Hola-Projekt: Wie es mit dem Hochleistungsladen von E-Lkw vorangeht
In diesem Monat jährt sich der offizielle Start des Projekts „Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr“ (Hola). Ein Konsortium macht sich darin auf die Suche nach Erkenntnissen zur idealen Versorgung von E-Lkw im Ferneinsatz. Ein Jahr nach Beginn befindet sich Hola noch in der Konzeptionsphase, doch das Know-how auf dem Weg zur nächsten Phase wächst mit jeder Woche.
Im Rahmen des Projekts, das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert wird, werden wie berichtet an vier Standorten entlang der A2 zwischen Berlin und dem Ruhrgebiet Hochleistungsladepunkte für Lastkraftwagen aufgebaut, betrieben und im realen Logistikbetrieb angewandt werden. Zunächst sollen je zwei CCS-Ladepunkte entstehen und später auch der künftige Ladestandard MCS (Megawatt Charging System) zur Verfügung stehen. Die Standorte sollen zur „frühzeitigen Integration von E-Lkw in die Logistikprozesse und als Testfall für das neuartige Schnellladen von E-Lkw sowie das Sammeln von realen Nutzungserfahrungen“ dienen, erklärt die Webseite zum Projekt. Schließlich sollen sie die Grundlage für einen flächendeckenden Ausbau dieser Technologien bilden.
Noch ist die Suche nach den passenden Standorten nicht beendet. Sicher ist einer im Großraum Berlin, wie Bonjad Satvat, Senior Consultant bei der P3 Group, im Gespräch mit electrive.net erklärt. P3 ist einer der insgesamt 13 Konsortialpartner bei Hola und verantwortet das Projektmanagement. Zu den anderen Standorten kann Satvat noch nicht viel sagen: Man warte noch auf die Zusagen der Betreiber, erklärt er.
Klar ist: Einer der Standorte wird am anderen Ende des Hola-Korridors entlang der A2 entstehen, also im Ruhrgebiet. Und so viel verrät Satvat: Einer wird auf der Höhe von Bielefeld und ein weiterer auf der Höhe von Magdeburg entstehen – mit Abständen von jeweils 130 bis 200 Kilometer zueinander. Die Abstandszahlen basieren auf den technischen Spezifikationen der Fahrzeuge, erläutert er.
Das Hola-Projekt, das für den Zeitraum von September 2021 bis Ende 2024 angesetzt ist, wird in drei Phasen durchgeführt: Die erste, derzeit laufende, ist die Konzeptionsphase, in der der Aufbau und Betrieb der Standorte geplant wird. Felix Otteny und Lars Andreas Mauch gehören zum Team des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), das das Hola-Projekt begleitet. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter sammeln Daten, sprechen unter anderem mit künftigen Nutzern, Standortbetreibern und Logistikern.
Herausforderung: Flächenmangel
Schon jetzt können die beiden Wissenschaftler sagen, dass vor allem die Verfügbarkeit von Flächen eine Hürde beim Aufbau einer landesweiten elektrischen Infrastruktur sein wird. „Das wird eine große Herausforderung“, sagt Mauch. Die Politik müsse aktiv werden, fügt er an. Eine Gefahr im Zusammenhang mit dem Flächenmangel – der zu überfüllten Standorten führen kann – sieht er auch für die Lkw-Fahrer. „Der Job wird nicht einfach.“
Otteny und Mauch analysieren die gesammelten Informationen und erstellen Simulationen, wie die Abläufe an den künftigen Standorten aussehen könnten. Dabei werden unterschiedliche Szenarien durchgespielt, um Fragen zum Beispiel zum Netzanschluss, zu den Ladevorgängen, zu Standzeiten, aber eben auch zur Flächenverfügbarkeit und möglichen Ausfällen der Ladeinfrastruktur beantworten zu können. So soll auch eine Art Anforderungskatalog entstehen. „Wir versuchen, den Verkehr so realistisch wie möglich abzubilden“, erläutert Otteny.
Die zweite Phase im Hola-Projekt ist die Demonstrationsphase, die den Aufbau und den Betrieb der Ladeinfrastruktur umfasst. Die Installation der Ladesäulen ist laut Satvat ab Mitte 2023 geplant, der Betrieb soll ab 2024 beginnen. Auch wenn erst einmal CCS-Ladepunkte aufgebaut werden, soll der Netzanschluss schon zu diesem Zeitpunkt für MCS ausgelegt sein. Die entsprechenden Ladesäulen werden Satvat zufolge voraussichtlich Mitte 2024 in den Realbetrieb gehen – zusammen mit den dafür ausgerüsteten Fahrzeugen der vier Hersteller, die zum Konsortium im Hola-Projekt gehören.
Zur Erklärung: Vor dem Hintergrund des gerade in der Logistikbranche herrschenden großen Wettbewerbsdrucks sollen Stillstandzeiten möglichst vermieden werden. Für Ladeprozesse genutzt werden soll deshalb auch die gesetzlich vorgeschriebene 45-minütige Pause, die jeder Lkw-Fahrer nach viereinhalb Stunden Fahrzeit einlegen muss. Um Akkus mit Kapazitäten von 400 bis 700 Kilowattstunden in einer Dreiviertelstunde vollständig laden zu können, ist eine Ladeleistung von 550 bis 1.000 Kilowatt erforderlich: Der heutige Steckerstandard für Schnelladen – Combined Charging System (CCS) – kann aber nur eine maximale Leistung von 500 KW übertragen. So wurde bereits 2018 mit der Definition eines neuen Hochleistungs-Ladestandards begonnen, der Ladeleistungen von mehr als 3 MW vorsieht.
Siemens entwickelt Megawatt-Ladesystem
„Das Megawatt Charging System (MCS) ist hierfür eine entscheidende Ergänzung“, erklärt Siemens. „Ohne Ladekapazitäten in dieser Größenordnung ist eine breite Elektrifizierung des Lkw-Fernverkehrs schlicht nicht möglich.“ Die MCS-Technologie sei der fehlende Baustein – sowie „die Einführung von gut platzierten öffentlichen MCS-Ladepunkten auf Autobahnrastplätzen“.
Siemens ist als Konsortialpartner ebenfalls im Hola-Projekt involviert und entwickelt ein entsprechendes Megawatt-Ladesystem. Laut einem Infoblatt des Unternehmens sei Siemens in der Lage, „eine komplette Systemlösung, vom Mittelspannungsanschluss bis hin zur Fahrzeugschnittstelle, aus einer Hand anbieten zu können“. das Unternehmen geht näher auf die Details ein: So beinhalte eine zentrale Leistungseinheit alle Komponenten zur Bereitstellung der notwendigen Gleichstrom-Leistung – beispielsweise Mittelspannungsschaltanlage, Transformator, Netzfilter, Gleichrichtereinheit, Schaltmatrix und Kühleinheit. Die Dispenser umfassen das Benutzerinterface, integriert sind zwei Ladestecker: Neben dem für das Megawatt-Laden auch einen herkömmlichen CCS-Stecker. Der Ansatz ermögliche es darüber hinaus auch, einen Batteriespeicher in das System zu integrieren, womit die Anforderungen an den Netzanschluss gesenkt werden könnten.
„Dieses Systemdesign stellt die einfache Integration des Megawatt Ladesystems in eine
bestehende Umgebung sicher“, erläutert Siemens in dem Papier weiter. „Während die zentrale Leistungseinheit abseits der Parkplätze installiert werden kann, können die Dispenser aufgrund des kompakten Footprints neben den LKW-Parkplätzen aufgestellt werden.“ Über die die Herausforderungen des Lkw-Ladens, das Hola-Projekt und den künftigen Ladestandard hat electrive.net auch mit Christoph Liehr, Senior Business Development Manager DACH bei Heliox, gesprochen. Auch Heliox ist Konsortialpartner im Hola-Projekt. Lesen Sie hier das Interview.
Insgesamt umfasst das Hola-Projekt übrigens 13 Konsortialpartner und acht assoziierte Partner: Das Fraunhofer ISI hat die Konsortialführung inne. Weitere Konsortialpartner sind EnBW mobility+ als Betreiber der Ladestandorte sowie neben den bereits erwähnten Unternehmen Heliox und Siemens der Ladeinfrastrukturanbieter ABB, die an den Standorten die Ladeinfrastruktur bereitstellen werden. Die Fahrzeuge werden von Daimler Truck, TRATON, MAN, Scania und Volvo bereitgestellt und betrieben. Die Demonstration wird neben dem Fraunhofer ISI und Fraunhofer IAO von der Universität Stuttgart, der Bauhaus-Universität Weimar und den Technischen Universitäten Berlin und Dortmund begleitet. Die assoziierten Partner sind e.Dis Netz, Ionity, Meyer & Meyer, Tank & Rast, Netze-BW und der Verband der Automobilindustrie VDA als Schirmherr.
Die dritte Phase des Hola-Projekts umfasst die Begleitung und Umfeldanalyse. Dabei wird unter anderem die Resilienz sowie die energiewirtschaftliche Integration an den Standorten untersucht. Die Vernetzung und der Wissenstransfer gehört ebenfalls dazu. „Wenn der Betrieb läuft“, so Mauch, „schauen wir uns alles noch mal an“.
Interviews (P3, Frauhofer), Info per E-Mail (Siemens), hochleistungsladen-lkw.de, now-gmbh.de, isi.fraunhofer.de
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