Ladesäulenbetreiber klagen gegen Deutschlandnetz
Eine Reihe von Ladesäulenbetreibern haben laut einem Medienbericht bei der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission Beschwerden gegen das Deutschlandnetz eingereicht. Nach Auffassung der Beschwerdeführer, zu denen Allego, Fastned, Ionity und Ewe Go gehören, verstößt Deutschland mit seinem geplanten Ladenetz gegen europäisches Recht.
Wie das „Handelsblatt“ mitteilt, kritisieren die Firmen, dass das Deutschlandnetz eine staatliche Beihilfe sei. Und als solche staatliche Subvention müsse sie von der EU-Kommission beihilferechtlich geprüft und genehmigt werden – wie es etwa beim Umweltbonus der Fall ist. Bei dieser Prüfung wird etwa untersucht, ob die Subvention zugunsten einzelner Unternehmen oder Wirtschaftszweige den Wettbewerb verzerrt – also genau das, was die Ladesäulenbetreiber hier befürchten.
Als solche Subvention hätte die Bundesregierung das Deutschlandnetz als Beihilfe bei der EU-Kommission anmelden müssen, so die Unternehmen. Das habe die Regierung aber nicht getan.
Beim Deutschlandnetz, das noch unter dem vorigen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) angestoßen wurde und nun von seinem Nachfolger Volker Wissing (FDP) weitergeführt wird, fördert der Bund nicht einzelne Ladesäulen oder Parks, sondern schreibt Ladeparks zu seinen Anforderungen aus – im Gegenzug beteiligt sich der Bund bei den Bau- und Betriebskosten für acht Jahre. Zu den Bedingungen zählt aber auch, dass es eine Preisobergrenze für den Ladestrom beim Ad-hoc-Laden gibt. Deren Höhe steht noch nicht fest, früheren Angaben zufolge soll es eine „atmende Obergrenze“ sein, um auch auf Preis- und Marktbedingungen reagieren zu können – und nicht die feste Preisgrenze von 0,44€/kWh, die in Berichten oft genannt wird.
Beim Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) gibt man sich trotz des Vorwurfs entspannt – schließlich wurde das Deutschlandnetz aus genau diesem Grund als Vergabeverfahren und nicht als klassische Förderrichtlinie geplant. Es werde ein „transparentes und beihilferechtskonformes Vergabeverfahren“ durchgeführt, zitiert das „Handelsblatt“ das Ministerium, regelmäßig fänden Abstimmungen mit der EU-Kommission statt. „Eine abschließende beihilferechtliche Bewertung durch die Europäische Kommission kann erst dann erfolgen, wenn die finale Fassung der Vorgaben für die Errichtung und den Betrieb der HPC-Ladeinfrastruktur feststeht.“
Neben Allego gehört der Verein Inspire „Institut für praxisorientiertes, integriertes Recht der Elektromobilität“ zu den Beschwerdeführern, dessen Mitglieder laut dem Bericht „große Ladesäulenbetreiber wie Fastned, Ionity und Ewe Go sind“. Zu den drei Vorstandsvorsitzenden des Vereins gehören die Anwälte Katharina Boesche und Jan Bunnemann, aber auch Claus Fest, der hauptberuflich Leiter Energiewirtschaft und Beschaffung bei einem großen deutschen Energieversorger ist – und dabei in energiewirtschaftlichen Fragen die Interessen seines Arbeitgebers vertritt.
Diese Unternehmen, die heute zu den größten Ladepunktbetreibern in Deutschland gehören, fürchten angesichts des Deutschlandnetzes offenbar um ihre bereits getätigten und anstehenden Investitionen – so war es bereits früher aus der Branche zu hören. „Unternehmen, die in den vergangenen zehn Jahren privatfinanziert Ladesäulen aufgebaut haben, müssen und wollen im Wettbewerb bestehen. Dies können sie aber nicht, wenn der Staat nun quasi als staatlicher Betreiber auftritt und sich in den Markt einmischt“, sagt die Inspire-Vorsitzende Boesche nun laut dem Bericht.
Aber: Die marktwirtschaftlich agierenden Unternehmen haben vor allem die attraktivsten Standorte entlang von Autobahnen sowie in und um Großstädte im Blick – an hochfrequentierten Standorten ist die Auslastung der Ladesäulen deutlich besser. Dem Verkehrsministerium und der verantwortlichen Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur geht es früheren Angaben zufolge aber auch um eine Grundversorgung: Bei den sogenannten Losen der Ausschreibung sind immer mehrere Standorte enthalten – wer die attraktiven Standorte will, muss auch (mit staatlicher Unterstützung) an weniger rentablen Standorten Ladeparks aufbauen.
Ob und wie die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission entscheidet, ist offen. Sollte das Deutschlandnetz als beihilferechtswidrig eingestuft werden, könnte die Kommission von Deutschland fordern, das Projekt zu stoppen und bereits gewährte Subventionen zurückzufordern.
handelsblatt.com, inspire-institut.eu
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