Walmart bestellt 4.500 E-Lieferwagen bei Canoo

Das kalifornische Elektroauto-Startup Canoo vermeldet eine große Bestellung von Walmart. Der US-Einzelhandelsriese habe mit Canoo eine verbindliche Vereinbarung zum Kauf von 4.500 vollelektrischen Lieferfahrzeugen unterzeichnet, beginnend mit dem Lifestyle Delivery Vehicle (LDV), einer Cargo-Variante des Canoo Lifestyle Vehicle.

Der Vertrag beinhalte die Option, bis zu 10.000 Einheiten zu kaufen, wie Canoo mitteilt. Noch wird das Fahrzeug aber gar nicht gebaut: Canoo geht davon aus, dass die Produktion der LDV-Lieferfahrzeuge im vierten Quartal 2022 beginnen wird.

Ab 2023 versucht der US-Einzelhandelsriese dann mit den E-Transportern Online-Bestellungen „auf nachhaltige Weise zu liefern“, so Canoo. Walmart hat das Ziel, bis 2040 emissionsfrei zu sein. Vor diesem Hintergrund arbeitet Walmart an der Umstellung auf E-Fahrzeuge in den verschiedenen Bereichen seiner Transportkette: Der Einzelhändler will ab Sommer dieses Jahres testweise erste Batterie-elektrische Schwerlast-Lkw der Typen eCascadia von Freightliner und Tre BEV von Nikola für Fahrten im Umfeld seines Distributionszentrums im kalifornischen Fontana einsetzen. Bei den E-Lieferwagen für die Last-Mile-Zustellung hat Walmart große Bestellungen bei der GM-Marke BrightDrop platziert und 1.100 Ford E-Transit bestellt.

Die E-Lieferwagen-Flotte soll künftig durch den Canoo LDV ergänzt werden. Mit genauen technischen Daten zu dem Fahrzeug hält sich Canoo in der Mitteilung noch zurück. Dort heißt es allgemein, dass der LDV wie alle Fahrzeuge des Unternehmens auf einer proprietären Mehrzweckplattform (MPP)-Architektur basiere, die Motoren, Batteriemodule und andere wichtige Antriebskomponenten integriert. Im Vorjahr hieß es noch bei dem Lifestyle Vehicle, dass die Batterie 80 kWh fassen soll, womit eine Reichweite von 400 Kilometern möglich sein soll.

Etwas mehr Informationen gibt es zum Aufbau des Lieferwagens: Der LDV verfügt über eine für die Zustellung auf der letzten Meile optimierte Kabine und einen maßgeschneiderten Laderaum. Dieser soll auf ein Ladevolumen von bis zu 120 Kubikfuß kommen, was umgerechnet 3,4 Kubikmetern entspricht. Damit wäre der Canoo-Lieferwagen deutlich kleiner als die bestellten BrightDrop-Vans: Der EV410 hat einen 11,3 Kubikmeter großen Laderaum, der EV600 bis zu 17 Kubikmeter.

Dennoch kann der Einsatz des Canoo LDV für Walmart Sinn ergeben, da er für andere Aufgaben optimiert ist. Canoo gibt an, dass das Fahrzeug für „hochfrequente Stop-and-Go-Lieferungen und schnelle Fahrzeug-zu-Tür-Lieferungen“ ausgelegt sei – „einschließlich Lebensmittel- und Essenslieferungen“. Seine Vorteile soll der LDV vor allem bei kleinen Paketen ausspielen. Canoo betont auch die Modularität des Laderaums, der später an sich ändernde Anforderungen angepasst werden kann. Sollte sich der Einsatzzweck ändern, muss kein neues Fahrzeug beschafft werden – womit die Investitionen pro Fahrzeug sinken.

Für Canoo könnte der Erstkunde für den LDV angesichts der in der Mitteilung genannten Stückzahlen eine Art Rettungsanker sein: Das Unternehmen ist hoch verschuldet und hatte wie berichtet in diesem Mai seine eigene Zukunft in Frage gestellt. Zuletzt gab es Gerüchte, wonach Canoo ein Übernahmekandidat sein könnte. Das Unternehmen war einst als Evelocity gegründet worden, um E-Autos im Abo anzubieten und seine Skateboard-Plattform in Lizenz an andere Autobauer zu vermarkten. Nach dem Einstieg von Tony Aquila als Investor und Chairman hat das Unternehmen seine Strategie neu ausgerichtet und strebt nun den Verkauf seiner Fahrzeuge an – ohne Plattform-Lizenzen.

„Wir sind stolz darauf, von Walmart, einem der anspruchsvollsten Käufer der Welt, ausgewählt worden zu sein, um unser hochtechnologisches, vollelektrisches, in den USA hergestelltes Lifestyle-Lieferfahrzeug bereitzustellen, um seine beeindruckenden Logistikkapazitäten zu ergänzen“, sagt Canoo-CEO Tony Aquila. „Unser LDV hat den Wenderadius eines kleinen Personenkraftwagens auf einer parkplatzfreundlichen, kompakten Grundfläche, aber dennoch die Nutzlast und den Laderaum eines kommerziellen Lieferfahrzeugs.“

„Heute haben Kunden den Walmart, der ihnen am nächsten ist, direkt in der Tasche – es ist die Walmart-App. Indem wir unsere Last-Mile-Lieferflotte auf nachhaltige Weise weiter ausbauen, können wir Kunden und Walmart+-Mitgliedern noch mehr Zugang zu Lieferungen am selben Tag bieten und gleichzeitig die Kosten niedrig halten“, sagt David Guggina, Senior Vice President of Innovation and Automation, Walmart US. Walmart liefert die Online-Bestellungen nicht nur von speziellen Logistikzentren aus, sondern auch von den 3.800 Filialen.

Update 14.07.2022: Für den Deal zum Verkauf von bis zu 10.000 elektrischen Lieferfahrzeugen an Walmart muss das kalifornische Elektroauto-Startup Canoo einige Kröten schlucken, wie aus einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC hervorgeht. Über die nächsten zehn Jahre kann Walmart die Option auf rund 61 Millionen Canoo-Aktien zum Stückpreis von 2,15 US-Dollar auslösen und sich damit zu rund einem Viertel am Unternehmen beteiligen. Außerdem musste sich Canoo dazu bereit erklären, für die Dauer des Lieferdeals keine Fahrzeuge an Amazon zu verkaufen und sich auch nicht von dem Online-Riesen übernehmen zu lassen.

Das Portal „Business Insider“ folgert: „Canoo ist viel abhängiger von Walmart als Walmart von Canoo.“ Zudem wird ein Analyst zitiert, der in den Klauseln ein Misstrauen seitens Walmart sieht, dass Canoo die Fahrzeuge auch liefern kann.
canoo.com, sec.report via businessinsider.com (Update)

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