Fahrbericht: Mit dem BMW iX3 auf der Langstrecke
In einem ersten Test konnte der BMW iX3 durchaus überzeugen. Auf dem Langstrecken-Test kann das E-SUV auf Verbrenner-Basis viele der positiven Eindrücke bestätigen. An einem wichtigen Punkt konnte der Testwagen aber nicht sein volles Potenzial nutzen, wie der Fahrbericht zeigt.
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Gleich vorweg: Wie die Bilder zeigen, hatten wir noch das Vor-Facelift-Modell des iX3 im Test. Seit September 2021 werden bekanntlich die optisch überarbeiteten Modelle gebaut und seit Ende des letzten Jahres auch hierzulande ausgeliefert. An der Antriebstechnik hat sich mit dem Facelift aber nichts geändert – weshalb unsere Erfahrungen auch für die jetzt ausgelieferten Modelle immer noch Relevanz haben.
Die Erwartungen an den Testwagen sind hoch: Unser Kollege Christoph M. Schwarzer hält den iX3 für eines der besten Elektroautos auf Verbrenner-Basis. Diese Eindrücke haben wir auf die Probe gestellt und weitere Verbrauchs- und Ladetests durchgeführt.
Kurz noch einmal die technischen Daten zu Antrieb und Akku, bevor die Reise losgeht: Die fünfte Generation der eDrive-Technologie fasst E-Motor, Getriebe und Leistungselektronik in einer eigenen Komponente zusammen. Eine Besonderheit ist, dass der E-Motor keine Seltenen Erden benötigt. Die Leistung der E-Maschine am Heck geben die Münchner mit 210 kW an. Das Drehmoment liegt bei 400 Nm. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der iX3 in 6,8 Sekunden. Schluss ist bei 180 km/h in der Spitze.
Die nötige Energie liefert ein 73,8 kWh großer Akku (netto, 80 kWh brutto), der im besten Fall für eine WLTP-Reichweite von bis zu 458 Kilometer (Facelift-Modell bis zu 461 Kilometer) sorgen soll. Für den WLTP-Verbrauch – angegeben wird dieser inklusive Ladeverluste – nennt BMW einen Wert von 18,6 kWh/100 km.
Der BMW iX3 ist ein Conversion Vehicle
Optisch unterscheidet sich der BMW iX3 von seinem Verbrenner-Pendant hauptsächlich nur durch seine blauen Zierleisten und Designelemente. Dies gilt freilich auch für den Innenraum, der aufgrund der Vielzahl an Bedienelementen leicht überfrachtet wirkt.
Nach kurzer Eingewöhnung in die Bedienung – die Sitze sind sehr bequem – wurde deutlich, dass der BMW iX3 u.a. aufgrund der ausgewählten Materialien und der hohen Verarbeitungsqualität zurecht den Status als Premium-SUV innehat. So viel Premium bringt aber auch ein Leergewicht von knapp 2,3 Tonnen mit sich. Doch kann der iX3 dennoch die bekannten Vorurteile eines Conversion Vehicle wie mangelnde Effizienz aus dem Weg räumen? Eine erste Fahrt sollte bereits einen ersten Eindruck vermitteln.
Erste Fahrt aus dem Harz nach Hamburg
Zur Auswahl stehen im BMW iX3 die Fahr-Modi „Sport“, „Comfort“ und „Eco Pro“. In der Regel fährt – zumindest der Autor – Testwagen nicht überwiegend im Eco-Modus. Hintergrund ist, dass bei vielen Fahrzeugen die Klimatisierung als auch die Motorleistung zu stark gedrosselt werden, auch wenn sich die Modi vereinzelt individuell einstellen lassen. Doch wer macht das wirklich? Der iX3 wurde dennoch primär im „Eco Pro“-Modus gefahren. Die Standardeinstellungen sind bereits so gut gewählt, dass sich Komforteinbußen gegenüber dem „Comfort“-Modus kaum bemerkbar machten.
So führte die erste Fahrt im gewählten Modus aus dem Harz zum ersten Ladestopp zur Aral nach Schwarmstedt. Schon hier zeigte sich ein beachtlicher Verbrauchswert: 18,1 kWh/100 km (brutto) mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 96,4 km/h und einer zurückgelegten Strecke von 65,2 km. Aufgrund einer längeren Mittagspause wurde die Ladekurve zunächst – später dazu mehr – nicht weiter beachtet. Nach der Pause ging es weiter.
Wir waren für diese Tour übrigens mit zwei Autos (BMW iX3 und VW e-Up) unterwegs. Für die zweite Etappe, die von Schwarmstedt nach Hamburg führte, wurden beide Bordcomputer zurückgesetzt. Bei entspannten 110 bis 120 km/h über die Autobahn, wurde nach 130 Kilometern das Ziel in Hamburg erreicht. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 83,6 km/h zeigte der BMW iX3 einen Verbrauch von 18,6 kWh/100 km und der VW e-UP einen Wert von 14,5 kWh/100 km an. Für beide Fahrzeuge in ihrer jeweiligen Klasse ein durchaus sehr guter Wert. Gleichzeitig zeigte sich, dass der iX3 für seine Verhältnisse recht effizient sein kann.
Hamburg nach Schwalmstadt – ohne Ladestopp geht es nicht
Nur wenige Tage später ging es auf die bekannte Strecke von Hamburg nach Schwalmstadt und wieder zurück. Gestartet wurde mit einem State of Charge (SoC) von 57 Prozent. Aufgrund einer geplanten Pause bei Aral in Schwarmstedt wurde bewusst nicht mit einem SoC von 100 Prozent gestartet. Ablesen kann man diesen Wert übrigens im Fahrzeug leider nicht, sondern nur in der BMW-App. Nach zwei Ladestopps – die so nicht notwendig gewesen wären – erreichten wir nach rund 375 Kilometern den Zielort Schwalmstadt. Bei herbstlich sonnigem Wetter (10 bis 15 Grad) stand am Ende ein Verbrauch von 22,8 kWh/100 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 94,7 km/h auf der Uhr. Für die Fahrt von Schwalmstadt nach Hamburg ergab sich folgendes Bild: Der Verbrauch wurde im Bordcomputer mit 21,9 kWh/100 km bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 97,6 km/h (Distanz: 398 Kilometer) angegeben.
Wie schon auf der Fahrt aus dem Harz nach Hamburg wurde auch hier deutlich, wie niedrig der Verbrauch im Verhältnis zu dem massiven Elektroauto bei Richtgeschwindigkeiten auf der Autobahn – wo möglich – sein kann. Ein Fakt, den Christoph M. Schwarzer bereits in Erfahrung bringen konnte. Und: Modelle wie der Audi e-tron, Mercedes-Benz EQC oder Volkswagen ID.4 verbrauchen auf der gleichen Strecke deutlich (unterer einstelliger Bereich) mehr.
In der Praxis bedeuten diese Werte bei überwiegenden Autobahnfahrten Reichweiten von 320 bis 350 Kilometer. Hier sind Toleranzen durch andere Wetterbedingungen oder auch unterschiedliche Fahrstile eingerechnet. Wer den BMW hauptsächlich im Stadtverkehr und auf Landstraßen bewegt, der wird die 400 Kilometer leicht erreichen können.
Doch nach viel Lob folgt nun aber auch Kritik: Der Rückweg nach Hamburg konnte über eine sehr lange Autobahn-Distanz (rund 130 Kilometer) mit Großteils 130 km/h zurückgelegt werden. Danach folgte, dank einer Sperrung, ein Umweg von fast 50 Kilometer über Landstraße. Bei leicht regnerischem Wetter und Temperaturen von um die 10 Grad reichte dieser Streckenabschnitt allerdings nicht aus, um den Akku entsprechend zu temperieren. Bei Ankunft bei Ionity an der Raststätte Harz Ost benötigte der Ladevorgang von 21 auf 72 Prozent bereits 29 Minuten. BMW selbst gibt bei einer DC-Ladeleistung von bis zu 150 kW im Idealfall eine Ladezeit von 34 Minuten für den Ladevorgang von 0 bis 80 Prozent an. Und: Für die Aufzeichnung der Ladekurve konnte der Akku auf einer gesonderten Tour von 80 Kilometern ebenfalls nicht auf Temperatur gebracht werden. Die Ladezeit lag so bei 36 Minuten für den Ladevorgang von 5 auf 80 Prozent.
Doch BMW hat hier Abhilfe geschaffen. Das Facelift des iX3 erhielt ein „vorausschauendes Batteriewärmemanagement“. Das System funktioniert folgendermaßen: Sobald die aktive Routenführung des Navigationssystems einen Zwischenstopp an einem HPC-Lader vorsieht, sorgt das neue Wärmemanagement bereits während der Anfahrt für eine automatische Vorkonditionierung der Batterie. Das System berücksichtige dabei unter anderem die Batterietemperatur, die Restreichweite, die prognostizierte Ladeleistung und den im Rahmen der Gesamtroutenberechnung geplanten Umfang des Ladevorgangs. In der Theorie sollte die ideale Ladekurve also deutlich zuverlässiger erreicht werden. Ob dem wirklich so ist, werden wir mit einem ausführlichen Test des Facelift-Modells überprüfen.
BMW iX3 als entspanntes Reisegefährt
Der BMW iX3 kann kräftig anziehen und zügig beschleunigen, ohne dabei „übermütig“ zu werden – anders als viele Konkurrenten ist der iX3 ausschließlich mit einem Motor im Heck erhältlich, eine Allrad-Version mit zwei E-Motoren gibt es nicht. Bis etwa 160 km/h beschleunigt der Stromer sehr gut, danach wird es bis zu den gedrosselten 180 km/h eher zäh. Aber besonders wohl fühlt sich der iX3, wenn man mit ihm sanft umgeht. Dann zeigt sich das E-Modell der Münchner als entspanntes Reisegefährt, so wie auch bei all unseren Fahrten.
Die Leistung lässt sich sehr fein dosieren. Das gilt auch für die Rekuperation. Mit etwas Übung ist das Fahren mit nur einem Pedal flüssig möglich. Andere Fahrzeuge reagieren hier gern etwas grober. Wird die Vernetzung von Navigation und Geschwindigkeitsregelung genutzt, helfen die entsprechenden Daten und Sensoren gut mit, mit der Energie zu haushalten. Ortsschilder, allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzungen, enge Kurven oder auch Kreuzungen werden so frühzeitig erkannt und die Geschwindigkeit rechtzeitig angepasst bzw. der Rekuperationsgrad selbst bestimmt. Das funktionierte in der Praxis sehr gut.
Ohnehin ist der BMW iX3 mit zahlreichen modernen Assistenten ausgestattet. Einen ersten Eindruck davon finden Sie hier. Mit dem Test des Facelifts werden wir die Assistenten inklusive der Routenplanung mit Ladestopps noch einmal genauer unter die Lupe nehmen.
Fazit
Der BMW iX3 ist keinesfalls ein „typisches“ Conversion Vehicle. Für seine Verhältnisse ist das Fahrzeug effizienter als es den Anschein machen mag. Und: Der BMW iX3 tritt im Segment der Mittelklasse-SUVs an, zu denen durchaus auch der Mercedes-Benz EQC, Audi e-tron, VW ID.4 oder das Tesla Model Y gezählt werden dürfen. Hier muss er sich keineswegs vor den Wettbewerbern verstecken.
Käufer bekommen mit dem iX3 ein Premium-SUV mit enorm hohem Komfort und modernen Assistenzsystemen. Auch in den Punkten ist er mindestens auf Höhe mit der Konkurrenz. Mit einem Kofferraumvolumen von 510 Liter jedoch eher Mittelmaß.
So viel Premium hat jedoch auch seinen Preis. BMW ruft für das Facelift einen Basislistenpreis von 67.300 Euro (brutto) auf. Für die Flotte als Dienstwagen bedeutet dieser Umstand, dass für den geldwerten Vorteil die „0,5 Prozent“-Regel greift. Für Fahrzeuge bis 60.000 Euro (brutto) sind es immerhin nur 0,25 Prozent.
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