NEVS-Chef: „Haben keine Produktionsvereinbarung mit Sono Motors“
Obwohl Sono Motors bereits 2019 angekündigt hat, sein Solar-Elektroauto Sion von National Electric Vehicle Sweden (NEVS) am schwedischen Standort Trollhättan produzieren zu lassen, gibt es bis heute offenbar keine verbindliche Produktionsvereinbarung dazu. Wir haben bei den Münchnern nachgefragt.
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Das Fehlen eines finalen Vertrags machte NEVS-Chef Stefan Tilk jetzt gegenüber der schwedischen Tageszeitung „Dagens Nyheter“ publik. „Wir haben keine Produktionsvereinbarungen. Zunächst müssen sie ihren Börsengang durchführen und Geld beschaffen. Dann können wir anfangen zu reden“, wird Tilk in dem Bericht zitiert. In deutschen Medien ist dieses Statement erstmals von „Elektroauto News“ aufgegriffen worden. Demnach fügt Tilk hinzu, dass der stets für 2023 genannte Produktionsstart des Sion „funktionieren würde“. Aber es handele sich um eine zusätzliche Dienstleistung, ein zusätzliches Einkommen, „das sich in diesem Fall für uns lohnen müsste. Damit stehen und fallen wir nicht.“ Bis dato habe sein Unternehmen Sono Motors geholfen, einige Teile des Sion fertig zu entwerfen, und Teile der Fabrik in Trollhättan für die Produktion des Elektroautos vorbereitet.
NEVS ist bekanntlich als Evergrande-Tochter unmittelbar von den Finanz- und damit einhergehenden Existenzsorgen des hoch verschuldeten chinesischen Immobilienkonzerns betroffen. 300 Mitarbeiter musste das Unternehmen zuletzt entlassen. Aktuell ist NEVS auf der Suche nach einem neuen Eigentümer. Sono Motors äußerte noch im August gegenüber electrive.net, dass die Produktion des Sion von der Restrukturierung bei NEVS „nicht betroffen“ sei. „Die Vorbereitungen der Produktionsanlagen für die Vorserienproduktion in 2022 und die Sion-Serienproduktion im ersten Halbjahr 2023 laufen bereits planmäßig“, so ein Sprecher des Unternehmens seinerzeit.
Auf eine Bitte um Stellungnahme zu den aktuellen Aussagen von NEVS-Chef Tilk, liefert Sono ein Update zur aktuellen Zusammenarbeit. Dabei bezeichnet Sono den Auftragsfertiger als „Produktionspartner“, äußert sich aber nicht, ob es eine vertraglich fixierte Produktionsvereinbarung gibt. Im Wortlaut teilt Sono Motors mit: „NEVS ist seit 2019 Produktionspartner von Sono Motors und wir stehen seitdem im engen Austausch, so auch aktuell. Die Produktion des Sion ist von der Restrukturierung aktuell nicht betroffen und die Vorbereitungen der Produktionsanlagen für die Vorserienproduktion in 2022 und die Sion-Serienproduktion im ersten Halbjahr 2023 laufen bereits planmäßig.“
Und weiter: NEVS habe sich bereits den aktuellen Entwicklungen angepasst und bei der Anpassung des Personalstands waren die für Sono Motors notwendigen Kapazitäten bisher nicht betroffen. „Mit NEVS haben wir einen Produktionspartner gefunden, der unsere Vision einer zukunftsweisenden und klimafreundlichen Mobilität teilt. Die Produktionsbedingungen im ehemaligen Werk der Kultmarke Saab sind für uns optimal: die entsprechenden Produktionskapazitäten, ein erfahrenes Team und die Produktion unter Verwendung von Strom aus 100 Prozent erneuerbarer Energien“, heißt es aus der Münchner Unternehmenszentrale. Abschließend betont ein Sprecher des Unternehmens, dass ein Team von Sono Motors erst Mitte Oktober für Tests in Trollhättan gewesen sei.
Schon bei der Bekanntgabe der Auftragsvergabe zur Produktion des Sion an NEVS 2019 machten die Münchner eine Menge Details zur geplanten Fertigung publik. So hieß es, dass in dem ehemaligen Saab-Werk des Auftragsfertigers über einen Zeitraum von acht Jahren zunächst 260.000 Fahrzeuge vom Band laufen sollen – nach der Hochlaufphase konkret rund 43.000 Sion jährlich im Zwei-Schicht-Betrieb. „Mit NEVS haben wir den für uns idealen Partner gefunden“, sagt Thomas Hausch, Chief Operating Officer von Sono Motors, zum damaligen Zeitpunkt.
Sono Motors ist seinerseits mit der Vorbereitung seines US-Börsengangs befasst. Darauf hatte NEVS-Chef Tilk in dem Eingangs-Statement ja unter anderem angespielt. Vor wenigen Tagen reichten die Münchner bei der US-Börsenaufsicht SEC ein offizielles Registrierungsformular für den geplanten Börsengang seiner Stammaktien ein. Die Anzahl der angebotenen Aktien und die Preisspanne für das potenzielle Angebot sind allerdings noch nicht bestimmt worden. Sono Motors betont außerdem, dass „das Angebot den Marktbedingungen unterliegt, und es nicht gewährleistet werden kann, ob oder wann das Angebot abgeschlossen werden kann oder in welchem Umfang oder zu welchen Bedingungen es tatsächlich erfolgt.“
Als Resümee lässt sich also festhalten, dass sowohl bei NEVS als auch bei Sono Motors aktuell viel Dynamik im Geschäftsaufbau herrscht – teils mit unvorhersehbarem Verlauf. Die Produktion des Sion scheint von beiden Seiten gewollt, aber aufgrund finanzieller und unternehmensorganisatorischer Schwebeverfahren noch mit Fragezeichen behaftet zu sein.
Unabhängig von der Finanzierungs- und Produktionsorganisation hat Sono Motors diese Woche übrigens bekannt gegeben, dass der bisher stets genannte Preis von 25.500 Euro für den Sion ab der 15.000. Reservierung um 3.000 Euro auf 28.500 Euro steigen wird. In einem Newsletter kommentierte das Unternehmen den Schritt wie folgt: „Es ist üblich, als neuer Marktteilnehmer mit einem sehr wettbewerbsfähigen Preis auf den Markt zu gehen. Es war daher schon immer geplant, den Preis des Sion langfristig anzupassen.“
Update 01.11.2021: Genau 15.000 Privatkunden-Reservierungen für den Sion hat das Münchner Solar-Elektroauto-Startup Sono Motors bis dato erhalten. Die durchschnittliche Anzahlungssumme liegt bei rund 3.000 Euro. Sono Motors plant, den aktuellen Nettopreis des Sion von 21.400 Euro auf 23.900 Euro (jeweils Nettopreise) anzuheben, entweder am 15. November oder sobald 16.000 Reservierungen erreicht werden – je nachdem, was zuerst eintritt. Zuvor war noch von „ab der 15.000. Reservierung“ die Rede.
dn.se (auf Schwedisch) via elektroauto-news.net, twitter.com (Tests in Trollhättan), sonomotors.com (Update)
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