ICCT-Studie: Realverbräuche von Plug-in-Hybriden sogar gestiegen
Das Fraunhofer ISI und das International Council on Clean Transportation (ICCT) haben umfangreiches Datenmaterial zur realen Nutzung von etwa 9.000 Plug-in-Hybriden aus ganz Europa ausgewertet. Das Kernergebnis zeigt: Die Kraftstoffverbräuche der PHEV liegen im Schnitt deutlich über den offiziellen Testzyklen.
Das war im Grunde genommen bereits das Ergebnis einer früheren Auswertung der beiden Partner aus dem Jahr 2020. Neu ist die Erkenntnis, dass die Abweichungen gegenüber der Studie von 2020 sogar noch weiter angestiegen sind.
„Im Mittel fallen die realen Kraftstoffverbräuche und CO2-Emissionen von Plug-in-Hybridfahrzeugen bei privaten Haltern in Deutschland und anderen europäischen Ländern etwa dreimal so hoch aus wie im offiziellen Testzyklus, während die Werte bei Dienstwagen sogar etwa fünfmal so hoch sind“, sagt Patrick Plötz, Leiter des Geschäftsfeld Energiewirtschaft am Fraunhofer ISI und Hauptautor der Studie. Wir erinnern uns: 2020 waren es zwei bis vier Mal so viel.
Die gestiegene Abweichung führen die Experten nicht auf ein geändertes Fahr- oder Ladeverhalten der Nutzenden zurück, sondern auf die WLTP-Norm. „Plug-in-Hybride, welche nach der neuen WLTP-Norm zertifiziert sind, weisen tendenziell eine noch höhere Abweichung auf als ältere, NEFZ-zertifizierte Modelle“, sagt Georg Bieker, einer der Mitautoren. Die Auswertung hat für private PHEV einen Realverbrauch zwischen 4,0 und 4,4 Litern ergeben, bei Dienstwagen sogar 7,6 bis 8,4 Liter. Der Normverbrauch der erfassten Fahrzeuge liegt hingegen bis 1,6 bis 1,7 Litern auf 100 Kilometer.
Für ihre statistischen Analysen nutzten die Forscher*innen unter anderem anonymisierte Daten, die Fahrzeughalter freiwillig an Online-Portale wie Spritmonitor.de oder im Rahmen früherer Befragungen übermittelt hatten. Einbezogen wurden auch Auswertungen zu Firmenfahrzeugen, die Flottenkunden zur Verfügung stellten.
Aus diesen Quellen stammen auch die Angaben zur elektrischen Fahrleistung: Rein privat genutzte Plug-in-Hybride sind laut der aktuellen Erhebung immerhin 45 bis 49 Prozent ihrer Strecken elektrisch unterwegs. Bei Dienstwagen sind es nur elf bis 15 Prozent der Fahrleistung. Während sich die durchschnittliche E-Fahrleistung bei den Privatautos sogar leicht erhöht hat (2020: 43 Prozent), liegt sie bei den dienstlich genutzten Plug-in-Hybriden sogar unter den 18 Prozent der vorigen Auswertung.
Bei den aus den Studienergebnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen dürften das Fraunhofer ISI und ICCT in Teilen der Bundesregierung Gehör finden. „Um die Überschreitung der offiziellen Emissionen nicht weiter zu erhöhen, sollten Förderinstrumente wie Kaufprämien und reduzierte Dienstwagenbesteuerung an den Nachweis eines elektrischen Fahranteils von etwa 80 Prozent oder einen Verbrauch von etwa zwei Litern pro 100 km im realen Betrieb geknüpft sein“, empfiehlt ICCT-Direktor Peter Mock.
Der (noch nicht beschlossene) Entwurf für den Umweltbonus ab 2023 aus dem Bundeswirtschaftsministerium sieht wie berichtet vor, dass die Kaufprämie für PHEV zum Jahresende ausläuft. Zuletzt gab es Berichte, dass als Kompromiss zwischen dem BMWK und dem BMDV die vorteilhafte Dienstwagenbesteuerung erhalten bleiben soll. Eine Koppelung an die reale elektrische Fahrleistung ist aber wohl aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands vom Tisch.
Dem jüngsten Beschluss des EU-Parlaments, ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor (und damit auch keine Plug-in-Hybride) mehr zuzulassen, begrüßen die Forschenden: „Langfristig lassen sich mit den hohen realen Emissionen von Plug-in-Hybriden die Klimaziele Deutschlands und der Europäischen Union nicht erreichen.“
fraunhofer.de (Mitteilung), fraunhofer.de (Studie als PDF)
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