Alternative zum City-SUV? Opel Rocks-e im Fahrbericht
Der Opel Rocks-e ist ein Elektroleichtfahrzeug, welches auch ohne Pkw-Führerschein gefahren werden darf. Ein elektrischer Zwerg also, der vor allem für den Stadtverkehr konzipiert wurde. Wir sind zwei Wochen lang mit dem Rocks-e durch Hamburg gewuselt und haben dabei viel über die Stärken und Schwächen des Konzepts gelernt. Hier ist der Fahrbericht!
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„Don’t call it Auto!“ Dieser Satz musste während des zweiwöchigen Tests in Hamburg öfter gesagt werden. Der Opel Rocks-e sucht nicht die Konkurrenz zu „ausgewachsenen“ Autos, schon gar nicht zum Stadtpanzer, pardon City-SUV. Vielmehr soll das Elektroleichtfahrzeug der Klasse L6e eine Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Zwei- und Dreirädern bieten. Oder aber die Jüngeren abholen. Denn hierzulande kann das Gefährt mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h bereits ab 15 Jahren gefahren werden. Voraussetzung ist lediglich ein Führerschein der Klasse AM.
Eines der größten Vorurteile ist sicherlich die erwähnte Höchstgeschwindigkeit. Auch bei mir kam die Sorge auf, man könnte ein Verkehrshindernis sein. Doch dann machte sich Vorfreude breit.
Für die Abholung des Testwagens musste ich in die Innenstadt, pünktlich zum Feierabendverkehr. Der Sprung ins kalte Wasser war perfekt. Ich hatte keine Möglichkeit, den Ableger des Citroën Ami kurz kennenzulernen, stattdessen ging es direkt in den Hamburger Stau. Der Einstieg in das 2,41 Meter kurze und 1,39 Meter schmale Gefährt verlief ohne Probleme. Erstaunlich, wie viel Platz in dem Rocks-e tatsächlich ist – auch für Sitzriesen wie mich. Zündschlüssel (!) rein, Vorwärtsgang wählen und einen kurzen Blick auf die Instrumententafel werfen, die nicht mehr anzeigt als den Gang, die verfügbare Reichweite, den Ladestand der Batterie und die Geschwindigkeit – und Abfahrt!
Der 48-Volt-Antrieb mit seinen 6 kW entfaltet nur eine moderate Beschleunigung des 471 Kilogramm leichten City-Gefährts. Zügig geht es eher nicht voran. Und dennoch reichte der Vortrieb fast immer aus, um im Feierabendverkehr kein Verkehrshindernis zu sein und gut mitschwimmen zu können. Die erste Tour machte richtig Spaß! Woran man sich allerdings gewöhnen muss, sind die vergleichsweise lauten Motorgeräusche im Innenraum, die von außen deutlich weniger wahrzunehmen sind.
Während des zweiwöchigen Testzeitraums habe ich in der Hansestadt rund 200 Kilometer zurückgelegt. Die einzelnen Streckenlängen reichten dabei von nur ganz wenigen bis hin zu 15 Kilometern. In keinem der Fälle fühlte ich mich im Opel Rocks-e wie ein Verkehrshindernis. Eine wichtige Erfahrung, um den größten Kritikpunkt an dieser Fahrzeuggattung zu entkräften.
Doch der Opel Rocks-e kommt manchmal natürlich auch an seine Grenzen bzw. an die Grenzen der Geduld mancher Auto-, Lkw- oder auch Transporter-Fahrer. Wobei dies nur für Fahrten außerhalb der Stadt gilt, also auf den Landstraßen rund um Hamburg. Autobahnen sind für den Rocks-e ohnehin tabu.
Eine gesetzliche Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf beispielsweise 60 km/h wäre sicherlich sinnvoll, auch wenn das für Landstraßenfahrten noch nicht ganz reicht. Das Mitschwimmen im Stadtverkehr würde so aber noch flüssiger verlaufen. Auch mit Blick auf Streckenabschnitte, auf denen 60 km/h gefahren werden darf.
Wichtig zu wissen ist allerdings, dass es auch technische Einschränkungen beim Rocks-e gibt: In Abhängigkeit von Ladestand und Temperatur kann es zu Drosselungen bei der Antriebspower kommen. Dies musste ich auch im Test feststellen. Beträgt der Ladestand zum Beispiel 10 bis 15 Prozent und hat der Akku eine Temperatur von 5 bis 10 Grad, steht eine Höchstgeschwindigkeit von nur 32 km/h zur Verfügung. In einem Fall schwankte die Temperatur offenbar um die 10 Grad, weshalb mal 32 km/h und dann wieder 45 km/h möglich waren.
Die Reichweite des Rocks-e gibt Opel übrigens mit bis zu 75 Kilometern an. Im Test konnten Reichweiten zwischen 60 und 70 Kilometer mit einer Ladung des 5,5 kWh kleinen Akkus zurückgelegt werden. Ist der chemische Speicher leer, dauert es an einer AC-Lademöglichkeit rund 3 Stunden, bis wieder 80 Prozent erreicht sind. Nach einer weiteren halben Stunde ist der Akku vollständig gefüllt. Hierfür ist im Rahmen auf der Beifahrerseite ein 3-Meter-Kabel mit Schuko-Stecker fest verbaut, dessen Staufach jedoch sehr knapp bemessen ist. Auch ist diese Kabellänge durchaus knapp bemessen, egal, ob an der heimischen Steckdose oder an einer öffentlichen Ladesäule Strom gezapft wird. Letztere war für mich die einzige Lademöglichkeit. In Hamburg haben einige ältere AC-Säulen noch einen Schuko-Anschluss. Wo dies nicht der Fall ist, gibt es von Opel einen Typ2-Adapter – praktisch.
Da sich der Rocks-e vor allem mit Zwei- und Dreirädern messen soll, ist es schon als Komfort zu bezeichnen, dass die Passagiere in einem geschlossenen, hellen und geschützten Innenraum sitzen. Für die Sicherheit gibt’s einen Stahlrohrrahmen mit Knautschzone. Wirklich komfortabel sind die Sitze nicht, aber ganz so unbequem, wie man vermuten könnte, auch wieder nicht. Dennoch bekommt man von Unebenheiten auf der Straße öfter mehr ab als einem lieb wäre.
Das sorgte bei einer Fahrt zum Beispiel dafür, dass der winzige Rückspiegel seinen Halt verlor. Bei der guten Rund-um-Sicht ist er aber ohnehin nahezu abkömmlich. Vielleicht noch ein paar Angaben zum Komfort: Ein Radio gibt es nicht, dafür aber eine Smartphone-Halterung. Und wem die Lautstärke noch nicht reicht, der kann einen Bluetooth-Lautsprecher in einer dafür vorgesehenen Ablage abstellen. Platz für Kleinkram gibt es übrigens genug: Da wäre die große Ablagefläche auf dem Armaturenbrett. Zwei große Einkaufstaschen können hinter den Sitzen verstaut werden. Zudem bleibt die Möglichkeit, einen Handgepäckkoffer vor den Füßen des Beifahrers zu verstauen. Fährt niemand mit, lassen sich auch ein paar Säcke Blumenerde unterbringen. In dem Fall wäre für einen dauerhaften Einsatz sicher der Rocks-e Kargo das passendere Modell.
Apropos Komfort: Die weiter oben erwähnte Kälte macht dem Rocks-e sonst nicht viel aus. Eine klassische Heizung gibt es zwar nicht, dafür aber ein Gebläse. Dieses sorgt zumindest für freie Sicht und etwas warme Luft. Zum Start empfiehlt es sich bei kalten Temperaturen dennoch, erst einmal eine Jacke zu tragen. Diese kann aber schon nach kurzer Zeit abgelegt werden. Sollte es regnen, macht ein Scheibenwischer die Frontscheibe frei. Sollten die Scheiben dennoch mal beschlagen, was im Test öfter vorkam, sind die üblichen Haushaltstricks hilfreich. Ein Schwamm gehört dazu.
Damit wären auch schon fast alle Funktionen aufgelistet, viel mehr gibt der Opel Rocks-e nicht her. Zum Konzept selbst könnte ich sicher noch mehr sagen, doch dass haben wir für Sie bereits hier und auch dort ausführlich getan.
Fazit
Mit einem Basispreis von 7.990 Euro wirkt der Opel Rocks-e im Vergleich zu einem Dacia Spring, der im Gegensatz zum Opel vom Umweltbonus profitiert, sehr teuer. Wie eingangs bereits erwähnt, ist die Zielgruppe des Rocks-e aber eine andere. Es geht um die Wahl zwischen einem Roller oder einem Wetter-geschützten Mobil. Und da sei erwähnt, dass es Finanzierungsmöglichkeiten gibt, bei denen zum Beispiel eine Anzahlung von 1.500 Euro erfolgen kann und bei einer Laufzeit von 24 Monaten eine monatliche Rate ab 74 Euro möglich ist. Bei einer Laufzeit von 36 Monaten sinkt diese sogar auf 66 Euro.
Aber: Dieses Gefährt kann natürlich nicht nur für junge Leute, sondern auch für Flotten im städtischen Bereich interessant sein. Pflegedienste, die ausschließlich in definierten Quartieren unterwegs sind, könnten darin eine Lösung sehen. Auch für Lieferdienste wäre der Opel Rocks-e sicher eine denkbare Alternative. Im kommunalen Bereich – für Botenfahrten oder in der Parkraumbewirtschaftung – sollten sich ebenfalls zahlreiche Anwendungsfälle finden lassen. Oder wie Free2Move zeigt, ist auch ein Einsatz in Sharing-Flotten möglich. So vielfältig die Möglichkeiten, so traurig war ich bei Rückgabe des Testwagens: Der Opel Rocks-e macht Spaß, ist in der Stadt nicht wirklich ein Verkehrshindernis und erledigt genau das, was er soll: Er bringt mich ohne Schnörkel von A nach B.
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