ZF enthüllt Lösung für vollelektrische Nebenabtriebe
ZF hat eine neue Produktfamilie namens eWorX entwickelt, mit der Nebenabtriebe in Nutzfahrzeugen elektrifiziert werden. Laut dem Zulieferer aus Friedrichshafen handelt es sich um eine Komplettlösung, um den Betrieb von Arbeitsausrüstung lokal emissionsfrei zu gestalten.
Wenn es darum geht, Nutzfahrzeuge zu elektrifizieren, steht nicht nur der Antriebsstrang im Fokus, auch Nebenabtriebe – sogenannte Power Take-offs (PTO) – spielen eine gewichtige Rolle. In Verbrenner-Nutzfahrzeugen sind sie an den Motor beziehungsweise an das Getriebe gekoppelt. In elektrifizierten Fahrzeugen unterscheidet sich die Architektur grundlegend von den bislang üblichen Antriebssträngen. „Bekannte Schnittstellen entfallen, deshalb muss auch das Design zukünftiger PTOs neu gedacht werden“, schlussfolgert ZF.
Dass es sich um ein relevantes Feld handelt, unterstreicht das Unternehmen mit dem Statement, dass im Nutzfahrzeug-Segment rund 50 Prozent der Modelle zusätzlich mit Arbeitsequipment für den Einsatz als Kommunalfahrzeug, auf Baustellen, Depots und anderen Arealen ausgestattet sind. „Ob Kranwagen, Kipplaster oder Zementmischer: Um ihren Dienst zu verrichten, benötigen solche Sonderfahrzeuge entsprechend ausgelegte Nebenabtriebe.“
Mit eWorX wollen die Friedrichshafener eine Antwort auf den steigenden Bedarf nach elektrifizierten PTOs geben. Es handele sich konkret um eine vollelektrische Systemlösung, die unabhängig vom Aufbau des Fahrantriebs alle für die Elektrifizierung der Arbeitsgeräte notwendigen Funktionen in einer kompakten, intelligenten Einheit zusammenfasst, führt der Zulieferer aus. Sprich: Das System ist mit allen Arten elektrischer Fahrantriebe kombinierbar – ganz egal, welche Architektur für den Antrieb verwendet wird. Es speist sich dank einer Standardschnittstelle aus der Fahrzeugbatterie.
Kern des Systems bildet der sogenante ZF eCubE, der die Verbindung zwischen der Fahrzeugbatterie und dem modularen elektrischen Nebenabtrieb ZF ePTO herstellt. Dieser treibt wiederum das Equipment an. Im eCubE enthalten sind passende Leistungselektronik, ein Steuergerät und auf die jeweilige Anwendung zugeschnittene Softwarepakete. „Dank nahtloser Anbindung an den CAN-Bus lassen sich eWorX-Lösungen in das Batterie- und Energiemanagement-System des Fahrzeugs integrieren. Auch neue Sicherheits- und Assistenzfunktionen sind möglich – ebenso wie die Option, die Maschinen via Smartphone oder Tablet von außerhalb der Fahrerkabine zu steuern“, zählt ZF auf.
Von einer Produktfamilie spricht der Konzern, da das modulare System in verschiedenen Leistungsklassen angeboten werden soll – passend zu den Erfordernissen der jeweiligen Anwendung. Alle Komponenten lassen sich nach Herstellerangaben einfach in die Hochvolt-Architektur und die Fahrzeugkommunikation integrieren. Durch ihre SiC- (Siliziumkarbid-)Technologie seien sie bereits für 800-Volt-Architekturen geeignet, heißt es. Speziell für den Betrieb von Kühlfahrzeugen steht eine Variante mit einem Drehstromanschluss bis 400 Volt zur Verfügung. Und: Mit einem Local Grid bietet ZF zusätzlich die Möglichkeit, auch externe Arbeitsgeräte mittels Standardsteckern für 400 oder 230 Volt aus dem Bordnetz zu betreiben.
Von der neuen Lösung sollen sowohl Hersteller von Fahrzeugen als auch von Spezialaufbauten profitieren. Neben der Tatsache, dass die Nebenabtriebe mit eWorX lokal emissionsfrei arbeiten, führt ZF auch an, dass das System für eine stark reduzierte Geräuschkulisse sorge, was vor allem den Einsatz in Städten und Wohngebieten erleichtern soll.
„Mit eWorX vereinfachen wir die Integration von Equipment in neue Plattformen massiv und stellen dem Markt eine neue Standardschnittstelle für den Betrieb von Arbeitsaufbauten zur Verfügung“, betont Kleber Vinhas, in der ZF-Division Nutzfahrzeugtechnik zuständig für die Produktlinie der NKW-Antriebsstrangmodule. „Damit haben wir eine intelligente Lösung gefunden, die uns einen Schritt weiter in Richtung null Emissionen bringt.“
Bis zum Marktstart dürfte es allerdings noch etwas dauern. ZF gibt an, dass aktuell der erste Prototyp der Lösung in einem Versuchsfahrzeug in der Erprobung sei. Bei dem Exemplar handelt es sich um einen elektrifizierten, remote-steuerbaren Kipp-Auflieger, der autark vom Zugfahrzeug agieren kann. Die Tests finden unter realen Bedingungen am ZF-Standort in Schweinfurt statt. Weitere Fahrzeuge mit Lösungen für elektrische Nebenantriebe befinden sich laut dem Unternehmen bereits im Aufbau – und zwar „in Kooperation mit diversen Aufbauherstellern“. Auch diese werden im Realeinsatz ausgedehnte Tests absolvieren. Zum Zeitplan der Markteinführung und Preisen äußert sich ZF noch nicht.
Elektrische Nebenabtriebe sind unterdessen auch für andere Hersteller Thema. So wird etwa im Mercedes Econic – einem für 2022 angekündigten E-Lkw für die Abfallentsorgung aus dem Hause Daimler – die Schüttung über eine rein elektrische Niedervolt-Anlage und das Presswerk per Nebenabtrieb betrieben. In Volvos E-Lkw Trio FH, FM und FMX gibt es den Nebenantrieb in elektrischer, in elektromechanischer sowie in getriebeseitiger Ausführung zur Auswahl. Auch DAF und viele weitere Marktakteure haben das Thema für sich entdeckt.
press.zf.com (Pressemitteilung), zf.com (Produktbeschreibung auf der Homepage)
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