Batteriewechsel im großen Maßstab: Geely führt Akku-Tausch-Technologie für Lkw ein

Bei Geely nimmt der Batteriewechsel buchstäblich neue Dimensionen an. Der chinesische Autokonzern hat seine Batterietausch-Technologie nun auch für Lkw eingeführt. Dafür wurde der Vorgang der Wechselstationen an die größeren Fahrzeuge angepasst. Innerhalb von fünf Minuten erhalten Nutzfahrzeuge wie Zementmischer neue Akkus.

Laut Geely nutzen den Dienst derzeit schwere Zementmischer, das Unternehmen spricht von einem 31-Tonner. Um welches Modell es sich genau handelt, geht aus einem Bericht des Konzerns nicht hervor. Auf Bildern sind Trucks der Marke Camc zu sehen, die inzwischen zu der Nutzfahrzeugsparte Geely New Energy Commercial Vehicle Group gehört. Neben dem Zementmischer sollen auch E-Sattelschlepper das Tauschsystem nutzen können, so Geely – Details werden aber auch hier nicht genannt.

Anders als bei E-Fahrzeugen zur Personenförderung, bei denen die Akkus unten am Fahrzeug eingebaut wurden und das deshalb angehoben werden muss, befinden sich die Batterie-Packs an dem gezeigten Truck hinter dem Fahrerhaus: Es ist ein riesiger schwarzer Kasten, 3,2 Tonnen schwer, so Geely, mit einem Energiegehalt von bis zu 280 kWh, was eine Reichweite von 190 Kilometern ermögliche. Die Batterien liefern den Angaben zufolge auch den Strom für das Mischen des Zements.

Kehrt der Zementmischer von einer seiner Route zurück, ist der Vorgang, um einen neuen Batteriepack zu erhalten, recht einfach: Der Fahrer fährt den Lkw in die Station –  Radführungen helfen ihm dabei sicherzustellen, dass das Fahrzeug richtig positioniert ist. Dann scannt er über sein Smartphone einen QR-Code an einem Sensor und los geht es: Der Prozess ist vollautomatisch, der Fahrer muss nichts weiter tun, er bleibt in seiner Kabine sitzen und wartet.

Tauschstation kann bis zu 50 Lkw versorgen

Über dem Fahrzeug an der Station fährt eine Vorrichtung hinunter, die sich an dem schwarzen Kasten befestigt und der dann nach oben gezogen und zur Seite hin in das Batterielager geführt wird. Auf der gegenüberliegenden Seite der Station gleitet eine weitere Vorrichtung mit einem frischen Batteriepack hinaus, der in dem Lkw eingebracht wird. Fünf Minuten und der Fahrer kann sich auf seine nächste Route begeben.

Durch den Einsatz einer Kombination aus rein elektrischen Lastkraftwagen, einschließlich der Zementmischern und Standard-Sattelzügen, erhofft sich Geely „typisch schmutzige Branchen wie Bau und Logistik umweltfreundlicher zu machen“. Die Tauschstation sei dank modularer Bauweise schnell errichtet. Den Angaben nach benötigt sie etwa 200 Quadratmeter Platz, was sie zu einer „großartigen Lösung für dicht besiedelte städtische Gebiete und auch zu einer Alternative zu Ladestationen, die mehr von der lokalen Infrastruktur verlangen“. Auf dem Dach befinden sich Solarpaneele, die die Energie für einen Teil des Betriebs der Stationen liefern.

Die Station kann bis zu acht Batteriepacks gleichzeitig halten. Dort werden die Akkus mithilfe eines intelligenten Batteriemanagementsystems innerhalb von einer Stunde vollgeladen. Derzeit kann eine Station bis zu 50 Fahrzeuge versorgen, schreibt Geely.

Obwohl Geely ein Fahrzeugmodell mit der Tauschstation nicht explizit in Zusammenhang bringt, erwähnt das Unternehmen in seinem Bericht den Homtruck, den die Geely-Tochter Farizon im vergangenen Jahr vorgestellt hat. Den Homtruck soll es neben einer Hybridausführung mit Methanol-Brennstoffzelle auch als rein elektrische Version geben – mit Batteriewechsel-Option. Der Produktionsstart und erste Auslieferungen sind für Anfang 2024 geplant.

Laut Farizon-CEO Mike Fan soll der Homtruck nicht nur in China verkauft werden – man ziele mit dem Fahrzeug „auf Europa, Korea, Japan und Nordamerika“. Die Ankündigung, bei der BEV-Version auch eine Batteriewechsel-Option einführen zu wollen, überraschte vor dem Hintergrund der Entwicklungen in China nicht: Ende Oktober 2021 hatte das chinesische Ministerium für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) den Start eines staatlichen Batterietausch-Pilotprogramms für Elektrofahrzeuge angekündigt – auch für Lastwagen.

Geely betreibt seit 2020 Tauschstationen für E-Autos

An dem Pilotprojekt nehmen elf Städte teil (darunter Peking, Nanjing und Wuhan), die Städte Yibin, Tangshan und Baotou werden sich auf die Lkw-Anwendungen konzentrieren. Details und technische Eckdaten zu dem Akkutausch-System für Lkw waren zu dem Zeitpunkt nicht bekannt.

Die ersten Batteriewechselstationen von Geely sind im Rahmen des Service-Angebots E-Energee im September 2020 in Chongqing in Betrieb gegangen – hier wohlgemerkt für E-Autos. Seitdem wurde der Dienst auf zehn chinesische Provinzen ausgeweitet. Bis zum Jahr 2025 will das Unternehmen, wie berichtet, in China 5.000 Batteriewechselstationen für Elektroautos aufbauen.

Der E-Energee-Dienst wurde nach Angaben aus dem vergangenen Jahr zu dem Zeitpunkt vor allem von Mobilitätsflotten genutzt, die ihre Elektrofahrzeuge durch den Batterietausch effizienter betreiben wollen. Entwickelt worden ist das Tauschsystem von einer Konzerntochter: Die Geely Technology Group begann 2017 mit der Arbeit an Batterietausch-Technologien und stockte seinerzeit ihr Forschungs- und Entwicklungsteam auf über 1.000 Mitarbeiter auf. Bis dahin habe man „Hunderte von Patenten für den Betriebsdienst und die Entwicklung von Batterietausch-Fahrzeugarchitekturen angemeldet“, hieß es in der Mitteilung weiter.

Der prominenteste Betreiber eines Batterietausch-Systems ist derzeit wohl Nio. Das Unternehmen betreibt etwa einen Korridor von Tauschstationen entlang der Fernstraße zwischen Peking und Shanghai und hat in diesem Jahr die zweite Generation der Wechselstationen vorgestellt – für diese liegt auch ein TÜV-Zertifikat für den Betrieb in der EU vor. Allerdings ist das System nur mit Nio-Fahrzeugen kompatibel.
zgh.com

2 Kommentare

zu „Batteriewechsel im großen Maßstab: Geely führt Akku-Tausch-Technologie für Lkw ein“
Norbert Griese
23.03.2022 um 11:51
Auf D und fahren mit Fahrer umgerechnet: 5h bei 80km/h sind 400 km Fahrstrecke - etwa 2 Akkus a 190km - etwa 6t Akku. Wenn ich Dieselmotor und Getriebe/Kupplung/Sprit halbvoll rausrechne mit 1,5t, dann wird der elektrisch betriebene Fernlaster etwa 4,5t schwerer (bezahlbar wird vermutlich nur ein LFP Akku sein - was ich auch bei dem Geely Tauschakku vermute). Als ergibt sich für den eFernlaster in D bei 5 Achsen/40t eine maximale Zuladung von 20t statt 25t bei Dieselantrieb. Wenn der Gesetzgeber 45t bei 6Achsen für eAntrieb erlaubt, ist die Zuladung wieder bei 25t.
Michael
23.03.2022 um 21:25
Da macht der Akkutausch dann auch Sinn. LKWs lassen sich dafür viel besser ausrüsten und standardisieren. Das könnte auch das Problem lösen, dass auf einer Raststätte 100 LKW gleichzeitig mit 1000KW laden wollen.

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