereits in einem früheren Fahrbericht ausführlich beschrieben. Heute konzentrieren wir uns auf die Variante Pure Performance. Bei der Motorleistung setzt der MEB-Stromer auf den leistungsschwächeren E-Motor mit 110 kW. Damit braucht dieses Modell immerhin 8,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h – und ist damit etwas schwachbrüstiger als die anderen ID.3-Versionen unterwegs. Natürlich reicht auch diese geringere Leistung im Alltag völlig aus – auch auf der Autobahn.
Mit dem 45-kWh-Akku (netto) ergeben sich bei Stadt- und Landstraßen Verbrauchswerte zwischen 12,5 und 15 kWh/100 km, wodurch sich Reichweiten von 360 bis 300 km ergeben. Bei überwiegender Autobahnfahrt stiegen die Verbrauchswerte bei unseren Touren auf 17,5 bis 20 kWh pro 100 km (bei Richtgeschwindigkeit) an, was Reichweiten zwischen 260 im besten und 220 km im schlechtesten Fall ergibt. Im Winter wird es noch etwas weniger. Für viele Flotten-Anwendungen im urbanen Umfeld sollte es dennoch völlig ausreichen.
Over-the-Air-Updates bringen neue Funktionen
Kürzlich teilte Volkswagen mit, dass künftig alle ID.-Modelle regelmäßige Software-Updates per Mobilfunk erhalten werden. Das erste Update, die „ID. Software 2.3“, liefert u.a. Verbesserungen bei der Bilderkennung der Kamera oder der Bedienung des Infotainment-Systems. Unser Fahrzeug hatte dieses Update bereits an Bord, weshalb ein Test zu den Unterschieden der einzelnen Versionsstände nicht erfolgen konnte.
Dafür wurde eine neue Funktion freigeschaltet: Die In-Car-App „We Charge“, welche bislang ohne Funktion war. Seit dem Update können Detailinformationen von Ladestationen auf einer Karte angezeigt werden. Darunter etwa die Ladeleistung, die bestehenden Anschlüsse oder auch die Verfügbarkeit. Die Integration ins eigentliche Navigationssystem erfolgt leider noch nicht nahtlos, denn dort stehen u.a. diese Filtermöglichkeiten noch nicht zur Verfügung.
Ohnehin gibt es bei der Routenplanung mit Ladestopps noch Nachholbedarf, was sich mit künftigen Software-Updates aber hoffentlich lösen lässt. Derzeit werden Ladestopps mit einem Ankunftswert von 5 Prozent State of Charge (SoC) berechnet. Gleiches gilt für das eigentliche Ziel. Manuelle Vorgaben sind noch nicht möglich. Auch werden Ladestopps – zumindest bei unseren Stichproben – immer auf das von uns vorgegebene maximale Ladelimit (bspw. 100 Prozent oder 80 Prozent) geplant. Die Ladekurve wird also nicht intelligent genutzt.
Höhere Ladeleistung bei geringer Auswirkung
Apropos Ladekurve bzw. Ladezeiten: Serienmäßig lädt der ID.3 Pure Performance mit 50 kW an einem DC-Lader. Optional konnte – denn derzeit ist dieses Modell nicht bestellbar – für 650 Euro die Ladeleistung auf 100 kW erhöht werden. Mittlerweile liegt diese Leistung jedoch bei 110 kW – das war auch bei unserem Testwagen der Fall. Bestandsfahrzeuge sollen die erhöhte Ladeleistung mit einem Update bekommen. Wann genau dies sein wird, teilte ein VW-Sprecher gegenüber electrive.net jedoch nicht mit.
Wie man anhand der Ladekurve sehen kann, liegt kurzzeitig sogar eine deutlich höhere Ladeleistung als 110 kW an. Bei einem SoC von drei Prozent sprang der Wert bereits auf 112 kW und erreichte bei 17 Prozent einen Höchstwert von 119 kW. Danach sank die Ladeleistung kontinuierlich ab.
Die Schlussfolgerung für die Praxis: Nach dem Update von 100 auf 110 kW können bei einem Ladevorgang von 10 auf 80 Prozent rund 1,5 bis maximal 2 Minuten eingespart werden. Das sind nur ein paar Schluck aus dem Kaffeebecher. Insgesamt dauert dieser Ladevorgang rund 26 bis 27 Minuten. Noch ein paar weitere Werte gefällig? Von 10 auf 40 Prozent sind es ca. 9 Minuten, von 10 auf 50 Prozent gute 13 Minuten.
ID.3 Pure Performance ist nicht das geplante Einstiegsmodell
Vereinfacht ausgedrückt ist für diese hohe Ladeleistung, die künftig sicher noch steigen kann, der Puffer in der Batterie in Höhe von 10 kWh „verantwortlich“. So verfügt der chemische Speicher über 55 kWh brutto und 45 kWh netto. Einen detaillierten Einblick wird es an dieser Stelle noch geben, sobald uns dieser von VW vorliegt.
Vor zwei Jahren war noch von einem ID.3 mit einem Akku mit 48 kWh brutto und 45 kWh netto die Rede. Um dieses Modell handelt es sich demnach beim ID.3 Pure Performance nicht. Eine noch abgespecktere Version ist geplant, welche dann allerdings nur mit einer DC-Ladeleistung von 50 kW laden wird. Die Option auf mehr DC-Ladeleistung entfällt. AC-seitig wird es, wie auch bei unserem Testwagen, bei den 7,2 kW (zweiphasig) bleiben. Zudem bekommt das neue Einstiegsmodell einen noch etwas schwächeren Antrieb mit 107 kW Leistung.
Fazit
Der ID.3 Pure Performance ist mit seinem kleinen Akku und der hohen DC-Ladeleistung ein sehr gutes Elektroauto, wenn man über kleine Schwächen im Infotainment hinwegsehen kann. Ob nun im Fuhrpark oder für Pendler, die darüber hinaus für längere Strecken in relativ „kurzer Zeit“ wieder „Reichweite nachladen“ können. In der Basisversion stand der ID.3 Pure Performance zuletzt ab 31.960 Euro (exkl. höherer DC-Ladeleistung für 650 Euro) in der Preisliste, wovon der Umweltbonus noch abgezogen werden konnte. Auf Komfort- und Assistenz-Pakete muss in diesem Fall verzichtet werden. Unsere Variante „Style“ startete zu einem Basis-Listenpreis von 38.375 Euro (vor Umweltbonus-Abzug). Wegen der anhaltenden Versorgungsengpässe bei Halbleitern wird diese Variante vorübergehend jedoch nicht angeboten. Bestellungen sind erst ab 2022 wieder möglich.
Noch etwas günstiger soll es mit dem ID.3 Pure werden, der dann mit gleicher Netto-Kapazität, aber 48 kWh brutto in der Batterie daherkommt. Der Einstiegspreis für diese Variante soll bei unter 30.000 Euro liegen – wohlgemerkt vor Förderung. Für Pflegedienste und viele andere Unternehmen dürfte die geringere DC-Ladeleistung von 50 kW zweitrangig sein. Viel entscheidender hingegen: Der elektrische Einstieg in die Kompaktklasse wird günstiger. Dies dürfte sowohl für den Kauf als auch für die zu erwartenden Leasing-Raten gelten. Nicht zu vergessen die Reduzierung der Versteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines Firmenautos auf ein Viertel. Wann genau der billigste ID.3 kommt, hat uns VW noch nicht verraten. Wir bleiben natürlich dran.
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