Mercedes-Fahrer Vandoorne ist Formel-E-Weltmeister
Der Belgier Stoffel Vandoorne hat die Formel-E-Meisterschaft gewonnen. Beim abschließenden Rennwochenende in Seoul reichten dem Mercedes-EQ-Piloten ein fünfter und ein zweiter Platz zum Titelgewinn. Auch die Herstellerwertung ging das zweite Jahr in Folge an Mercedes.
Mit den Rennen 99 und 100 in der Geschichte der Formel E gastierte die Elektro-Rennserie erstmals in Südkorea – eigentlich war das bereits für 2020 geplant, bevor die Covid-19-Pandemie für eine Verschiebung sorgte. Auch im Jahr 2022 drohte fast noch eine Absage für die Rennen um und durch das Olympia-Stadion von 1988: Extreme Regenfälle hatten in der Woche vor dem Rennen für starke Überschwemmungen mit mehreren Todesfällen in der Region gesorgt.
Das Wetter spielte auch beim vorletzten Saisonrennen am Samstag eine wichtige Rolle: Während der Qualifikation regnete es noch, hörte dann aber auf. Das Rennen begann um 16 Uhr Ortszeit (9 Uhr in Deutschland) noch auf einer nassen Strecke. Das sorgte zum Ende der ersten Runde für einen Massenunfall, in den acht Autos verwickelt waren – nur zwei davon konnten das Rennen nach dem Re-Start wieder aufnehmen, sechs Autos waren also bereits ausgeschieden.
Nach dem Neustart behielten vor allem zwei Fahrer die Nerven: die beiden Titel-Kontrahenten Vandoorne und der Neuseeländer Mitch Evans im Jaguar. Evans hatte sich in der einen Runde bis zum Rennabbruch von Startplatz 3 bis auf Platz 1 vorgearbeitet und konnte den Spitzenplatz nach dem Neustart bis ins Ziel verteidigen. Vandoorne konnte sich in einem für Formel-E-Verhältnisse ereignisarmen Rennen hinter der Spitzengruppe behaupten und kam als Fünfter ins Ziel – von seinen 36 Punkten Vorsprung nach den London-Rennen blieben noch 21 Punkte vor dem letzten Saisonrennen übrig. Bei 25 Punkten für einen Sieg, einem Extra-Punkt für die schnellste Rennrunde und drei Punkten für die Pole Position ein komfortables Polster.
Das Duell um die Meisterschaft wurde aber nicht im Rennen, sondern quasi schon in der Qualifikation entschieden: Jaguar-Pilot Evans, der das Rennen gewinnen musste, verpasste nicht nur die drei Punkte für die Pole Position, sondern musste als 13. im eng umkämpften Mittelfeld ins Rennen gehen. Vandoorne startete von Platz 4 – diese Position ins Ziel zu bringen, hätte dem Mercedes-Fahrer also gereicht.
Am Ende wurde der 30-jährige Belgier sogar als Zweiter gewertet: Im Kampf um Platz 2 hatte der Brite Jake Dennis im Andretti (mit BMW-Antrieb) António Félix da Costa im DS-Techeetah von der Strecke geschoben – da Costa fiel bis ans Ende des Feldes zurück, womit Vandoorne auf Platz 3 rutschte. Da Dennis für die Kollision eine Fünf-Sekunden-Strafe erhielt, fuhr er zwar als Zweiter über die Ziellinie, wurde mit den hinzuaddierten fünf Sekunden aber nur als Dritter gewertet. Der dominierende Fahrer am Sonntag war der Schweizer Edoardo Mortara im Venturi mit Mercedes-Antrieb. Mortara hatte vor den Rennen in Seoul noch theoretische Meisterschafts-Chancen, nach einem desaströsen Samstags-Rennen musste sich der Schweizer in der Meisterschaft mit Platz 3 hinter Vandoorne und Evans zufrieden geben.
Bemerkenswert: Weltmeister Vandoorne hat in dieser Saison nur ein Rennen gewonnen – den ePrix in Monaco. Sowohl Evans als auch Mortara kamen am Ende der Saison auf jeweils vier Rennsiege und mussten sich dennoch hinter dem Belgier einreihen. Vandoorne kam in dieser Saison in jedem Rennen ins Ziel – nur beim dritten Saisonrennen in Mexiko gab es für den elften Platz keine Punkte. In allen anderen Rennen konnte der Mercedes-Fahrer konstant punkten, zuletzt sogar 13 Mal in Folge – ein neuer Rekord. Für Evans und Mortara gab es hingegen zu viele Nuller, um am Ende der Saison ganz vorne zu stehen. Vandoorne kam auf 213 Punkte, Evans auf 180 und Mortara auf 169 Zähler.
Dank der 213 Punkte von Vandoorne und den 106 Zählern von Vorjahres-Weltmeister Nyck de Vries (Gesamtrang 9) konnte Mercedes-EQ in dieser Saison auch seinen Hersteller-WM-Titel verteidigen. Dass die Stuttgarter den überragenden E-Antriebsstrang für diese Saison entwickelt hatten, zeigt sich auch an Platz 2: Mit 295 Punkten folgte das RoKit-Venturi-Team im Kunden-Mercedes auf das Werksteam. DS-Techeetah (266 Punkte), Jaguar (231 Punkte), Envision Virgin (mit Audi-Antrieb, 194 Punkte) und Andretti (mit BMW-Antrieb, 150 Punkte) mussten schon deutlich Federn lassen.
Nach einem positiven Beginn mit dem ersten Rennsieg beim dritten Saisonlauf in Mexiko war die letzte Saison mit den Gen2-Rennwagen für Porsche ein Jahr zum Abhaken. Mit 134 Punkten musste sich das Porsche-Team mit Rang 7 zufrieden geben – in den letzten drei Saisonrennen konnten die Stuttgarter nur sieben Punkte holen. Die Reise nach Südkorea hätte sich Porsche-Fahrer André Lotterer sparen können: In beiden Rennen schied er jeweils in der ersten Runde per Unfall aus. Im Sonntagsrennen musste auch Teamkollege Pascal Wehrlein nach einer Kollision mit Nyck de Vries aufgeben.
Ob Porsche im kommenden Jahr besser abschneiden wird, lässt sich derzeit nicht sagen – was weniger an Porsche selbst, sondern vielmehr am Umbruch in der Formel E liegt. Ab Januar 2023 treten die deutlich stärkeren und komplett neuen Gen3-Rennwagen an. Zudem sortieren sich einige Team-Partnerschaften neu, da sich Mercedes zurückzieht und auch die Kunden-Antriebe von BMW und Audi nicht mehr zur Verfügung stehen. So steigt Envision von Audi auf Jaguar um, Venturi wird wahrscheinlich als Maserati-Werksteam (mit Antrieben der Stellantis-Schwestermarke DS) antreten, wobei sich DS seinerseits wohl von Techeetah trennt und künftig mit Dragon kooperiert. Andretti wird eine Partnerschaft mit Porsche nachgesagt, die Mercedes-Mannschaft wird in weitern Teilen von Neu-Einsteiger McLaren weiterbeschäftigt, die 2023 mit Nissan-Antrieben antreten werden.
Kurz nach seinem Titelgewinn gab Weltmeister Vandoorne übrigens bekannt, auch 2023 in der Formel E zu fahren – auch wenn sich Mercedes zurückzieht. Bestätigt ist es noch nicht, aber der Belgier wird wohl für DS-Dragon an den Start gehen – neben dem zweifachen Ex-Champion Jean-Éric Vergne.
Eine weitere Fahrer-Personalie ist inzwischen auch klar: Porsche hat den Ex-Champion António Félix da Costa von DS abgeworben. Der Portugiese und Meister der Saison 6 wird ab 2023 neben Pascal Wehrlein antreten. André Lotterer bleibt bei Porsche, soll sich aber auf das Projekt mit dem Hybrid-Rennwagen 963 Hybrid für die Langstrecken-WM und die 24 Stunden von Le Mans konzentrieren. Gerüchteweise könnte der gebürtige Duisburger aber auch 2023 in der Formel E fahren – für das Porsche-Kundenteam Andretti.
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