Mercedes Vision EQXX: Mehr Reichweite dank hoher Effizienz
Mit dem Vision EQXX hat Mercedes-Benz im Rahmen der CES ein neues, elektrisches Konzeptauto enthüllt. Wie bei früheren CES-Studien der Stuttgarter ist der Vision EQXX kein konkreter Vorbote auf ein Serienmodell – soll aber dennoch einen Ausblick auf eine ganze Reihe von Technologien geben, mit denen Serienfahrzeuge sparsamer werden können.
Die Mission des Autos sei es, der effizienteste Mercedes-Benz zu werden, der je gebaut wurde, wie der Hersteller in der Mitteilung festhält. Bei der Reichweite soll der Vision EQXX mit über 1.000 Kilometern aus einer einzigen Batterieladung „ein neues Level erreichen“. Und das eben nicht mit einer größeren Batterie, sondern dem effizienteren Umgang mit der Energie. Die 1.000 Kilometer wurden allerdings nicht in einem Test ermittelt, sondern es sei anhand „interner, digitaler Simulationen davon auszugehen, dass der Technologieträger in realem Straßenverkehr mit einer einzigen Batterieladung über 1.000 Kilometer weit fahren wird“, so Mercedes.
Die grundsätzlichen Stellhebel sind alles andere als neu: Der Antriebsstrang selbst soll effizienter werden, Leichtbau-Werkstoffe senken das Gewicht, spezielle Reifen den Rollwiderstand. Kombiniert mit einer ausgefeilten Aerodynamik – der cW liegt bei 0,17 – und integrierten Solarzellen soll der Verbrauch auf unter 10 kWh/100 km sinken.
Neu soll daran sein, wie diese einzelnen Ziele erreicht wurden – und wie sie zu einem Gesamtpaket integriert wurden. Das „radikal neue“ und von Mercedes-Benz entwickelte Antriebskonzept soll einen Wirkungsgrad von 95 Prozent von der Batterie bis zu den Rädern ermöglichen. Das betrifft also nicht nur den E-Motor als solches, sondern auch die Leistungselektronik und die gesamte Mechanik des Antriebsstrangs. „Einer der besten Wege, die Effizienz zu steigern, ist die Verringerung von Verlusten“, sagt Eva Greiner, Chefingenieurin elektrische Antriebssysteme bei Mercedes-Benz. „Wir haben an jedem Teil des Systems gearbeitet, um Energieverbrauch und Verluste durch Systemdesign, Materialauswahl, Schmierung und Wärmemanagement zu reduzieren. Und unsere hervorragenden Simulationstools haben uns geholfen, schnell herauszufinden, was funktioniert und was nicht.“
Kleinwagen-Batterie mit 100 kWh
Auf die E-Motoren geht Mercedes in der Mitteilung nicht genauer ein, es könnte sich aber um die Radialflussmotoren des von Mercedes übernommenen Spezialisten Yasa handeln. Die Leistung wird mit ungefähr 150 kW angegeben.
Für die Batterie haben die Ingenieure mit Experten der Formel-1-Töchter High Performance Powertrains (HPP) und Mercedes-Benz Grand Prix (MGP) zusammengearbeitet. In dem leichten Batteriegehäuse sind 100 kWh verbaut, allerdings ist das einbaufertige Batteriepaket nur halb so groß und 30 Prozent leichter wie das Batteriepaket aus dem Mercedes EQS. Daimler-Chef Ola Källenius gibt an, dass die Batterie „in einen Kleinwagen passen würde“. Adam Allsopp, Advanced Technology Director bei HPP, ergänzt: „Bei der Entwicklung des Batteriemanagementsystems und der Leistungselektronik wurde größter Wert auf die Verringerung von Verlusten gelegt. Bei der Erreichung dieses Effizienzmeilensteins haben wir viel gelernt, das in künftige Entwicklungsprogramme einfließen wird.“
Konkret soll ein erhöhter Siliziumanteil in der Anode zu der höheren Energiedichte beitragen – ein Weg, den derzeit einige Unternehmen gehen. Zudem soll die von der Mercedes-Entwicklungsabteilung und HPP entwickelte Batterie-Plattform einen höheren Integrationsgrad erreichen – sprich mehr Platz für die Zellen bei weniger Bauraum und Gewicht. Außerdem wurde die Batteriespannung auf 900 Volt erhöht – wie beim Lucid Air. Auch am Batteriemanagement wurde gearbeitet: Die Batterie verfügt über ein aktives Zellbalancing. Es gewährleistet, dass die Energie während der Fahrt gleichmäßig aus den Zellen entnommen wird, was die Systemeffizienz nochmals erhöht.
Die Batterie wird zwar nur per Kabel geladen, dennoch verfügt der Vision EQXX über 117 „ultradünne“ Solarzellen, die in das Dach integriert sind. Die Solarzellen laden zwar nicht direkt die Hochvolt-Batterie – daran arbeitet Mercedes nach eigenen Angaben noch mit seinem Partner Fraunhofer ISE –, sondern werden für andere Systeme genutzt. Über den so verringerten Energiebedarf aus der Hochvolt-Batterie sollen über diesen Umweg bis zu 25 Kilometer zusätzliche Reichweite pro Tag möglich werden. Die Praxis hat aber hier bislang gezeigt, dass die Effekte etwa in Mitteleuropa deutlich geringer sind.
Neue Wärmepumpe soll das letzte Bisschen Restwärme nutzen können
Auch bei weiteren Verbrauchern wurde Hand angelegt: Ein innovatives Wärmemanagementsystem soll die Effizienz der Kühlung der Fahrzeug-Komponenten erhöhen. Ein abgestimmtes Zusammenspiel von Luftklappen, Kühlmittelventilen und Wasserpumpen soll dafür sorgen, dass der Triebstrang inklusive Leistungselektronik stets im optimalen Temperaturfenster arbeitet. Die neue „Multi-Source-Wärmepumpe“ verfügt über einen externen Wärmetauscher und kann so laut Mercedes über einen größeren Temperaturbereich arbeiten – und etwa auch bei der Entfeuchtung der Umgebungsluft dank der „Verdampfer-Enthalpie“ das letzte Bisschen Restwärme ausnutzen können. . Die Enthalpie ist die latente Energie, die als Wärme freigesetzt wird, wenn Wasserdampf in der Luft seinen Aggregatzustand von gasförmig zu flüssig ändert.
Andere Merkmale des EQXX haben nicht direkt mit dem E-Antrieb oder weiteren Stromverbrauchern zu tun, aber dennoch – in der Summe – einen Einfluss auf den Stromverbrauch und somit die Reichweite. Die aerodynamische und leichte Karosserie senkt den Luftwiderstand und das Gewicht. Selbiges gilt auch für die verkleideten Magnesiumfelgen. Unter den Felgen sind leichtere Bremsscheiben aus eine Aluminiumlegierung verbaut, die ebenfalls dabei helfen, das Fahrzeuggewicht zu senken. In der Summe sind es noch ungefähr 1.750 Kilogramm. Davon entfallen 495 Kilogramm auf die Batterie.
Eine weitere aus dem Rennsport abgeleitete Entwicklung ist das rein elektrische Fahrwerk, das auf einen von den Formel-1-Rennwagen inspirierten Hilfsrahmen zurückgreift. Das bringe „Rennsport-Effizienz auf die Straße“, so Mercedes. Ob es auch die Kosten auf Motorsport-Niveau treibt, wird dann die Serienentwicklung zeigen: Mercedes gibt an, dass „viele der innovativen Entwicklungen bereits in die Produktion integriert“ werden, „einige davon auch bei der nächsten Generation des MMA, der Modularen Architektur für Kompakt- und Mittelklassefahrzeuge von Mercedes-Benz“.
mercedes-benz.com, daimler.com
13 Kommentare