VW plant offenbar neues E-Werk nahe Wolfsburg
Volkswagen wird für seine kommende Generation von Elektroautos (Projekt „Trinity“) in Wolfsburg womöglich eine komplett neue Fabrik bauen. Die Quelle hierfür ist niemand Geringerer als VW-Markenchef Ralf Brandstätter. Eine Entscheidung soll im Dezember fallen.
Kurzer Rückblick: Im Oktober gab es Berichte, wonach VW für die Trinity-Produktion innerhalb des Werks Wolfsburg den Bau einer neuen Montagehalle erwäge. Konkret wurde als Standort ein Parkplatz neben der Halle 54 genannt. Kurze Zeit später berichtete die „Wirtschaftswoche“, dass es insgesamt drei Optionen gebe. Neben der Produktionshalle umfassen die Optionen demnach auch den Bau eines neuen Werks außerhalb des heutigen Stammwerks vor – das laut der „Wiwo“ chancenreichste Konzept sei die Errichtung einer völlig neuen Fabrik auf dem bestehenden Werksgelände.
Das VW-Management selbst präferiert aber offenbar die Option 2 außerhalb des Stammwerks „Das ist die vielversprechendste Alternative“, sagte VW-Markenchef Ralf Brandstätter am Dienstag bei einem Pressegespräch. Laut Brandstätter spreche vieles für den Neubau auf der grünen Wiese, da sich so die „nötigen, deutlich höheren Produktivitätsziele viel eher erreichen als in einem vor Jahrzehnten errichteten Werk“. Das bespreche man im Moment mit allen Beteiligten des VW-Konzerns, so Brandstätter.
Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Einen Beschluss wird der Aufsichtsrat in seiner nächsten Sitzung am 9. Dezember fassen. Auf dieses Datum wurde auch die Planungsrunde verschoben, bei der die Modellverteilung (und damit die Auslastung der Werke) festgelegt wird.
Dem Top-Management schwebt offenbar eine Jahresproduktion von 250.000 Fahrzeugen vor. Angaben zu den Baukosten und den Beschäftigten des neuen Werks machte Brandstätter nicht. Gerade die Zahl der Mitarbeitenden hänge von der Fertigungstiefe ab, die noch nicht endgültig beschlossen worden sei, schreibt etwa das „Handelsblatt“ unter Berufung auf den VW-Markenchef.
Wie das „Manager Magazin“ ohne Angaben von Quellen schreibt, solle das neue Werk „mittelfristig auf eine Jahreskapazität von mehr als 200.000 Autos ausgelegt“ werden – es sei aber auch von bis zu 300.000 Autos die Rede. Die Strategen in Wolfsburg hätten zwar geprüft, die Anlage auf dem bestehenden Werksgelände zu bauen – derartige Stückzahlen sind aber wohl an der Logistik gescheitert, weshalb eine Erweiterung offenbar wirtschaftlicher ist.
Die Fertigung von Elektroautos im Stammwerk Wolfsburg war zuletzt zu einem Konzern-internen Politikum geworden. Angesichts der starken Nachfrage nach den in Zwickau gebauten MEB-Modellen forderte der Betriebsrat unter Daniela Cavallo noch vor dem Start von Trinity 2026 eine E-Produktion in Wolfsburg. Für die am 9. Dezember tagende Planungsrunde soll Berichten zufolge ein Szenario sein, dass Wolfsburg die MEB-Überlaufproduktion aus Zwickau enthält.
Konflikt mit dem Betriebsrat noch nicht ausgestanden
Die Pläne für ein zweites Wolfsburger Werk – obwohl noch nicht beschlossen – finden übrigens die Zustimmung des Betriebsrats. „Mit dem Bau eines zweiten Werks in Wolfsburg sichern wir hier die Beschäftigung“, schrieb Cavallo in einer Mitarbeiterzeitung. Die Pläne seien „mutig und damit genau richtig“.
Cavallo wiederholte auch die Forderung, „schnellstmöglich“ die Produktion eines Elektromodells der aktuellen ID.-Reihe nach Wolfsburg zu holen, um das alte Stammwerk besser auszulasten und dort Jobs zu sichern. Der Konflikt ist also noch nicht ausgestanden, denn laut dem „Handelsblatt“ plant Brandstätter anders: Erst wenn die Trinity-Produktion in dem neuen Werk läuft, wolle VW „wahrscheinlich 2027“ mit der Umrüstung des bestehenden Stammwerks auf Elektroautos beginnen. Dort werden auf vier Linien vor allem Golf und Tiguan gebaut.
Laut der Wirtschaftszeitung deutete Brandstätter an, dass vorerst zwei der vier Linien auf eine E-Fertigung umgerüstet werden sollen. Bis in die 2030er Jahre hinein könnte Wolfsburg dann 250.000 Verbrenner pro Jahr bauen – und 250.000 E-Autos auf den anderen beiden Produktionslinien im Stammwerk. Mit den ebenfalls 250.000 Fahrzeugen aus dem neuen Werk würde die Wolfsburger Produktion somit bei rund 750.000 Fahrzeugen pro Jahr liegen.
handelsblatt.com, manager-magazin.de
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