NEFTON: Entwicklung von E-Lkw und Megawatt-Ladegerät
In einem neuen Projekt namens NEFTON entwickelt ein Konsortium aus Forschung und Industrie unter Führung der TU München den Prototyp eines Lkw mit Elektroantrieb samt einem bidirektionalen Ladegerät für ultraschnelles Laden im Megawattbereich.
Die Abkürzung NEFTON im Projektnamen steht für „Nutzfahrzeugelektrifizierung für Transportsektor-optimierte Netzanbindung“. Simpler ausgedrückt: Die Projektteilnehmer wollen die Voraussetzung schaffen, dass E-Lkw nicht nur langsam über Nacht, sondern auch tagsüber bei kurzen Stopps mit hohen Ladeleistungen aufgeladen werden können, etwa während das Fahrzeug an der Laderampe steht. „Unser Ziel ist es, Lösungen zu entwickeln, die wirtschaftlich und zeitnah umsetzbar sind. Und zwar mit Technik, die bereits verfügbar ist. Aber die noch niemand in dieser Kombination eingesetzt hat“, sagt Sebastian Wolff vom Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der TU München.
Neben der Münchner Universität sind an NEFTON die Partner MAN Truck & Bus, AVL Software and Functions, Prettl Electronics, die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. und die Technische Hochschule Deggendorf beteiligt. Gefördert wird das Projekt vom BMWi.
Um im Megawatt-Bereich zu laden, schwebt den Initiatoren die Einbindung eines stationären Pufferspeichers vor, durch den sich der teure Netzausbau vermeiden lässt. Die Akkus im Lkw selbst müssen bei der hohen Ladeleistung effizient gekühlt werden. Dafür gebe es verschiedene Lösungsansätze: „Wir werden wahrscheinlich zunächst eine Wasserkühlung für die Batterie, Kabel und Stecker nutzen“, so Wolff. Die Forscher wollen aber die Entwicklung der Batterietechnologie im Blick behalten, denn „effizientere Batterien könnten den Ladevorgang und damit auch die Kühlung vereinfachen“.
Ein weiterer Aspekt: Die Ladesäulen sollen bidirektional funktionieren, sodass Lkw, die etwa für einen längeren Zeitraum auf dem Parkplatz einer Spedition stehen, als Speicher für erneuerbare Energien fungieren können. „Dieses Konzept kann bei Lkw wegen der höheren Speicherkapazität sehr viel attraktiver und wirtschaftlicher sein als etwa bei einem Elektroauto“, veranschaulicht Wolff.
Und wie wird der elektrische Lkw aussehen? Die größten Erneuerungen werden den Projektteilnehmern zufolge von außen nicht sichtbar sein. „Hier werden wir im Projektverlauf innovative Lösungen vorstellen. Der Vorteil an den Lkw ist aber auch, dass sie modular aufgebaut sind. Damit kann eine spätere Serienproduktion der elektrischen Lkw in den bisherigen Produktionsstätten stattfinden.“
Mit dem Megawatt-Laden im Nutzfahrzeugbereich beschäftigen sich auch weitere Akteure, etwa ein Konsortium, das unter dem Projekttitel „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (HoLa) an zunächst vier Standorten je zwei Hochleistungsladepunkte aufbaut und im realen Logistikbetrieb untersucht. Oder das AIT Austrian Institute of Technology, das mit Industriepartnern aus Österreich eine Schnellladelösung für elektrische Schwerfahrzeuge, Busse und Lkw im Multimegawattbereich entwickelt.
Wir erinnern uns: Bereits Anfang 2020 gaben der Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Verband der Elektrotechnik Elektronik und Informationstechnik (VDE) bekannt, die Normung und Standardisierung für das Schnellladen schwerer Nutzfahrzeuge via CCS voranbringen zu wollen – auch international. Während VDA und VDE noch dabei sind, einen solchen Lade-Standard zu definieren, arbeitet die Industrie bereits an entsprechenden Lkw-Lösungen. Die Initiative CharIN – von deutschen Autobauern und Zulieferern gegründet und heute auf mehr als 200 internationale Mitglieder angewachsen – hat etwa einen Lkw-Ladestandard in Vorbereitung, der auf mindestens zwei Megawatt Ladeleistung ausgelegt ist.
tum.de
2 Kommentare