Cellcentric baut BZ-Fabrik in Weilheim: Was Daimler Truck und Volvo als Nächstes planen
Nach einem positiven Bürgerentscheid im baden-württembergischen Weilheim an der Teck will Cellcentric, das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler Truck und Volvo, jetzt Taten sprechen lassen. Mit dem Ja zur Ausweisung eines Gewerbegebiets ist die Voraussetzung für die angekündigte Gigafactory für Brennstoffzellen in der Kleinstadt mit rund 10.000 Einwohnern geschaffen.
Die Gewerbefläche soll im Gebiet Rosenloh entstehen. Bevor Cellcentric 2023 mit dem Bau der Fabrik starten kann, stehen als nächstes der formale Genehmigungsprozess sowie der vollständige Erwerb aller Grundstücke durch die Stadt Weilheim an, wie Matthias Jurytko, CEO von Cellcentric gegenüber electrive.net erläutert. „Sobald die bauleitplanerischen Aktivitäten für den Flächennutzungs- und Bebauungsplan abgeschlossen sind, wird Cellcentric die Genehmigungsunterlagen einreichen“, führt er weiter aus. Im Anschluss werde man sich „mit Freude an die Umsetzung des nachhaltigen Klimawerks machen“.
In Weilheim will das Unternehmen wie berichtet serienreife Brennstoffzellensysteme entwickeln, produzieren und vermarkten. Der Fokus liegt auf dem Einsatz in schweren Lkw, zusätzlich sollen die Systeme auch für andere Anwendungen – etwa stationäre Energiesysteme – angeboten werden. „Der Standort wird die wesentlichen Produktionsschritte für komplette Brennstoffzellensysteme umfassen“, sagt COO Lars Johansson und führt weiter aus: „Wir planen, alle von Cellcentric verantworteten Schritte in der Wertschöpfungskette – von der Herstellung von Grundkomponenten bis zur Montage des eigentlichen Produkts – an unserem neuen Standort zusammenzuführen.“
Die ersten vorbereitenden Maßnahmen sollen bereits im ersten Quartal 2023 umgesetzt werden, der Bau dann im weiteren Verlauf des Jahres beginnen. Bis 2025 soll das Klimawerk fertiggestellt sein und Cellcentric einziehen, so Johansson weiter.
Das Produktionsgebäude selbst soll über 2025 hinaus weiter ausgebaut werden. Cellcentric hat sich einen sukzessiven Ausbau in zwei Schritten vorgenommen: Bis 2030 soll das Gebäude etwa 30.000 Quadratmeter umfassen, der Vollausbau später dann circa 60.000 Quadratmeter. Zudem wird ein Entwicklungsgebäude eine Fläche von etwa 8.000 Quadratmeter einnehmen. Für ein Gebäude, das die Verwaltung beherbergen wird, plant Cellcentric mit 10.000 Quadratmeter Fläche.
„Für Test- und Erprobungszwecke benötigen wir am Standort auch Wasserstoff zum Betrieb der Brennstoffzellensysteme“, erläutert Johansson weiter, „den planen wir vor Ort als grünen Wasserstoff – also vollständig aus erneuerbaren Energien“. Cellcentric will den grünen Wasserstoff von einem externen Unternehmen produzieren lassen. „Die Planung sieht vor, dass der Anbieter, der in einem Ausschreibungsverfahren ermittelt wird, die entsprechende Infrastruktur aufbaut und Cellcentric den Wasserstoff sowie überschüssige Wärme bezieht“, sagt der COO. Dafür hat das Unternehmen schon Vorarbeit geleistet: In Zusammenarbeit mit Regionalentwicklung und der Stadt Weilheim sei eine Machbarkeitsstudie durchgeführt worden.
Gegründet wurde Cellcentric nach vorheriger Ankündigung im März des vergangenen Jahres. Dafür hatte die Volvo Group 50 Prozent der Anteile am bestehenden Unternehmen Daimler Truck Fuel Cell für etwa 600 Millionen Euro erworben. Die Partner vereinbarten die Umbenennung des Unternehmens in Cellcentric. Damals war die erste Kundenerprobungen von Brennstoffzellen-Lkw für drei Jahre später angepeilt, der Beginn der Serienproduktion sollte in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts erfolgen. Bei Letzterem also liegt das Unternehmen in der gesetzten Zeitplanung.
Dass die Region im Landkreis Esslingen im Fokus steht, ist bereits seit dem vergangenen Sommer bekannt. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte eine Grafik mit allen 62 Projekten veröffentlicht, die sich auf eine Förderung im Rahmen des Wasserstoff-IPCEI (Important Project of Common European Interest) beworben hatten. Dort heißt es vielsagend als Projekt 53: „Brennstoffzellen Gigafactory, Region Kirchheim-Teck – cellcentric GmbH & Co KG“. Kirchheim unter Teck liegt nur wenige Kilometer von Weilheim entfernt. Im Oktober hatte Cellcentric Weilheim an der Teck als möglichen Standort – neben weiteren – genannt. Hinsichtlich der Investitionen für den Standort hält sich Cellcentric bedeckt. Zum Förderungsantrag sagt Jurytko, dass sich dieser aktuell im laufenden Auswahlprozess auf europäischer Ebene befinde.
Die mit rund 70 Prozent nun genehmigte Ausweisung des Gewerbegebiets in Weilheim, und damit die Sicherung der Zukunft des Cellcentric-Vorhabens, ist nicht umstritten, wie allein der Umstand, dass es zu einem Bürgerentscheid kam, zeigt. So machte sich zum Beispiel eine Bürgerinitiative stark gegen das Vorhaben. Cellcentric richtete eine Webseite ein und lud vor Ort zu Gesprächen ein, um die Anwohner von dem Projekt zu überzeugen. Letztlich haben sich die Bemühungen geloht und die Erleichterung nach dem Bürgerentscheid war nicht nur beim Unternehmen groß.
Auch Politiker zeigten sich erfreut. „Ich bin sehr froh, dass die Weilheimerinnen und Weilheimer diese Entscheidung getroffen haben“, drückte es Bürgermeister Johannes Züfle aus. „Das Votum ist bindend und stärkt die Absicht der Verwaltung und des Gemeinderats für eine positive Zukunftsgestaltung unserer Stadt. Wir können jetzt unsere Planung und in der Folge auch den Grundstücksankauf für die neuen Gewerbeflächen fortsetzen.“ Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der sich auch für das Werk stark gemacht hatte, zeigte sich ebenfalls erfreut über den positiven Ausgang.
Cellcentric will weiterhin auch jene für das eigene Anliegen gewinnen, die das Unternehmen bisher nicht überzeugen konnten. „Wir werden wie bisher auch an unserer offenen und transparenten Kommunikation festhalten. Darüber hinaus sind wir weiterhin offen für eine konstruktive Zusammenarbeit“, sagt CEO Jurytko. „Die Zukunft wird unser Nachbar“ sei kein leeres Versprechen. „Wir wollen eine gute Nachbarschaft mit den Weilheimern.“
Quelle: Info per E-Mail
0 Kommentare