Volta Trucks zeigt ersten E-Lkw in Duisburg
In der Kraftzentrale im Duisburger Landschaftspark stand in der vergangenen Woche zwei Tage lang ein Prototyp des Volta Zero – der erste E-Lkw des schwedischen Startups Volta Trucks. Der Stopp in der Metropolregion Rhein-Ruhr ist Teil der derzeit laufenden Roadshow in Europa. Wir haben mit Mitgründer Carl-Magnus Norden über die weiteren Pläne gesprochen.
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Besucher konnten dort das Fahrzeug, das Ende des Jahres in Serienproduktion gehen soll, genauer unter die Lupe nehmen, beispielsweise im außergewöhnlich gestalteten Fahrerhaus sitzen und sich vom Mitgründer Carl-Magnus Norden die Details erläutern lassen oder mit ihm über seine Visionen für das noch junge Unternehmen sprechen.
Norden, der, wie er im Gespräch mit electrive.net sagt, bereits viele Unternehmungen auf die Beine gestellt hat, spricht gern und ausgiebig über Volta Trucks und den Volta Zero. „Ich habe noch nie an einem Unternehmen teilgenommen, bei dem alle so positiv auf das reagiert haben, was wir tun“, sagt er. „Kunden, Lieferanten, Behörden – alle wollen, dass es gelingt.“
Es ist bereits die zweite Phase der European Roadshow. Im vergangenen Frühling war Volta Trucks schon in Paris, Madrid, München, Mailand, Frankfurt, in den Niederlanden und in Großbritannien. Während der Hauptsitz des Unternehmens in der schwedischen Hauptstadt Stockholm liegt, befindet sich die technische Entwicklung in Großbritannien. Neben dem Vereinigten Königreich verfügt Volta Trucks zudem über Vertriebsteams in Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland.
Nach Duisburg sieht der Plan der aktuellen Roadshow von Volta Trucks noch Stopps in Paris, Madrid und Frankfurt vor. In der Woche zuvor war Norden mit seinem Team bereits im österreichischen Steyr, um das Fahrzeug im künftigen Produktionswerk zu zeigen. Dort, so schätzt Norden, waren etwa 400 Personen zugegen.
16-Tonner kommt zuerst, weitere Versionen folgen
Das finale Design des Volta Zero in der 16-Tonnen-Ausführung stellte Volta Trucks im November des vergangenen Jahres vor. Das Fahrzeug ist etwa neun Meter lang, knapp 3,5 Meter hoch und etwas mehr als 2,5 Meter breit. Der Laderaum ist knapp sieben Meter lang und erlaubt eine Nutzlast von 8,6 Tonnen. Insgesamt ist dort Platz für 16 Europaletten, sagt Volta Trucks. Das Design soll auch auf die bis 2024 angekündigten künftigen Versionen mit 7,5 Tonnen, 12 Tonnen und 18 Tonnen übertragen werden.
Der Antriebsstrang stammt von Meritor und befindet sich im hinteren Teil des Fahrzeugs. Dass Meritor den Antriebsstrang für den Volta Zero liefern wird, wurde im Februar 2021 bekannt. Den Angaben zufolge wurde ein dreijähriger Liefervertrag unterzeichnet. Der Plan sah damals vor, dass der E-Antriebsstrang 14Xe ab Sommer in den Meritor-Werken in Asheville und Forest City im US-Bundesstaat North Carolina gefertigt werden und unter anderem mit einem verhältnismäßig geringen Gewicht von 800 Pfund (rund 363 Kilogramm) punkten soll.
Die Batterien kommen von Proterra. Das Fahrzeug ist mit zwei verschiedenen Batterie-Packs erhältlich: Die kleinere Version verfügt über 150 kWh, die größere Version, beispielsweise für Kühlfahrzeuge oder für Unternehmen, die eine etwas längere Strecke zurücklegen wollen, weist 225 kWh auf. Die Reichweite gibt der Hersteller mit 150 bis 200 Kilometer an. Die Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs beträgt 90 km/h. Volta Trucks hatte den Batterielieferanten für seinen E-Lkw Volta Zero im Februar 2021 bestimmt. Der Deal mit dem schwedischen Startup bedeutete für Proterra gleichzeitig den Eintritt in den europäischen Lkw-Markt.
Volta Trucks plant für 2023 die Produktion von 5.000 Fahrzeugen, im darauffolgenden Jahr soll sie auf 14.000 Fahrzeuge und 2025 auf bis zu 27.000 Fahrzeuge gesteigert werden. Die Entscheidung für den Produktionsstandort in Österreich hatte Volta Trucks im vergangenen September bekannt gegeben. Im Suchprozess stand, wie berichtet, auch das ehemalige Nissan-Werk in Barcelona in Spanien zur Debatte, doch fiel unter dem neuen CEO Essa Al-Saleh, der auf den aus persönlichen Gründen zurückgetretenen Rob Fowler gefolgt war, letztlich die Entscheidung auf das Werkt von Steyr Automotive, vormals MAN Truck and Bus Austria.
„Das Schöne daran ist, dass alles da ist“, sagt Norden in Duisburg. „Viele Gebäude, einige der Maschinen, die wir benutzen können, und so weiter.“ Volta Trucks wollte „mit Leuten zusammenzuarbeiten, die wirklich wissen, wie man unsere Lkw zusammenbaut“, erläutert er. Mit dem Entschluss auf das österreichische Werk sei bei Volta Trucks auch der Gedanke einhergegangen, das Risiko des Unternehmens zu verringern sowie Investitionen zu senken – und in der Lage zu sein, „viel schneller auf den Markt zu kommen. Das war für uns ein wichtiges Thema“, so Norden.
Nach der Entscheidung der VW-Tochter MAN, leichte und mittelschwere Lastwagen künftig im polnischen Krakau bauen zu wollen, wurde das österreichische Werk nach einigen Hürden – auch wegen des Widerstands durch das Personal vor Ort – im vergangenen Jahr an den Investor Siegfried Wolf verkauft. Noch ist MAN vor Ort, doch befindet sich Volta Trucks bereits in den Vorbereitungen für die Serienproduktion. Während MAN die Produktion herunterfahre, fahre Volta Trucks sein Vorhaben am Standort hoch, so Norden. In den nächsten Monaten sollen Gebäude angepasst und Maschinen eingebaut, vor allem aber auch das Personal geschult werden.
US-Markt soll ab 2023 beliefert werden
Dafür soll sogar ein Fahrzeug, das als Bausatz in London fertiggestellt wird, nach Österreich geliefert werden, sodass das Personal dort die Montage üben könne. „Und wir haben ihre Leute, die nach Großbritannien kommen und lernen, was wir dort machen“, erläutert Norden. „Das ist ein großer Prozess.“ Die Produktion in Österreich soll zunächst in einer Schicht beginnen und später auf zwei Schichten ausgeweitet werden.
Die meisten Fahrzeuge, die dort zunächst entstehen werden, sind für den europäischen Markt gedacht. Volta Trucks nimmt allerdings bereits den US-Markt in den Blick. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres sollen einige der ersten Fahrzeuge aus Österreich dorthin geliefert werden, vielleicht 100 bis 200 Trucks, sagt Norden. „Wir werden uns wahrscheinlich auf Kalifornien konzentrieren.“
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zunächst steht eine mehrmonatige Testphase an. Das Fahrzeug in Duisburg „ist ein Prototyp, es ist elektrisch, es ist Batterie-betrieben, aber es ist nicht das, was wir produzieren werden“, erläutert Norden. Im vergangenen November gab das Unternehmen bekannt, mit der Produktion von 25 Prototypen für die sogenannte „Design Verification“ begonnen zu haben. Sie werden den Angaben nach im Volta-Werk im britischen Coventry montiert.
Acht Volta Zero für Kundentests in London und Paris
Kurz vor Weihnachten habe das Unternehmen ein erstes Demonstrations-Testfahrzeug gebaut, bestätigte Norden im Gespräch mit electrive. „Also bauen wir 25 davon“, sagt er. Der Großteil davon werde nun verschiedene Tests durchlaufen. Bei einem Fahrzeug handelt es sich um das für die erwähnte Schulung des Personals in Österreich, ein weiteres sei bereits in Nordschweden für Wintertests, so Norden. Ein Lkw soll in die Sahara nach Afrika gehen und wiederum andere zu Teststrecken nach Großbritannien.
Acht Fahrzeuge sind laut Norden für Kundentests in London und Paris vorgesehen. Dabei werden die Lkw nicht von den Kunden selbst in Betrieb genommen, erläutert er, sondern die Fahrweise der Kunden von Volta Trucks gespiegelt, mit beispielsweise der gleichen Ladung. „Wir versuchen, so viel wie möglich aus dem Betrieb zu lernen, und natürlich Feedback von den Kunden zu bekommen“, so Norden.
Innerhalb unterschiedlicher Zeitrahmen werden insgesamt zehn Kunden in die Testphase involviert sein. Einer dieser Kunden ist DB Schenker. Der deutsche Logistikdienstleister hat knapp 1.500 Elektro-Lkw bei Volta Trucks vorbestellt. Die Erkenntnisse aus den Tests sollen in die Serienproduktion mit einfließen, die 1.470 Fahrzeuge für DB Schenker in Österreich hergestellt werden. Die Order ist sowohl DB Schenker als auch für Volta Trucks die bisher größte E-Lkw-Bestellung. Das deutsche Unternehmen will die Fahrzeuge dann zunächst an zehn Standorten in fünf Ländern einsetzen. Ein Kühl-Lkw wird mit Petit Forestier getestet, so Norden. Die Testphase soll insgesamt etwa zwei bis drei Monate gehen.
„Wenn man schneller werden will, macht das das Leben nicht einfacher“
Der strikte Zeitplan zieht sich seit Beginn der Unternehmung durch das Programm von Volta Trucks. Der Prototyp, der in Duisburg steht, sei in 15 Monaten entstanden. Die meisten OEM würden doppelt oder dreifach so lange brauchen, sagt Norden. Viele Dinge würden parallel laufen. „Wenn man schneller werden will, macht das das Leben nicht einfacher“, sagt Norden. Neue Herausforderungen gebe es jeden Tag, „aber es macht Spaß“.
Volta Trucks stünden interessante Dinge bevor, die Anfragen von Kunden, auch zu ihnen zu kommen, häuften sich. „Wir haben unsere Volumenerwartungen erhöht“, sagt Norden, was auch der Blick in die Vergangenheit bestätigt: Noch im September 2020 gab das Unternehmen an, bis Ende 2022 500 Exemplare bauen zu wollen und die Produktion anschließend auf 5.000 Fahrzeuge jährlich im Jahr 2025 zu steigern – davor war gar von 2.000 Exemplaren pro Jahr die Rede.
Der Fokus des Unternehmens liegt derzeit noch auf den größeren Städten und Regionen: „Wir wollen in London, Paris, Madrid, Mailand, der Rhein-Ruhr-Region und in Randstad in den Niederlanden sein. Laut Norden hat sich das Unternehmen bereits für Service-Standorte in Madrid und Mailand entschieden, und es werde noch weitergesucht, auch in Deutschland. „Dann suchen wir auch nach Partnern in kleineren Märkten, damit wir schneller auf den Markt kommen können.“
Mit den Rückmeldungen von Kunden während der Roadshow zeigt sich Norden zufrieden. „Wir haben viel Unterstützung erhalten.“ Mit einem Lächeln im Gesicht erzählt er von der Reaktion eines Kunden, als der in der Fahrerkabine saß: „Wow. Das ist die Zukunft.“
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