Artemis-Produktion in Hannover wohl auf dem Prüfstand
Der Zuschlag, die Artemis-Modelle von Audi, Porsche und Bentley im Werk Hannover von VW Nutzfahrzeuge zu bauen, galt als großer Erfolg für die Zukunft des Werks. Laut einem Medienbericht wollen zwei der drei Marken nun Änderungen.
Wie die „Automobilwoche“ ohne Angabe von Quellen berichtet, wollen vor allem Porsche und Bentley ihre Premium-Stromer nicht oder nicht vollständig in Hannover bauen lassen. Porsche-Chef Oliver Blume wird in dem Bericht zugeschrieben, er sehe Artemis „als Baukasten, aus dem sich Porsche bedient“. So soll der elektrische Cayenne-Nachfolger zwar die Artemis-Technologien nutzen, aber im VW-Werk Bratislava gebaut werden.
Porsche wolle die Produktion an einem „erprobten Cayenne-Standort“, so die „Automobilwoche“. Damit kämen zwei Werke in Frage: Der Porsche-Standort Leipzig, wo die ersten beiden Generationen des SUV gebaut wurden. Favorit sei aber das VW-Werk Bratislava, wo derzeit die dritte Generation des Cayenne vom Band läuft. Eine Entscheidung, wo der Artemis-Porsche gebaut werden soll, ist aber offenbar noch nicht gefallen.
Anders ist die Lage wohl bei Bentley: Hier gelte es inzwischen als sicher, dass der Artemis-Bentely „nicht komplett aus Hannover kommen“ werde. Das Modell soll schließlich der erste rein elektrische Bentley werden und die Transformation zur reinen Elektromarke bis 2030 anführen. Dass dieses wichtige Modell nicht in England gebaut werden sollte, stieß offenbar auf Widerstand. Der Kompromiss laut der „Automobilwoche“: Hannover liefert die vormontierten Karosserien samt Antrieb und Batterie. Im Bentley-Werk Crewe soll die Verantwortung für das Interieur und den Lack liegen.
Wie genau das logistisch ablaufen soll, geht aus dem Bericht nicht hervor. Werden in Crewe Antrieb und Batterie der aus Hannover zugelieferten Karossen ausgebaut, damit das Fahrzeug lackiert werden kann? Oder werden die Karossen ohne Antrieb zum Lackieren nach England gebracht, um danach in Hannover den Antrieb zu erhalten, bevor in Crewe der Innenraum verbaut wird?
Derartige Nachverhandlungen kommen bei den Beschäftigten in Hannover nicht gut an. Gegenüber der „Automobilwoche“ verweist der dortige Betriebsrat auf den Standortvertrag mit der festgeschriebenen Beschäftigungssicherung bis 2029. „Es ist die Aufgabe des Managements dafür zu sorgen, dass unser Werk durch entsprechende Fahrzeugprojekte ausgelastet ist“, sagt VWN-Betriebsratschefin Bertina Murkovic. „Das ist aktuell der Fall. Sollte es hieran Änderungen geben, müssen diese mit der Arbeitnehmervertretung beraten und abgestimmt werden!“
Während es im Fall der Artemis-Produktion auf irgendeine Art Kompromiss herauszulaufen scheint, gibt es auch bei der möglichen Produktion eines E-Modells im VW-Stammwerk Wolfsburg offenbar Bewegung. Laut der „Automobilwoche“ (wiederum ohne Angabe von Quellen) könnte Wolfsburg eine Überlaufproduktion für den ID.3 oder ID.4 erhalten. Diese würde bei erhöhter Nachfrage nach diesen Modellen die Produktion hochfahren und den Bedarf decken. Der ID.3 wird aktuell für Europa nur in Zwickau gefertigt, während beim ID.4 neben Zwickau auch die Produktion in Emden vorbereitet wird.
Sollte die Überlaufproduktion des Werks Zwickau in Wolfsburg angesiedelt werden, könnte der Audi-Standort Neckarsulm das Nachsehen haben. Für das baden-württembergische Audi-Werk nahe Heilbronn wäre es ebenfalls das erste E-Modell. Dort könnte zur Entlastung des Zwickauer MEB-Werks der Q4 e-tron gebaut werden. Eine Entscheidung zum Standort der Überlaufproduktion ist wohl noch nicht gefallen. Die Sitzung der Planungsrunde des Konzerns wurde zuletzt auf den 9. Dezember verschoben.
automobilwoche.de
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