Volkswagen: Deals mit Umicore, 24M und Vulcan Energy
Der Volkswagen-Konzern hat drei weitere strategische Partnerschaften im Bereich E-Auto-Batterien geschlossen. Die neuen Partner sind der Materialtechnologie-Konzern Umicore, der Batteriespezialist 24M Technologies und der Lithium-Lieferant Vulcan Energy Resources.
Die Partnerschaften sind laut Volkswagen zwar voneinander unabhängig, dienen jedoch einem gemeinsamen Ziel: „Der Industrialisierung der Batterietechnologie und der Großserienproduktion von noch nachhaltigeren, innovativen Batterien“, wie es die Wolfsburger in einer begleitenden Mitteilung ausdrücken. Alle drei Partner sollen einen Beitrag zu Volkswagens geplanter Eigenentwicklung und -fertigung von Batteriezellen leisten. Bereits bestehende Kooperationen in diesen Bereichen unterhält der Konzern bekanntlich mit Feststoffbatterie-Spezialist QuantumScape, dem schwedischen Unternehmen Northvolt und dem chinesischen Hersteller Gotion High-Tech.
Hintergrund des wachsenden Partner-Zirkels sind die bei Volkswagens „Power Day“ im Frühjahr vorgestellte Plan zur Entwicklung einer „Einheitszelle“ und zum Bau von sechs Batteriezellenfabriken in Europa bis 2030. Der Weg dorthin führt über „die Ausweitung des Know-hows in der Batterietechnologie, die Stärkung des Kostenmanagements und die vertikale Integration der Batterie-Wertschöpfungskette“, verkündet der Konzern.
So viel zur Vorrede. Mit Umicore plant Volkswagen nun die Gründung eines Joint Ventures, das die künftigen europäischen Zellfabriken von Volkswagen mit Kathodenmaterial beliefern soll. Hierbei handelt es sich also um die eben genannte vertikale Integration der Lieferkette. Die Produktion strebt das Duo für 2025 mit einer anfänglichen Kapazität von 20 Gigawattstunden für die Versorgung der Volkswagen-Gigafabrik Salzgitter (die zusammen mit Gotion High-Tech betrieben wird) an. Danach soll die Kapazität schrittweise erhöht werden – bis zum Ende des Jahrzehnts auf eine jährliche Produktionskapazität von bis zu 160 GWh. „Das entspricht dem Bedarf für den Bau von rund 2,2 Millionen Elektroautos“, präzisiert der Autobauer.
Wie das Joint Venture heißen und wo es ansässig sein wird, ist noch nicht bekannt. Ebenso wenig, wer wie viel investiert. Allerdings hebt Volkswagen den Aspekt hervor, dass man mit Umicore sowohl Vorstufen- als auch Kathodenmaterial in Europa produzieren wolle, die nachhaltige Sicherung von Rohstoffkapazitäten aus verantwortungsvollen Quellen zu wettbewerbsfähigen Preisen anstrebe und gemeinsame Investitionen für die Entwicklung von Technologien der nächsten Generation vorsehe. Zu einem späteren Zeitpunkt wollen die Partner auch Aspekte der Veredelung und des Recyclings in das Gemeinschaftsunternehmen einzubeziehen.
Laut Umicore-CEO Mathias Miedreich bezeichnet das Projekt als „einzigartiges Joint Venture“. Und: „In Sachen Technologie, Innovationskraft und industriellem Know-how ergänzen wir uns optimal. Wir schaffen damit ein starkes Umfeld für die Entwicklung von Batteriematerial-Technologien der nächsten Generation und sichern uns einen beträchtlichen Vorsprung in diesem schnell wachsenden Markt.“
Kommen wir zu Partnerschaft Nummer zwei: Volkswagen beteiligt sich am US-Batterie-Startup 24M Technologies, einem Spin-off des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Ziel sei es, die 24M-Technologie – ein Semi-Solid-Prozess, der eine Verbesserung gegenüber dem Trockenbeschichtungsverfahren darstellt – auf dem Gebiet von Elektroautobatterien zu industrialisieren, heißt es aus der Konzernzentrale.
Das US-amerikanische Unternehmen ging 2010 aus dem Batteriehersteller A123 hervor. Einen großen Schritt in Richtung Kommerzialisierung seiner Semi-Solid-Technologie machte 24M bereits Anfang 2021: Im Januar wurde eine Lizenzvereinbarung mit dem norwegischen Unternehmen Freyr bekannt. Volkswagen ist nun der nächste Lizenznehmer – und präzisiert: „Perspektivisch soll durch reduzierten Materialeinsatz sowie Wegfall mehrerer Schritte des herkömmlichen Produktionsprozesses eine erhebliche Kostenoptimierung in der Batterieproduktion erreicht werden. Dazu wird eine neue Tochtergesellschaft von Volkswagen die Technologie auf der Grundlage von Patentrechten von 24M für Automobilanwendungen weiterentwickeln und skalieren.“
Als „mögliche Vorteile“ der Solid-State-Technologie zählen die Wolfsburger eine um bis zu 40 Prozent reduzierte Produktionsfläche, erhebliche Einsparungen bei den Investitionen, ein effizienteres Produktrecycling sowie die Verbesserung der CO2-Bilanz der Batterieproduktion auf. Die Einführung des Verfahrens in die Großserienproduktion sei für die zweite Hälfte des Jahrzehnts geplant.
„Unsere Beziehung zu Volkswagen erweitert das 24M-Ökosystem erheblich“, äußert Naoki Ota, Präsident und CEO von 24M. „Die Investitionen von Volkswagen, die gemeinsame Entwicklung und die Fähigkeit, weltweit zu skalieren, werden die Entwicklung unserer Produktionsplattform beschleunigen, um den herkömmlichen Herstellungsprozess ersetzen und die Einführung von Elektrofahrzeugen rasch voranzutreiben zu können.“
Die dritte neue Vereinbarung gilt Vulcan Energy Resources: Mit dem deutsch-australischen Lithiumunternehmen hat Volkswagen nun einen verbindlichen Vertrag über die Lieferung von CO2-neutralem Lithium aus dem Oberrheingraben in Deutschland unterzeichnet. Der Kontrakt sieht die Lieferung von Lithiumhydroxid über einen Zeitraum von fünf Jahren ab 2026 vor. Ähnliche Deals haben gerade erst Stellantis und Renault mit Vulcan Energy unterzeichnet. Auch LG Energy Solution gehört zu den Abnehmern.
Zur Abnahmemenge macht Volkswagen im Gegensatz zu den anderen beiden Autoherstellern keine Angaben (Stellantis: 16.200 und 19.800 Tonnen pro Jahr ab 2026, Renault: zwischen 26.000 und 32.000 Tonnen zwischen 2026 und 2032 insgesamt). Die Wolfsburger äußern lediglich, dass das Produkt „dazu beitragen wird, den Bedarf von Volkswagen für die künftige Zellproduktion in Eigenregie in Deutschland und Europa zu sichern. Weitere Aspekte einer möglichen strategischen Partnerschaft werden derzeit verhandelt.“
„Durch diese Vereinbarung wird Vulcan Energy zu einem wichtigen Partner im Zusammenhang mit dem weltweit wegweisenden Ziel von Volkswagen, klimaneutrale Elektrofahrzeuge zu produzieren – einschließlich aller Rohstoffe in der Batterie-Lieferkette“, betont Francis Wedin, Managing Director von Vulcan Energy. „Wir freuen uns auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Volkswagen Konzern, um eine nachhaltige, lokale Lithiumversorgung für den deutschen und europäischen Automobilsektor aufzubauen.“
Unter den neuen Partnern bestehen teils wiederum eigene Kooperationen. So etwa zwischen Umicore und Vulcan Energy. Thomas Schmall, Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG für den Geschäftsbereich Technik und CEO von Volkswagen Group Components, äußert, dass die Einheitszelle von Volkswagen in puncto Leistung, Kosten und Nachhaltigkeit von Anfang an überzeugen müsse. „Mit unseren neuen Partnern kommen wir diesem Ziel einen weiteren Schritt näher. Gemeinsam gehen wir die zentralen Bereiche der Batterie-Wertschöpfungskette an und entwickeln Spitzentechnologien.“
Erster Produktionsstandort für die Einheitszelle ist ab 2025 Salzgitter. Dort schlüpft wie berichtet Gotion High-Tech (anstelle von Northvolt) in die Rolle des Volkswagen-Produktionspartners. Northvolt wird derweil in Schweden Premium-Zellen bauen, deren Kathoden einen hohen Nickel-Anteil aufweisen. Die dritte Batteriezellen-Fabrik wird in Spanien entstehen, eine vierte möglicherweise in Tschechien. Jedenfalls wachsen dort die Bemühungen um die Ansiedlung einer der sechs geplanten Batteriezellen-Gigafactorys.
Bisher kaufen die Wolfsburger ihre Zellen vor allem bei den südkoreanischen Samsung-Konkurrenten LG Energy Solution und SK Innovation ein. Wie die Nachrichtenagentur Reuters wenige Tage nach dem Power Day im März berichtete, habe Volkswagen den beiden Unternehmen einige Tage vor der Präsentation der Einheitszelle mitgeteilt, dass deren aktuelle Batterietechnologie von den künftigen Plänen des Konzerns weitgehend ausgeschlossen sei.
volkswagen-newsroom.com
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