DHL Express lässt H2-Lkw täglich 200 Kilometer pendeln
DHL Express testet aktuell einen E-Lkw mit Brennstoffzellen-Range-Extender von VDL. Der Lkw legt für die Sparte der Deutschen Post DHL Group täglich eine Strecke von etwa 200 Kilometern in der Benelux-Region zurück. Die Erprobung ist in ein größer angelegtes europäisches Testprogramm eingebettet.
Innerhalb der Konzerngruppe ist DHL Express der erste Unternehmensbereich, der einen H2-Lkw in der Logistik austestet. Betrieben wird der 27-Tonner von dem niederländischen Spediteur Nassau Sneltransport und transportiert werden einzig DHL-Express-Sendungen mit Produkten der Marke Apple.
Zum Nachtanken hält der von VDL gebaute Wechselbrücken-Lkw täglich an einer mobilen Tankstelle von Hersteller Wystrach. Die Projektinitiatoren gehen davon aus, dass sich durch den Einsatz des H2-Lkw während der Pilotphase bis zu 350 Tonnen CO2 einsparen lassen. Technisch betrachtet werden die Batterien des Lkw während der Fahrt mit dem von der Wasserstoff-Brennstoffzelle erzeugten Strom aufgeladen. Dank dieses Range-Extender-Prinzips kommt das Fahrzeug auf deutlich höhere Reichweiten als Batterie-elektrische Pendants.
DHL Express integriert das Exemplar im Rahmen des EU-finanzierten Projekts „H2Share“ vorübergehend in seine Flotte. Der Brennstoffzellen-Lkw wird im Zuge des Projekts sozusagen zu Testzwecken von Unternehmen zu Unternehmen weitergereicht. Im Frühjahr 2020 berichteten wir bereits über den Einsatz des Fahrzeugs unter dem Dach der Logistikfirma Breytner aus dem niederländischen Schelluinen. Zu jenem Zeitpunkt waren insgesamt sechs Stationen in Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich geplant. Zu den weiteren, zwischenzeitlichen Testern zählen unter anderem die Colruyt Group und die ABC-Logistik GmbH aus Düsseldorf.
Nun ist also DHL Express an der Reihe. Laut Alberto Nobis, CEO von DHL Express Europa, beweist das Projekt, „dass wir eine wirklich emissionsfreie Logistik in Europa erreichen können, wenn wir uns zusammentun und auf Erfahrungen aufbauen.“ Während Batterie-elektrische Lkw effizient für die Zustellung auf der letzten Meile eingesetzt werden könnten, seien Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien wie Wasserstoff wichtig für den emissionsfreien Linienverkehr. „Deshalb engagieren wir uns nicht nur für die Elektrifizierung unserer Flotte, sondern investieren auch in die Entwicklung alternativer Antriebssysteme für lange Strecken“, so Nobis.
Fakt ist allerdings: Innerhalb der Deutschen Post DHL Group soll die Elektromobilität nach derzeitigem Stand vor allem in der Brief- und Paketzustellung – sprich auf der letzten Meile – eine Rolle spielen: Bis 2025 soll die Zustellflotte des Konzerns 37.000 E-Fahrzeuge umfassen, bis 2030 ist ein Anteil von 60 Prozent geplant, das wären dann gut 80.000 E-Fahrzeuge.
Zwischen den Verteilzentren sind unterdessen hauptsächlich Langstrecken-Lkw mit Verbrennungsmotor unterwegs. Im Frühjahr machte der Konzern bereits publik, mehr Sendungen auf die Schiene bringen zu wollen. Die Rede war davon, den Anteil von aktuell zwei Prozent „mittelfristig zu verdreifachen“, wobei langfristig rund 20 Prozent denkbar seien, so die Post im Frühjahr. Zum Einsatz elektrifizierter Langstrecken-Lkw äußerte sich das Unternehmen seinerzeit nicht.
In der aktuellen Mitteilung zieht der Konzern die Nutzung von Wasserstoff bei Langstrecken-Lkw zumindest in Erwägung: „Der Wasserstoff erschließt neue Märkte und kann zu grünen Transportlösungen beitragen. Erkenntnisse aus dem Projekt helfen dabei, das Potenzial dieser Kraftstoffalternative zu evaluieren und die Entscheidungsfindungsprozesse zu unterstützen“, teilt das Unternehmen mit.
Das länderübergreifende H2Share-Projekt läuft bereits seit 2017 und wird von der belgischen Firma WaterstofNet koordiniert. Der Projektname steht für „Hydrogen Solutions for Heavy-duty transport Aimed at Reduction of Emissions in North-West Europe“. Neben den von VDL beigesteuerten 27-Tonner wird im Zuge des Projekts auch eine mobile Wasserstofftankstelle der deutschen Firma Wystrach getestet, die zu allen Einsatzorten des Lkw mitwandern kann.
Zu dem Lkw selbst liegen folgende Leistungsdaten vor: Der E-Motor liefert 210 kW und 1.000 Nm, die Batterie kommt auf eine Kapazität von 82 kWh und ist mit 3C aufladbar. Die Leistung der Brennstoffzelle in ihrer Eigenheit als Range Extender liegt bei 88 kW, das H2-Speichervolumen bei 30 Kilogramm. Als maximale Reichweite gibt VDL für den Lkw 400 Kilometer an.
Wystrachs mobile Tankstation namens WyRefueler arbeitet mit 350 bar und benötigt einen 63A-Anschluss. Sie besteht aus zwei Komponenten: dem Tankcontainer und der Tankstelle. Beide können laut Wystrach unabhängig voneinander als BDF-Wechselbrückenfahrzeug transportiert werden. Die mobile Wasserstofftankstelle ist seit September 2020 frei bestellbar. Das in Weeze ansässige Hersteller selbst befindet sich gerade in einem Übernahmeprozess durch das norwegische Unternehmen Hexagon Purus.
Übergeordnetes Ziel der H2Share-Projektteilnehmer ist es nach eigenen Angaben, die Entwicklung von Wasserstoff-betriebenen Schwerlastfahrzeugen für die Logistik zu erleichtern und praktische Erfahrungen in verschiedenen Bereichen zu sammeln und untereinander zu teilen. Die öffentliche Fördersumme für das Projekt beläuft sich auf 1,69 Millionen Euro aus dem EU-Programm Interreg Nord-West Europa.
dpdhl.com, nweurope.eu („H2Share“-Projektseite)
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