„Initiative Bidirektionales Laden“ fordert schnelle Vorgaben
Die im Herbst 2021 gegründete „Initiative Bidirektionales Laden“ hat ein Positionspapier zur Förderung der Technologie veröffentlicht. Die insgesamt 17 Mitglieder wollen sich dafür einsetzen, die für das bidirektionale Laden notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen zielführend voranzubringen.
Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen soll das bidirektionale Laden wirtschaftlich für Unternehmen wie Verbraucher interessant werden. Die an die Politik gestellten Forderungen sollen dazu beitragen, das „ökologische und volkswirtschaftliche Potenzial der Technologie voll auszuschöpfen“.
Die Initiative ist ein Zusammenschluss von Unternehmen der Automobil-, Energie- und Ladeinfrastrukturbranche, die von einer Parkhausgesellschaft, einem Softwarespezialisten sowie zwei Beratungshäusern flankiert werden. „Es geht uns darum, das bidirektionale Laden als einen wichtigen und entscheidenden Baustein der Energie- und Verkehrswende in Politik und Gesellschaft zu verankern und dann auch unternehmerisch umzusetzen“, erklärt Marcus Fendt, Geschäftsführer von The Mobility House.
Über die Tochter Elli ist auch der VW-Konzern an der „Initiative Bidirektionales Laden“ beteiligt. Bereits vor über einem Jahr hat Elli-Manager Martin Roemheld bei unserer Online-Konferenz „electrive.net LIVE“ sich dafür eingesetzt, das Potenzial der Speicherkapazität in Elektroautos zu nutzen – und forderte bereits damals eine „sehr viel engere“ Zusammenarbeit von Autobranche, Energiesektor und Politik, damit das bidirektionale Laden ein Erfolg werden kann.
In der Mitteilung der Initiative gibt Roemheld nun an, dass sich die Technologie „in einem fortgeschrittenem Entwicklungsstadium“ befinde – der Entwicklungsvorstand der Marke Volkswagen, Thomas Ulbrich, hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, dass die MEB-Fahrzeuge mit 77-kWh-Batterie mit der Software-Version 3.1 die bidirektionale Ladefunktion erhalten werden. „Damit kann es das Fahrzeug. Ab dann kommt es auf die Infrastruktur an“, so der Manager. „Wir als Volkswagen haben uns diesem Zukunftsfeld verschrieben. Wir sind uns aber auch bewusst: Wenn wir mit dem Fahrzeug in den Markt gehen, werden wir in dem weiteren Prozess Pionierarbeit im Gesamtsystem bis hin zur Gesetzgebung leisten müssen.“
Das merkt auch Roemheld an: „Noch fehlen die regulatorischen Rahmenbedingungen, um das bidirektionale Laden auch für alle Beteiligten interessant zu machen.“ Diese Lücke will die gestartete Initiative schließen. Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehören wenig überraschend die „konkrete, einheitliche Legaldefinition als Voraussetzung für technische und energiewirtschaftliche Entwicklungen“ als auch ein „spezielles, zeitlich befristetes Förderprogramm für bidirektionale Ladeinfrastruktur, um weitere Lock-In Effekte durch die ausschließliche Unterstützung unidirektionaler Ladeinfrastruktur zu verhindern“, wie es in der Mitteilung heißt.
Initiative setzt auf bidirektionales DC-Laden
In dem Positionspapier wird die Initiative konkreter – und verweist ebenfalls auf die Ankündigung des VW-Konzerns. Während Mit-Initiator TMH etwa in Projekten mit Renault auf bidirektionales AC-Laden gesetzt hat, favorisiert VW für seine MEB-Stromer den Gleichstrom. Letztere Position nimmt jetzt die Initiative ein: „Die Initiative geht davon aus, dass sich aufgrund der kostengünstigeren Darstellung sowie der fahrzeugseitig international einheitlichen Anwendbarkeit das bidirektionale Laden mittels Gleichstromladung etablieren wird.“
Zumindest in Europa werde der Steckertyp CHAdeMO zunehmend durch CCS verdrängt. Aktuell sei das Angebot an bidirektional fähigen DC-Wallboxen und -Ladestationen noch auf wenige Modelle begrenzt. „Basierend auf vielen Produktankündigungen und Marktaktivitäten lässt sich 20 jedoch ein erwartbares breites Produktangebot ableiten. Von Relevanz sind hierbei Leistungsstufen von 7 kW bis 50 kW, da in darüberliegenden Leistungsstufen die möglichst schnelle Beladung der Fahrzeugbatterie im Fokus steht und somit keine sinnvolle Anwendung der Batterieentladung anzunehmen ist“, heißt es in dem Positionspapier. Es wird also klar, worauf sich der regulatorische Rahmen nach den Vorstellungen der Initiative beschränken sollte.
Weitere Forderungen betreffen nicht nur die E-Mobilität direkt, sondern die Flexibilisierung der Energienetze allgemein. So wird eine „Weiterentwicklung der Steuerung von Verbrauchseinrichtungen und Flexibilitätsbeschaffung im Verteilnetz“ aufgelistet, aber auch die Senkung der Mindestgebotsgröße am Regelenergiemarkt von 5 MW auf 1 MW, „um Eintrittsbarrieren für mobile Speicher zu reduzieren“. Und: durch Anreize für den freiwilligen Einbau von intelligenten Stromzählern solle der Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur beschleunigt werden.
In ihrem Fazit geht die Initiative übrigens davon aus, dass sich das bidirektionale Laden zunächst als „eine Optimierung innerhalb eines Gebäudes/Grundstücks und somit hinter dem Netzanschlusspunkt des öffentlichen Stromnetzes („behind the meter“)“ etablieren werde – mit einer vergleichsweise geringen Anzahl an Marktakteuren und geringer Komplexität.
„Für eine flächendeckende und über Pilotvorhaben hinausgehende Realisierung weiterführender Use Cases, die Teile des übergeordneten Energiesystems (bspw. Verteilnetz, ins Netz einspeisende Erzeugungsanlagen etc.) einbeziehen, bestehen höhere Anforderungen und vor allem derzeit noch hohe regulatorische Hürden, die der Realisierung umfassender, volkswirtschaftlicher Mehrwerte entgegenstehen“, heißt es weiter. „Bei diesen Anwendungsfällen wird neben den regulatorischen Herausforderungen vor allem die Erzielung einer kritischen Menge an Fahrzeugen, die zeitgleich gesteuert werden können, von hoher Bedeutung sein.“, Das werden an Ladeorten mit hohem Fahrzeugaufkommen der Fall sein – etwa beim Gewerbe oder in öffentlichen Parkhäusern.
pressebox.de, conenergy-unternehmensberatung.com (Positionspapier als PDF)
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