Gaussin enthüllt BZ-betriebenen Renn-Lkw
Der französische Hersteller Gaussin hat mit dem H2 Racing Truck seinen ersten E-Lkw vorgestellt. Der Brennstoffzellen-betriebene Truck soll die Leistungsfähigkeit von Gaussins angekündigter Elektro-Plattform demonstrieren – und zwar auf Langstrecken-Einsätzen wie der Rallye Dakar im Januar.
Der H2 Racing Truck dient Gaussin zufolge als Technologieträger für die Weiterentwicklung seiner ab 2022 geplanten Straßen-Lkw-Palette auf Basis seiner neuen Skateboard-Plattform für BEV- und FCEV-Trucks. Gaussin stößt damit als neuer Player in den E-Lkw-Markt vor. Die Plattform soll Fahrzeuge von 18 bis 44 Tonnen unterstützen.
Zum Datenblatt des H2 Racing Truck: Das für die Straße zugelassene Allrad-Modell kombiniert zwei E-Motoren mit je 300 kW mit einem 82-kWh-Batteriepaket und einer 380 kW leistenden Brennstoffzelle. Zum Antrieb gehören ferner ein Kühlsystem und Tanks mit einem Fassungsvermögen für 80 Kilogramm Wasserstoff. Die Reichweite unter Rennbedingungen gibt Gaussin mit rund 250 Kilometern an, die Höchstgeschwindigkeit mit 140 km/h und die Tankzeit mit 20 Minuten.
Das Leichtbau-Chassis sei speziell für die Leistung und Integration des Wasserstoff-Systems geschaffen, teilt der Hersteller mit. Letzteres sei mit Blick auf die Rennbedingungen unter extremen Bedingungen getestet worden, „die weit über die üblichen Tests der Hersteller für den Straßenbetrieb hinausgehen“.
Beim Design des Renn-Lkw kommt zum ersten Mal die Kooperation mit Pininfarina zum Tragen. Die italienische Design-Schmiede hatten die Franzosen im Sommer engagiert. Aufgabe von Pininfarina sei es, „ein völlig neues Kabinenkonzept kreieren, das für Fahrerkomfort und Sicherheit steht und sich gleichzeitig intelligent mit der Plattform verbindet“, hieß es seinerzeit. Das Design soll die gesamte geplante Palette der Gaussin-Lkw auszeichnen.
Als geplante Serienmodelle gelten vier weitere emissionsfreie Modelle: eine Zugmaschine, ein autonomer Lkw, ein Verteilerfahrzeug und ein Baustellenfahrzeug. In den künftigen Straßen-Lkw mit Brennstoffzellen-Antrieb soll die Reichweite auf 800 Kilometer steigen. Alternativ arbeitet Gaussin an BEV-Versionen mit Batteriewechselsystem, die eine Reichweite von 400 Kilometern bei einer Batteriewechselzeit von drei Minuten aufweisen sollen.
Die Gaussin-Gruppe – bisher vor allem für autonome und elektrische Spezialfahrzeuge für die Hafen- und Flughafenlogistik bekannt – hat im Zuge des Plattform-Launches vor Kurzem eine eigene Tochtergesellschaft für Straßentransporter gegründet. Das Skateboard soll im eigenen Haus verwendet, aber auch Dritten angeboten werden. Gaussin nennt in letzterer Kategorie unter anderem „Marktteilnehmer im Bereich autonomer Navigationssoftware“ als Zielgruppe – denn das Skateboard soll sich auch für autonome Sattelschlepper eignen.
Die Plattform selbst soll noch 2021 auf den Markt kommen. Für die eigenen Lkw nennt Gaussin noch keinen Zeitplan. Im Juni wurde bekannt, dass Microvast die Batterien zum Einbau in das Skateboard zuliefern wird. Der Umfang der langfristigen Zusammenarbeit zwischen Gaussin und dem Batteriehersteller sieht die Lieferung von Akkus mit einer Gesamtkapazität von mindestens 1,5 GWh in den nächsten fünf Jahren und bis zu 29 GWh bis 2031 vor. Innerhalb des Vertrags können offenbar verschiedene Batterie-Typen geliefert werden: Microvast kann nach eigenen Angaben „in seinen Standard-Akkupacks eine große Auswahl an unterschiedlichen Zellchemien bereitstellen, die die unterschiedlichen Anforderungen in Bezug auf Leistung, Energiedichte und Lebensdauer erfüllen“.
Gaussins Pläne sind extrem ehrgeizig: Ziel sei es, das Skateboard über ein Netzwerk von Lizenznehmern zu produzieren, um seine internationale Verbreitung zu beschleunigen, teilen die Franzosen mit. Ein ehrgeiziges Programm von 41 Lizenzen innerhalb von 36 Monaten würde es Gaussin ermöglichen, fünf Prozent des Marktes für Lkw mit sauberer Energie zu erobern, was einem kumulierten Absatz von 450.000 Fahrzeugen bis 2031 entspricht.
Gaussin bezeichnet sich selbst als Spezialist für Fracht- und Personentransport, autonome Technologien für AGVs (Automotive Guided Vehicles) und für die Integration von Batterien und Brennstoffzellen. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen weltweit 50.000 Fahrzeuge in den Bereichen Hafen- und Flughafenmobilität, Logistik und Personentransport im Einsatz. Als strategische Partner nennt das Unternehmen unter anderem Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics im Flughafenbereich, Bolloré Ports und ST Engineering in den Häfen und Bluebus (ebenfalls eine Bolloré-Tochter) im Bereich Personenmobilität.
auto-motor-und-sport.de, insideevs.de, autocar.co.uk, gaussin.com (PDF)
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