EU-Parlament stimmt für faktisches Verbrenner-Aus ab 2035
Das EU-Parlament hat den Weg für das Verbrenner-Aus bei neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeugen ab dem Jahr 2035 als Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“ frei gemacht. Damit ist die Position des Parlaments für die Verhandlungen mit den EU-Mitgliedsstaaten klar.
Das Ergebnis der Abstimmung: 339 Ja-Stimmen, 249 Nein-Stimmen und 24 Enthaltungen. Mit dem angenommenen Text, der die Verhandlungsposition des Parlaments gegenüber den Mitgliedstaaten darstellt, unterstützen die Abgeordneten den entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission. Autohersteller müssen ihre durchschnittlichen Flottenemissionen bis zum Jahr 2025 im Vergleich zu 2021 um 15 Prozent, bis 2030 um 55 Prozent und bis 2035 um 100 Prozent senken. Eine Hintertür für synthetische Kraftstoffe gibt es nicht.
Würden diese Beschlüsse umgesetzt, würde das ab 2035 de facto das Aus für den Verkauf neuer Autos und leichter Nutzfahrzeuge mit Verbrennungsmotor bedeuten. Das Ziel ist also die Umstellung auf die Elektromobilität. Eine Festlegung auf die Batterie oder Brennstoffzelle gibt es aber nicht – entscheidend ist, dass die Autos selbst im Betrieb keine klimaschädlichen Treibhausgase ausstoßen. Damit wären auch Plug-in-Hybride von der Regelung betroffen.
Beschlossene Sache ist das Verbrenner-Aus mit der Abstimmung im EU-Parlament aber noch nicht. Dafür müssen neben dem EU-Parlament auch die Regierungen der Mitgliedsstaaten zustimmen. Die EU-Staaten wollen bis Ende Juni eine gemeinsame Position festlegen. Die Bundesregierung unterstützt dabei das geplante Verbrenner-Aus im Jahr 2035.
Sollten sich auch die EU-Staaten dafür aussprechen, würden die Regelungen wie erwähnt nur für Neuzulassungen gelten. Der Bestand wäre davon nicht betroffen. Zum Stichtag 1. Januar 2022 waren allein in Deutschland 31,0 Millionen Benziner und 14,8 Millionen Diesel zugelassen – und 618.000 Batterie-Elektroautos.
VDA kritisiert frühe Festlegung
„Eine ehrgeizige Überarbeitung der CO2-Standards ist ein entscheidender Faktor, um unsere Klimaziele zu erreichen“, sagt der niederländische Abgeordnete Jan Huitema, der den Entwurf eingebracht hatte. „Mit diesen Standards schaffen wir Klarheit für die Automobilindustrie und können Innovationen und Investitionen für Automobilhersteller anregen.“
Die Reaktionen auf den Beschluss sind gespalten. Bereits im Vorfeld der Abstimmung ließ VDA-Präsidentin Hildegard Müller mitteilen, dass sie die Festlegung eines Ziels für 2035 „angesichts unklarer Entwicklungen hinsichtlich der Rahmenbedingungen“ für zu früh halte – man solle lieber „auf Grundlage eines ausführlichen Reviews im Jahr 2028“ entscheiden. Ganz ähnlich hat sich nach dem Votum BMW-Chef Oliver Zipse in seiner Funktion als Präsident des europäischen Hersteller-Verbands ACEA geäußert. „Angesichts der Volatilität und Unsicherheit, die wir Tag für Tag weltweit erleben, ist jede langfristige Regulierung, die über dieses Jahrzehnt hinausgeht, in diesem Stadium verfrüht“, so Zipse.
Die NGO Transport & Environment begrüßte hingegen den Beschluss. „Die Frist bedeutet, dass die letzten Autos mit fossilen Brennstoffen bis 2035 verkauft werden, was uns eine gute Chance gibt, einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel abzuwenden“, sagt Alex Keynes, Manager für saubere Fahrzeuge bei T&E. „Der Ausstieg aus Verbrennungsmotoren ist auch eine historische Chance, unsere Ölabhängigkeit zu beenden und uns vor Despoten sicherer zu machen. Und es gibt der Autoindustrie die Sicherheit, die sie braucht, um die Produktion von Elektrofahrzeugen hochzufahren, was die Preise für die Fahrer senken wird.“
Keynes lobte auch die Tatsache, dass sich die EU-Parlamentarier gegen die Anrechnung von E-Fuels ausgesprochen haben. „Synthetische Kraftstoffe in Autos zuzulassen, wäre eine teure und verschwenderische Ablenkung von der Mammutaufgabe, den Verkehr sauber zu machen“, so Keynes. „Batterie-elektrische Fahrzeuge sind heute bereit und ein sauberer, billigerer und effizienterer Weg zur Dekarbonisierung.“
In der Sitzung am Mittwoch hatte das EU-Parlament jedoch große Teile des Klimapakets abgelehnt. Darunter ist auch die geplante Ausweitung des Emissionshandels mit CO₂-Zertifikaten auf Verkehr und Gebäude. Die verschiedenen Lager waren sich uneins darüber, ob das aktuelle System zum Emissionshandel gelockert oder verschärft werden sollte. Nach der Abstimmung gaben sich die verschiedenen Fraktionen gegenseitig die Schuld für das Scheitern. Nun muss der Umweltausschuss das Gesetz überarbeiten und einen mehrheitsfähigen Kompromiss finden.
europa.eu, spiegel.de, tagesschau.de, transportenvironment.org
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