EAD elektrifiziert „alles, was zwei bis sechs Räder hat“
Der Darmstädter Kommunalbetrieb EAD hat die kommunale Mobilität Darmstadts bereits zu einem Fünftel auf E-Antriebe umgestellt – und das trotz eines denkbar großen Fahrzeug-Mix. Projektpartner ist The Mobility House. Das Technologieunternehmen schildert im folgendem Gastbeitrag die Details zu der umfangreichen Flotten-Elektrifizierung.
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Er verantwortet einen der wohl vielfältigsten Fuhrparks der Republik. Diplom-Ingenieur Stephan Döll leitet beim Eigenbetrieb für kommunale Aufgaben und Dienstleistungen (EAD) der Wissenschaftsstadt Darmstadt, die Abteilung Fuhrparkmanagement, Mobilität und Gebäudetechnik. Zum Aufgabenbereich des EAD gehört das komplette A bis Z der kommunalen Daseinsvorsorge einer Großstadt: Von A wie Abfallverwertung, über hauswirtschaftliche Aufgaben und die Gemeinschaftsverpflegung in städtischen Kindertagesstätten und Schulen sowie dem dazugehörigen Schulbusbetrieb, die Innenreinigung städtisch genutzter Gebäude, die Straßenreinigung, der Winterdienst bis hin zu Z wie dem Zoo Vivarium.
Da Dölls Abteilung nicht nur den dafür notwendigen Fuhrpark des EAD, sondern auch den der gesamten Stadtverwaltung mit mehreren Tausend Beschäftigten managt, ist von zwei bis sechs Rädern beinahe alles in der Flotte, was auf dem Markt erhältlich ist: Fahrräder, Lastenräder, drei- und vierrädrige Kleintransporter, Pkw, Kehr- und Abfallsammelfahrzeuge, Stapler, Busse, Transporter, Lkw und etliche weitere kommunale Nutzfahrzeuge. Und möglichst viele sollen in den nächsten Jahren entsprechend der 2018 in Kraft getretenen Mobilitätsordnung der Wissenschaftsstadt Darmstadt nachhaltig angetrieben werden – großteils rein elektrisch.
Aktuell in der Flotte sind eine Handvoll Elektro-Müllsammler, eine rein elektrische Kehrmaschine, zwei VW ID.4 bei der städtischen Polizei, gut zwei Dutzend Renault Zoe, vier StreetScooter sowie einige kleinere Elektrotransporter wie ein VW-Abt T6 und mehrere Renault Kangoo. Auch die Umrüstung vorhandener Verbrenner-Fahrzeuge auf Elektroantrieb sowie ein innerstädtischer Fahrzeugpool, für den derzeit eine Buchungsplattform aufgebaut wird, sollen die kommunale Mobilität in Darmstadt mit ihren gut 450 Fahrzeugen nachhaltiger gestalten. Insgesamt ist bereits knapp ein Fünftel aller Fahrzeuge elektrifiziert. „Im Bereich der Pkw und Kleintransporter liegt der Elektro-Anteil sogar schon bei gut 50 Prozent“, erklärt Döll.
Zuletzt wurde in den vergangenen Wochen ein tonnenschwerer Müllsammler des EAD beim Umrüster Quantron auf einen Batterie-Antrieb umgebaut. Und dieser Elektro-Umbau soll nicht der einzige bleiben. „Wir haben so viele Fahrzeuge hier, die noch gut in Schuss sind. Und es hat wenig Sinn, die jetzt alle rauszuwerfen und neue Fahrzeuge zu kaufen.“ Dank des Förderprogramms „Saubere Luft“ übernimmt der Bund bis zu 90 Prozent der Umbaukosten. „Die Wirtschaftlichkeit vieler unserer Fahrzeuge ergibt sich momentan nur dank der Fördergelder“, räumt Döll ein. Denn gerade bei größeren Nutzfahrzeugen liegen die Anschaffungskosten eines E-Modells deutlich über denen der Diesel-Varianten und machen pro Fahrzeug einen kleinen bis mittleren sechsstelligen Betrag aus.
Aus dem insgesamt 4,9 Millionen Euro schweren Fördertopf finanziert Darmstadt noch einige weitere E-Mobilitätsprojekte. Etwa den Aufbau von Ladeinfrastruktur, damit die vielen E-Fahrzeuge zuverlässig mit Strom versorgt werden können. Erst vor wenigen Monaten hat der EAD seine ersten 32 AC-Ladepunkte an seinem Hauptstandort in Betrieb genommen. Und setzt dabei auf das herstellerunabhängige und flexible Lade- und Energiemanagementsystem ChargePilot von The Mobility House. „Das Konzept von ChargePilot finden wir sehr kundenorientiert“, sagt Döll. „Wir wollen ja auch alles vernetzen. Der EAD hat mehrere Standorte mit Lademöglichkeiten, und wir wollen die gesamte Ladeinfrastruktur an einer Stelle einsehen und überwachen/kontrollieren können. Das wäre mit vielen anderen Systemen für uns nicht zufriedenstellend gelöst worden.“ Zudem kann das Fuhrparkmanagement des EAD die Elektroflotte und den Status aller Ladestationen jederzeit in der ChargePilot Web-Oberfläche im Blick behalten.
In der Umsetzung gab es noch eine besondere Herausforderung, bei der andere Systeme an ihre Grenzen gekommen wären: Am Hauptstandort Sensfelderweg wollte der EAD an einem einzigen Netzanschluss, ohne diesen erweitern zu müssen, fünf voneinander unabhängige Ladeinseln mit 32 Ladepunkten aufbauen. Diese werden zum Teil von einem dynamischen Lastmanagement gesteuert, damit die schwankende Stromversorgung des Verwaltungsgebäudes sowie der Geräte in den Werkstätten berücksichtigt werden kann. „Das war dann schon recht komplex“, so Döll.
Sebastian Karrer, Leiter Key Account Manager bei The Mobility House, sagt ebenfalls, dass die ungewöhnliche Auslegung der Ladeinfrastruktur eine Herausforderung war: „Für uns war das aus technologischer Sicht eine Premiere, und wir haben mehrere unserer Fachleute involviert, um die bestmögliche Umsetzung zu erreichen. Letztendlich konnten wir die Anforderung des Kunden voll erfüllen – und haben selbst auch viel hinzugelernt. So vielschichtig das war, so vorteilhaft ist es: Denn in ähnlichen Folgeprojekten kommt uns diese Expertise zugute.“ Und auf die wird das Technologieunternehmen auch zukünftig setzen, denn der Ausbau beim EAD ist bereits in Arbeit: Neben dem Hauptsitz werden bzw. sind bereits weitere Standorte mit Ladeinfrastruktur ausgestattet; und am Sensfelderweg kommen noch einige weitere Ladepunkte hinzu, um in den kommenden Jahren noch mehr Elektro-Lkw und -Transporter effizient laden zu können.
Die eigentliche Motivation des EAD und der Wissenschaftsstadt Darmstadt, auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umzusteigen, ist die Nachhaltigkeit und die Vorbildfunktion, die eine Kommune dabei einnimmt, wie Döll erklärt. „Wo es geht, arbeiten wir daran, in unserem Fuhrpark nachhaltiger zu werden. Das ist unser Fokus.“
The Mobility House gibt uns in regelmäßigen Gastbeiträgen Einblicke in interessante Elektrifizierungs-Projekte. Berichtet haben die Experten für Lade- und Energielösungen aus München unter anderem bereits über die Umstellung des Fuhrparks des Arbeiter-Samariter-Bundes in der bayerischen Landeshauptstadt, über die E-Flotte der Großbäckerei Harry-Brot oder über die groß angelegte Antriebswende bei der Berner Gruppe.
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