Leipzig: E-Quote für Akteure der Personenbeförderung
In Leipzig muss ab sofort jedes zweite neu angeschaffte Fahrzeug im sogenannten Gelegenheitsverkehr mit elektrifiziertem Antrieb ausgestattet sein. Von der Neuregelung betroffen sind gewerbliche und private Anbieter im Bereich der Personenbeförderung. Das örtliche Taxigewerbe fühlt sich von der Ankündigung überrumpelt.
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Unter dem Gelegenheitsverkehr versteht das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) allen voran den Taxi- und Mietwagenverkehr sowie den „gebündelten Bedarfsverkehr“. Leipzig beruft sich bei seiner nun publik gemachten Neuregelung auf das im Frühjahr novellierte PBefG, das unter anderem an die Realität der immer populäreren digitalen Mobilitätsangebote angepasst wurde, und gleichzeitig auf seine umwelt- und klimapolitischen Ziele.
Konkret muss jedes zweite Fahrzeug von Akteuren des Gelegenheitsverkehrs in Leipzig künftig ein BEV, FCEV oder Plug-in-Hybrid sein. Ab 2025 soll dann jedes neu angeschaffte Fahrzeug diese Kriterien erfüllen. Dazu wird in der Stadt die novellierte Passage des PBefG zum Gelegenheitsverkehr via zwei neue Verwaltungsrichtlinien des Ordnungsamtes und des Verkehrs- und Tiefbauamtes umgesetzt, die wiederum auf der Mobilitätsstrategie 2030, dem Nahverkehrsplan und den umwelt- und klimapolitischen Zielen Leipzigs fußen.
Es ist das erste Mal, dass die Verwaltungsspitze den bestehenden und neu definierten Formen der Gelegenheitsverkehre einen grundsätzlichen Rahmen vorgibt. Neben der Antriebsart legt Leipzig auch Mindestbeförderungsentgelte für Mietwagen- und Ridepooling-Dienste vor, und zwar „zum Schutz des ÖPNV sowie zur Unterbindung eines ruinösen Wettbewerbs unter den verschiedenen Gelegenheitsverkehren“. So gilt künftig beispielsweise, dass „bei einer Fahrstrecke von fünf Kilometern beim Mietwagenverkehr mit Fahrer aufgrund des höheren Serviceniveaus der Mindestpreis mit 19 Euro für eine Einzelperson 8 Euro über den für die erstbuchende Person geltenden 11 Euro des gebündelten Bedarfsverkehrs (bisher in Leipzig nur CleverShuttle) liegen“ muss. Die Taxitarife bleiben davon unbeeinflusst.
Mit Blick auf die E-Fahrzeuge im Gelegenheitsverkehr heißt es in einer der beiden Richtlinien außerdem, dass „eine Nutzung der öffentlichen Ladeinfrastruktur grundsätzlich nicht gestattet und lediglich in Ausnahmesituationen möglich ist, falls eine Rückkehr zum eigenen Ladepunkt nicht sichergestellt werden kann“. Als Grund gibt die Stadt an, „dass die Ladestationen im öffentlichen Verkehrsraum dem Individualverkehr vorbehalten sind.“
„Der Umweltaspekt steht für mich an erster Stelle, daher ist es mir sehr wichtig, dass sich die Maßgaben zur Erfüllung der Vorgaben im Gelegenheitsverkehr nicht bis ins Jahr 2030 ziehen“, sagt Leipzigs Umwelt- und Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal. „Die Stadt Leipzig steht für klimaneutrales Handeln und regelt somit eigenverantwortlich, dass ab sofort jedes zweite neu angeschaffte Fahrzeug im Gelegenheitsverkehr den Maßgaben des Elektromobilitätsgesetzes zu entsprechen hat. Ab dem Jahr 2025 muss dann jedes neu angeschaffte Fahrzeug die Kriterien erfüllen.“
Laut Thomas Dienberg, Bürgermeister und Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau, ist eine weitere zentrale Zielstellung jene, „den ÖPNV durch die Gelegenheitsverkehre nicht zu schwächen und darauf hinzuwirken, dass diese das Mobilitätsangebot, insbesondere in den Stadtrandgebieten, sinnvoll erweitern sowie zu einer besseren Verknüpfung aller Verkehrsträger beitragen.“
Beim Leipziger Taxigewerbe stößt die Vorgabe auf helle Aufregung. Das berichtet jedenfalls die „Taxi Times“ und zitiert unter anderem Thomas Voigt von der Taxizentrale 4884 mit den Worten: „Keiner weiß, was das nun konkret bedeutet. Wie wird die Behörde das festlegen, welche der gemeldeten Neufahrzeuge nun noch ein Verbrenner sein darf und wer ein elektrisches Fahrzeug vorweisen muss?“ Gemeinsam mit weiteren Funktionären wolle man nun einen schnellen Gesprächstermin bei Oberbürgermeister Jung einfordern und die Thematik klären.
Laut der „Taxi Times“ hat sich die Stadt zu mehreren Punkten aus der Verwaltungsrichtlinie mit dem Taxigewerbe beraten, nicht aber zu den zentralen, oben genannten Aspekten. In der lokalen Branche soll nun der Tenor herrschen, dass die Stadt die Anschaffung von Elektro-Taxis erzwingen, aber nicht fördern wolle. Und: Das Verbot von Ladevorgängen in der Öffentlichkeit stehe besonders für die Absurdität der Regelung.
Die neuen Verwaltungsrichtlinien der Stadt Leipzig, die die Neuregelungen beinhalten, sind auf der Webseite der Kommune einsehbar. Da wäre zum einen die fünfseitige Verwaltungsrichtlinie zu den Vorgaben für den Gelegenheitsverkehr in der Stadt Leipzig und zum anderen die vierseitige Verwaltungsrichtlinie zur Festsetzung von Mindestbeförderungsentgelten im gebündelten Bedarfsverkehr und im Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen in der Stadt Leipzig.
Update 21.10.2021: Die von der Stadt Leipzig kürzlich beschlossene Verwaltungsrichtlinie, wonach ab sofort jedes zweite neu angeschaffte Fahrzeug im sogenannten Gelegenheitsverkehr mit elektrifiziertem Antrieb ausgestattet sein muss, wird zurückgezogen bzw. abgeändert. Der Grund sei, dass „für diese Vorgaben ganz konkret die Rechtsgrundlage fehlt“. Statt einer verpflichtenden Regel für Taxiunternehmen und Co. wird nun nur noch „bei Umrüstung bzw. bei Neubeschaffung die Beachtung der Elektromobilität empfohlen“.
Zu dem Schritt hatte die breite Kritik an der entsprechenden Passage der neuen Verwaltungsrichtlinie geführt. Die Gegnerschaft formierte sich nicht nur im Taxigewerbe, sondern auch in der politischen Opposition. Laut der „Taxi Times“ zeigten sich Leipziger Gewerbevertreter erleichtert: „Somit haben wir das Problem teilweise vom Tisch und wir haben Zeit, den eTaxi Plan vorzustellen“, so Thomas Voigt von der Leipziger Zentrale 4884 gegenüber dem Portal.
heise.de, leipzig.de, taxi-times.com, taxi-times.com, heise.de, ratsinformation.leipzig.de (alle drei Update)
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